Das Grab - Roman
Tischkante polterte auf den Boden. Vicki ließ sich vor Ace auf die Knie sinken. Als sie sich über sie beugte, sah sie, dass aus zwei Stichwunden in ihrem Rücken Blut quoll. Es rann in trägen, kleinen Rinnsalen über ihre Haut.
Messerstiche? Wie tief waren sie? Welche inneren Verletzungen hatten die Stiche angerichtet?
Unmöglich, das einzuschätzen.
Doch wenn all das Blut auf dem Küchenboden von Ace stammte, hatte sie sehr viel davon verloren. Und sie hatte zweifellos auch innere Blutungen.
Sie könnte sterben.
Vicki wälzte sie herum.
Ace starrte blinzelnd zu ihr empor.
»Es wird alles gut«, flüsterte Vicki.
Obwohl ihr Bauch und ihre Brust mit Blut verschmiert waren, konnte Vicki keine anderen Verletzungen erkennen.
Ace hob einen Arm. In der Hand hielt sie ein Haarbüschel. Sie hob es höher, als wollte sie es Vicki geben.
»Halt durch, Ace. Ich bring dich ins Krankenhaus.«
Sie griff nach Aces anderer Hand. Ihr Puls war schwach.
Sie blickte zum Wandtelefon hinüber.
Was, wenn Melvin noch im Haus ist?
Ist er nicht. Er wäre längst über mich hergefallen. Aber den Krankenwagen rufen? Die Sirene würde durch die Stadt jaulen, wie gestern Nacht. Die Sanitäter und der Fahrer der Ambulanz würden aus den Betten springen, zur Feuerwache fahren … Es würde zehn Minuten dauern, bis sie hier wären. Oder länger.
Bis dahin könnten sie schon beinahe im Blayton Memorial sein.
»Komm«, sagte Vicki.
Sie stellte sich breitbeinig über Ace, ergriff ihre glitschigen Arme und zog sie hoch, bis sie aufrecht saß. »Du musst mir helfen«, murmelte Vicki. »Kannst du helfen? «
Mit einem Schritt trat sie hinter Ace, kauerte sich nieder, schlang ihre Arme unterhalb der Brüste um sie und zog sie hoch. Ace stemmte ihre Füße gegen den Boden. Vicki stolperte einen Schritt rückwärts, als Aces Gewicht gegen sie drückte. Dann stand Ace auf ihren eigenen Beinen – aufrecht, im Augenblick wenigstens. Vicki lief um sie herum und blieb vor ihr stehen. »Halt dich fest.«
Ace fiel ihr entgegen. Doch sie war darauf vorbereitet. Als Ace die Arme um ihre Schultern schlang, bückte sich Vicki ein wenig nach vorn, drehte sich um und griff mit beiden Händen nach hinten. Sie umfasste Aces Hintern und schob sie mit einem Ruck hoch.
Als sie Ace auf ihrem Rücken hatte, hakte sie die Hände unter ihre kräftigen Schenkel und schleppte sich zur Fliegengittertür. Sie benutzte Aces Knie, um die Türklinke herunterzudrücken. Sie stieß die Tür auf und taumelte nach draußen.
Und rannte.
Sie hätte nicht gedacht, dass sie rennen könnte, doch sie tat es, Ace wie ein Riesenkind im Huckepack auf ihrem Rücken. Bei jedem Schritt, den Vicki machte, fürchtete sie, unter dem Gewicht zusammenzusacken.
Doch Vicki hielt sich tapfer. Sie rannte weiter. An der Hauswand entlang, durch den Vorgarten. Ihre Lungen brannten, ihre Beine waren schwer wie Blei.
Wenn es nur ihr Wagen gewesen wäre, der da in der Einfahrt stand.
Wessen Wagen war das überhaupt?
Wen interessiert das jetzt?
Jetzt ging es nur darum, den Mustang auf der anderen Straßenseite zu erreichen.
Sie blinzelte sich den Schweiß aus den Augen und rang keuchend nach Luft. Ace rutschte immer weiter nach unten. Sie zog ihre Schenkel hoch, wuchtete sie ein Stück höher und rannte weiter. Über den Gehsteig und quer über die Straße.
Als sie beim Mustang angelangt war, drehte sie sich um. Ace stieß mit dem Rücken gegen die Seite des Wagens. Vicki ließ ihre Beine los. Aces Arme um Vickis Hals erschlafften. Vicki drehte sich um und drückte ihre Freundin, einen Unterarm gegen ihre Brust stützend, gegen den Wagen. Mit der anderen Hand riss sie die Tür auf. Sie klappte die Lehne des Fahrersitzes nach vorn. Ace sackte gegen sie. Vicki fing sie auf und ließ sie durch die Türöffnung in den Wagen gleiten.
Ace fiel quer über die Rückbank. Mit dem Gesicht nach unten krümmte sie sich auf den Polstern zusammen.
Vicki rannte zum hinteren Teil des Wagens. Sie zog die Riemen ihrer Handtasche über den Kopf, kramte die Schlüssel hervor und öffnete den Kofferraum. Im trüben Schein der Straßenlaterne sah sie Aces Decke.
Ace hatte immer eine Decke im Kofferraum. Man weiß nie, wann man sich es im Wald mal kurz gemütlich machen will.
Vicki holte die Decke heraus, warf den Kofferraumdeckel zu, lief zur Tür und riss sie auf. Ace lag zusammengekrümmt auf der Seite. Vicki beugte sich in den Wagen und breitete die Decke über sie.
»Wir wollen ja nicht, dass die
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