Das Grab - Roman
hier?«, fragte Vicki.
»Was?«, rief Jack. »Du musst lauter reden. Ich kann dich von hier aus nicht verstehen.«
»Spaßvogel.«
Jack lächelte sie von der Couch aus an. Sie sah weich und bequem aus, doch Vicki hatte sich in einen Sessel sinken lassen, ein oder zwei Schritte von der Ecke der Couch entfernt. »Was hab ich nun schon wieder falsch gemacht?«, fragte er.
»Du hast dir eine weiße Couch gekauft und mir schwarzen Kaffee gegeben. Ich glaube nicht, dass das so gut zusammenpasst. « Sie hob die Tasse an ihre Lippen, nahm einen Schluck und seufzte.
»Lass es drauf ankommen«, sagte Jack.
»Ich sitze gut.«
»Leider außer Reichweite.«
»Wir können uns aus der Ferne bewundern.«
»Soll ich dir was gestehen?«, fragte er. »Würdest du dann rüberkommen?«
Bei seinen Worten krampfte sich ihr Magen zusammen. »Reit nicht darauf rum, okay? Ich hasse das, was ich getan habe. Es war ein mieser Trick.«
»Nicht halb so mies wie ein Mord. Wenn deine Aktion dazu führt, dass Dobbs eingesperrt wird, hast du der Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen. Ein Mörder weniger, der die Straßen unsicher macht. Das rechtfertigt vieles.«
»Mag sein.«
»Das mag nicht nur so sein, das ist auch so. Möglich, dass Pollock nicht sein erstes Opfer war. Und auch nicht sein letztes, wenn ihm nicht das Handwerk gelegt wird.«
»Stimmt schon …«
»Diese Krankenschwester zum Beispiel. Er hat dir erzählt, dass er sie hypnotisiert hat?«
Vicki nickte und nahm noch einen Schluck Kaffee.
»Ziemlich abgefahren. Aber nehmen wir mal an, dass er die Wahrheit gesagt hat. Wenn er sie also in eine Art Trance versetzt hat, statt sie höflich zu bitten, den Typen kaltzumachen, bedeutet das, dass sie nicht aus eigenem Willen gehandelt hat. Sie wurde gezwungen, Pollock umzubringen. Was passiert danach mit ihr? Lässt Dobbs sie einfach so davonspazieren?«
»Er könnte sie dazu gebracht haben, alles zu vergessen, was sie unter Hypnose getan hat«, sagte Vicki. Sie starrte mit gerunzelter Stirn in ihren Kaffee. Ein Gedanke, eine gänzlich neue Idee, eine unheilvolle Ahnung regte sich irgendwo in den Tiefen ihres Gehirns. Sie konzentrierte sich und versuchte, ihn an die Oberfläche zu befördern. Doch Jack sprach erneut, was sie ablenkte.
»Die Krankenschwester vergisst es vielleicht, aber die Cops wissen, dass sie etwas damit zu tun hatte. Falls sie sie finden, können sie sie vielleicht dazu bringen, sich zu erinnern.«
»Wenn sie sie wieder hypnotisieren«, sagte Vicki, »können sie möglicherweise die Wahrheit ans Licht bringen. « Was war ihr nur gerade so plötzlich eingefallen? Und wohin war es wieder verschwunden?
»Wenn Dobbs Hypnose so gut beherrscht, dass er jemanden dazu bringen kann, einen Mord zu begehen – ich schätze, dazu bräuchte es einiges an Erfahrung –, dann muss ihm auch klar sein, dass sie eine Bedrohung für ihn darstellt. Solange sie lebt.«
»Ja.« Vicki zermarterte sich das Hirn. Es war, als würde sie in trübem Wasser tauchen und etwas suchen, das tief unten zwischen den Gräsern auf dem Grund versteckt war.
Und zum Luftholen auftauchen müssen, wenn Jack etwas sagte.
»Ich nehme an«, sagte er, »dass Dobbs die Krankenschwester längst umgebracht hat. Dass er den einzigen Menschen – außer dir – beseitigt hat, der ihm gefährlich werden kann.«
Vicki hielt eine Hand in die Höhe.
»Was ist?«
Sie schüttelte den Kopf und starrte angestrengt in den Kaffee. Sie konzentrierte sich wieder auf ihre Gedanken und fühlte sich, als würde sie tief Luft holen und in die dunklen Tiefen hinabtauchen. Immer tiefer. Ihr Gehirn war ein Fluss, und der verlorene Gedanke irgendwo dort unten. Komm schon. Wo bist du ?
Plötzlich hockte Charlie Gaines auf ihrem Rücken, umklammerte sie und zog sie hinab. Die Schrecken der vergangenen Nacht stürmten wieder auf sie ein. Sie konnte ihn auf ihrem Rücken fühlen, konnte den Schmerz in ihren leeren Lungen spüren …
»Was ist los?«, fragte Jack.
Seine Worte holten sie an die Oberfläche zurück. Der Kaffee in ihrer Hand zitterte, und die Tasse klirrte auf dem Unterteller. Sie erhob sich vorsichtig vom Stuhl, stellte die Tasse mitsamt Unterteller auf den Tisch, ging um den Tisch herum und setzte sich neben Jack auf die Couch.
Er legte einen Arm um sie. Sie lehnte sich an ihn.
»Ich wollte dir keine Angst einjagen, Vicki. Aber es ist und bleibt eine Tatsache, dass du ein ziemliches Risiko eingegangen bist, weil du …«
»Das ist es nicht«,
Weitere Kostenlose Bücher