Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
heraus und dann Sara. Sie hatte sich ihr Textbuch unter den Arm geklemmt und machte sich mit schnellen Schritten auf den Heimweg.
    »Sara!«, rief Karl. »Sara, warte!«
    Sie drehte sich um und blieb stehen, aber sie sah ungeduldig aus.
    »Hallo, Karl! Was machst du denn hier?«
    »Oh, heute erkennst du mich wieder?«, sagte Karl lachend. »Du hast mich gestern ganz schön erschreckt.«
    Misstrauisch blinzelte Sara ihn an.
    »Was meinst du damit?«, fragte sie, während sie einen Blick auf die Uhr warf. »Du, Karl, ich muss wirklich nach Hause. Ich habe im Augenblick unheimlich viel zu tun mit dem Theater.«
    Karl nickte.
    »Verstehe. Darüber wollte ich gerade mit dir reden. Ich habe gestern etwas Seltsames über dieses Theaterstück gehört. Fast unheimlich, irgendwie mysteriös. Ich habe mitbekommen, wie Sonja Svärd mit Doktor Ekwall geredet . . .«
    »Karl«, unterbrach Sara ihn seufzend. »Es tut mir leid, dass ich im Moment keine Zeit für Detektivspiele habe, aber das Theater ist wichtig für mich. Das musst du verstehen.«
    Karl blieb die Spucke weg. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Was war bloß los mit ihr? Was meinte sie nur?
    »A-aber ich glaube, dass du in Gefahr bist . . .«
    Sara verzog das Gesicht und Karl merkte selbst, wie albern das klang.
    »Ich habe eine Verpflichtung übernommen«, sagte Sara langsam, wie eine Erwachsene, die zu einem kleinen Kind spricht, »und ich habe jetzt wirklich keine Zeit für deine Spukgeschichten. Verzeih mir.«
    Ehe Karl noch etwas erwidern konnte, drehte sie sich um und ging. Er starrte ihr hinterher. ›Verzeih mir.‹ Schon wieder diese seltsame Ausdrucksweise.
    Erst Mama und jetzt Sara. Ausgerechnet die Menschen, die ihm am wichtigsten waren, hatten keine Zeit für ihn und das tat weh. Zugleich hatte er das ungute Gefühl, dass irgendetwas absolut nicht mit rechten Dingen zuging.
    Er fasste einen schnellen Entschluss und folgte seiner Freundin.
    Ganz offensichtlich war sie nicht auf dem Heimweg. Sie schien vielmehr in den Hafen zu wollen. Karl versteckte sich hinter einer Hausecke. Was hatte sie vor?
    Er spähte hinter der Mauer hervor. Sie wollte wohl dreimal gegen die alte Eiche klopfen, genau wie alle, die ein bisschen Glück gebrauchen konnten. Zielstrebig ging sie auf den Baum zu und legte eine Hand auf den Stamm. Aber sie klopfte nicht, sie stand nur da und spähte in die Baumkrone, als würde sie dort etwas suchen. Jetzt verstand Karl wirklich überhaupt nichts mehr.
    Noch ein paarmal lief Sara um den Baum herum, dann machte sie kehrt und kam die Straße zurück. Karl stand noch immer hinter der Hausecke, als sie an ihm vorbeiging.
    Ein Stück weiter überquerte sie die Straße, jetzt war sie wirklich auf dem Weg nach Hause. Karls Blick wanderte zurück zu der alten Eiche. Wonach hatte Sara gesucht? Da bemerkte er plötzlich, dass sich auf der Rückseite des Baumes jemand bewegte – nicht weit entfernt von der Stelle, an der Sara gerade eben noch gestanden hatte.
    Und obwohl es mittlerweile dunkel war, erkannte Karl, wer es war.
    Doktor Ekwall.

Kapitel 10

    Die Stimme drang die schmale Treppe hoch und kroch durch den Türspalt bis ans Bett, in dem Karl schlief. Oder genauer gesagt, versuchte zu schlafen. Es war einer diese Abende, an denen das Kopfkissen unbequem, das Bettlaken sandig und das ganze Zimmer viel zu warm und stickig war.
    Die Worte waren so leise, dass Karl kaum sicher sagen konnte, ob es wirklich eine Stimme war oder doch nur das Rascheln des Luftzuges in den Vorhängen. Zwischendurch ein wenig lauter, dann wieder leiser. Unterhielt sich Großvater? Aber mit wem sollte er wohl mitten in der Nacht sprechen?
    Karl schwang die Beine aus dem Bett und schlich zur Tür.
    »Es ist unsere einzige Chance. Wir müssen uns auf sie verlassen.«
    Die Stimme klang eindringlich. Und sehr vertraut. Karl wusste plötzlich ganz sicher, dass er sie kannte, dass er sie schon gehört hatte, vor langer Zeit.
    Es war eine tiefe Frauenstimme. Warum nur kam er nicht darauf, wem sie gehörte?
    »Wir haben keine Zeit, hier herumzustehen und uns zu streiten«, fuhr die Frau fort. »Wer weiß, wie lange es noch dauert, bis . . .
sie
kommen.«
    Karl schlich die Treppe hinunter, ganz vorne auf den Stufen, damit sie nicht knarrten. Im Treppenhaus war es stockfinster, aber ein Stück weiter unten fiel ein Lichtstreifen durch das Fenster. Als Karl nach draußen sah, bemerkte er, dass es schon wieder schneite. Dicke Schneeflocken glitzerten kalt und blau

Weitere Kostenlose Bücher