Das Grab - Roman
fühlte, wie ein Grinsen ihr Gesicht in die Breite zog. »Gute Beziehungen zahlen sich aus.«
»So ist es. Wie auch immer, ich bin sicher, dass wir es arrangieren können, Dobbs den morgigen Tag mit einem Polizeibesuch zu versüßen.«
»Und was dann?«
»Dann hoffen wir, dass sie was Handfestes finden.«
Sie nickte. »Wie zum Beispiel Patricia.«
»Oder ihre Leiche. Pollocks Dienstwaffe. Seine Polizeimarke. Vielleicht sind sogar Spuren seines Bluts in das Haus gelangt. Falls Dobbs was damit zu tun hat, stehen die Chancen sehr gut, dass die Cops was finden, womit sie ihn festnageln können.«
»Und wenn sie nichts finden?«
»Dann steckst du in Schwierigkeiten. Dobbs weiß dann, dass du diejenige warst, die ihn verpfiffen hat, und möglicherweise liebt er dich dann nicht mehr.«
»Man kann nicht alles haben.«
»Wir werden dafür sorgen, dass er keine Gelegenheit bekommt, seinen … Unmut an dir auszulassen.«
»Danke.«
Jack warf einen Blick über die Schulter. »Kaffee ist fertig. Nimmst du Milch oder Zucker?«
Melvin wünschte, er könnte dem Scheißer von den Lippen lesen.
Er hatte einen sehr guten Blick auf Vickis Rücken. Sie saß bereits auf dem Hocker, als er endlich das Küchenfenster entdeckte.
Eine Weile hatte er niemand anderen gesehen. Dann war der Mann auf der anderen Seite der Theke aufgetaucht und hatte angefangen, mit ihr zu reden. Der Blickwinkel war gut, und Melvin konnte ihn über Vickis Schulter hinweg sehen.
Es war ein großer Kerl. Er sah wie ein verdammter Football-Spieler aus. Er trug ein weißes Baumwollhemd, das seine Muskeln zur Geltung brachte.
Melvin hatte keine Ahnung, wer er war. Aber er war ganz sicher keine schwangere Frau.
Melvin war Vicki in sicherer Entfernung vom Parkplatz des Restaurants aus gefolgt und hatte sich gewünscht, dass sie schneller fahren würde. Er konnte es kaum erwarten, dass sie endlich zu Hause ankam. Wenn er schon nicht mit ihr zusammen sein konnte, wollte er sie wenigstens sehen, durchs Fenster beobachten. Das wäre klasse. Er war sich sicher, dass sie sich umziehen würde, sobald sie zu Hause war. Er würde vielleicht mitbekommen, wie sie diese glänzende Bluse auszog und den langen weißen Rock fallen ließ, und sogar …
Selbst wenn sie sich nicht auszog, wäre es trotzdem wundervoll, sie zu beobachten. Er wusste, dass er sie stundenlang ansehen konnte, und jeder Augenblick wäre aufregend.
Doch Vicki fuhr nicht zu Aces Haus.
Sie hat mich angelogen, dachte Melvin.
War alles gelogen, was sie gesagt hatte?
In seinem Kopf drehte sich alles, und ihm wurde übel vor Enttäuschung und dem überwältigenden Gefühl des Verlusts.
Dann fuhr sie an den Bordstein und hielt an. Melvin nahm den Fuß vom Gas. Er fuhr an ihr vorbei, als sie gerade die Haustür eines großen einstöckigen Hauses erreichte.
Ich hab’s gewusst! , dachte er erleichtert.
Er fühlte sich wie ein Idiot, weil er an ihr gezweifelt hatte.
Es war nichts. Statt direkt zu Aces Haus zu fahren, hatte sich Vicki entschieden, bei der Schwangeren vorbeizuschauen. Um zu sehen, wie weit sie war.
Sie wird ein paar Minuten bleiben und dann nach Hause fahren.
Es ist alles in Ordnung.
Melvin parkte kurz vor der nächsten Querstraße. Er wollte im Wagen warten, wurde jedoch bald unruhig.
Was, wenn ich irre? Was, wenn sie dort drin mit einem Typen zusammen ist?
Nein, nicht Vicki. Das würde sie nicht tun. Niemals.
Doch Melvin konnte den Gedanken nicht aus seinem Kopf verscheuchen. Er wollte ihr glauben, ihr vertrauen. Doch er musste es wissen.
Er ging zu dem Haus zurück.
Hinter den meisten Fenstern waren die Vorhänge zugezogen, aber nicht in der Küche. Da standen sie weit offen.
Zuerst sah er nur Vicki. Dann tauchte der Typ an der Küchentheke auf.
Melvin versuchte, sich davon zu überzeugen, dass er der Ehemann von Vickis Patientin war. Vielleicht fragte sie ihn, wie es seiner Frau ging. Ob sie schon Wehen hatte und so weiter.
Blödsinn.
Wer war der Typ? Worüber redeten sie?
Es war wie ein Stummfilm im Autokino. Er konnte Vicki und den Kerl sehr gut sehen. Aber das Fenster war geschlossen, und die Klimaanlage summte so laut, dass er nichts verstehen konnte.
Wenn er diesem Scheißer nur von den Lippen lesen könnte.
Vicki drehte sich zur Seite und rutschte vom Hocker. Sie ging um die Theke herum. Der Typ sagte etwas. Und sah sie an.
Melvin brauchte nichts von seinen Lippen lesen.
Er konnte alles deutlich in seinen Augen sehen.
»Wie lange wohnst du schon
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