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Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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schweren Vorhänge zu. Niemand sollte sich ins Haus stehlen und sein Kunstwerk zerstören können.
     
    Am darauffolgenden Morgen versammelte sich erneut eine Gruppe Schaulustiger vor dem Fenster von Albert dem Tischler und bewunderte sein Kunstwerk. Zufrieden beobachtete Albert sie durch sein Küchenfenster. Diese Sache mit Olafs Boot . . . das konnte nur ein unglücklicher Zufall gewesen sein. Eine Laune des Schicksals. Vielleicht war ein Windzug durch das Fenster gekommen und hatte das Modell umgestoßen.
    Aber da veränderten sich plötzlich die Mienen der Zuschauer. Ein kleines Mädchen hatte etwas entdeckt und nun zeigte sie mit dem Finger darauf. Jemand schrie. Andere schnappten nach Luft und fassten sich ans Herz. Einige eilten davon.
    Albert der Tischler konnte sich nicht vorstellen, was sie so aufregte. Er zog seinen Mantel über und ging hinaus, um sich das Fenster von außen anzusehen.
    Zunächst fiel ihm nichts Besonderes daran auf. Alles sah genauso aus wie gestern. Aber dann entdeckte er den Pferdewagen. Ganz am Rand der Szene war er vom Weg gekippt und einen Abhang hinuntergestürzt. Seine Last hatte sich über den ganzen Hang verteilt und das Pferd schien verletzt zu sein. Der Kutscher war vom Kutschbock geschleudert worden und einer der beiden Passagiere lag unter dem Wagen eingeklemmt.
    Die ganze Szene war detailgetreu dargestellt, aber Albert der Tischler hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er hatte diese Figuren nicht geschnitzt. Ein Schauer überlief seinen ganzen Körper. Er wusste ja, dass er sein Haus gründlich abgeschlossen hatte.
    Unruhig tastete er wieder nach seinem Amulett. Konnte es . . . Nein, das war unmöglich. Nur dieses eine Mal hatte er seinen Bruder übertrumpft, diesen Triumph würde er sich nicht von einem alten Aberglauben zerstören lassen!
    Schon bald erreichte ihn die Nachricht, dass man die Verletzten, das Pferd und den Wagen gefunden hatte. Sie waren zum Weihnachtsbesuch auf dem Weg in die Stadt gewesen. Alle waren ein wenig mitgenommen und unterkühlt, aber am Leben.
    Da wurde Albert der Tischler gefeiert wie ein Held. Ohne sein Weihnachtsfenster hätte man die Kutsche und ihre Passagiere niemals retten können. Nur sein Bruder war nicht so beeindruckt. Wenn Albert der Tischler von dem Unglück gewusst hatte – warum hatte er dann nicht selbst um Hilfe gerufen? Und woher konnte Albert der Tischler wissen, wie ein Wagen, den er doch nie zuvor gesehen hatte, bis ins kleinste Detail aussah?
    ›Es ist Alberts Schuld, dass das Unglück passiert ist‹, versuchte der Arzt die Bewohner der Stadt zu überzeugen. ›Ich sage das mit Trauer im Herzen, denn er ist mein Bruder, aber hätte er den Wagen nicht im Fenster gehabt, wäre das Unglück nie passiert.‹
    Albert der Tischler schwor auf Ehre und Gewissen, dass er nichts mit dem Unfall zu tun habe, aber er wagte es nicht, den Leuten in der Stadt zu erzählen, dass er seit der Nacht vor Weihnachten nichts in dem Fenster angerührt oder verändert hatte. Doch da der Zweifel weiter an ihm nagte, nahm er das Amulett in die Hand. Die Wärme, die es ausstrahlte, beruhigte ihn sofort. Es war alles nur ein Zufall. Natürlich gab es keine Verbindung zwischen dem Fenster und der Wirklichkeit.
    In der folgenden Nacht beschloss Albert der Tischler, am Weihnachtsfenster Wache zu halten. Er zog die Vorhänge zu und setzte sich direkt neben die Tür.
    In der Stube war es warm und gemütlich. Menschen, die ihn für sein Fenster bewunderten, hatten ihm Holz geschenkt und in seinem Kamin prasselte ein herrliches Feuer. Im Haus war alles still. Er merkte, wie ihm die Augen schwer wurden. Angestrengt versuchte er, sich wach zu halten, aber als die graue Wolfsstunde vorüber war, schlief er tief und fest.
     
    Albert der Tischler wachte mit einem Ruck auf. Es war noch immer früh am Morgen und die Sonne war noch nicht aufgegangen. Ein Klopfen am Weihnachtsfenster hatte ihn geweckt. Er spähte durch einen kleinen Spalt im Vorhang und schnappte nach Luft. Eine richtige Menschenmenge hatte sich auf der Straße versammelt, mit Fackeln und Laternen – und alle wollten sehen, was über Nacht im Weihnachtsfenster passiert war. Sie riefen nach Albert dem Tischler, damit er die Vorhänge zurückzog.
    Verschlafen und überrumpelt zündete er ein Streichholz an, erleuchtete die kleinen Straßenlaternen und tat dann, was sie von ihm verlangten.
    Erst wurde es mucksmäuschenstill. Dann schrie jemand auf. Im Licht der kleinen Modelllaternen offenbarte

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