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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ruhig.
    Erleichtert darüber, dass Vicki noch nicht nach Hause gekommen war, ging er zum Waschbecken und trocknete sich ab. Er presste das Handtuch fest gegen seinen Bauch, um die Blutung zu stoppen, während er mit der anderen Hand Klebeband und eine Mullbinde aus dem Medizinschränkchen kramte.
    Er verwendete die komplette Rolle und führte den Gazestreifen mehrere Male über die ganze Länge der Wunde. Schließlich schien der Verband einigermaßen zu halten.
    Er nahm den Revolver und ging in den Korridor hinaus.
    Obwohl ihm die Vorstellung gefiel, nackt zu sein, wenn Vicki auftauchte, war ihm klar, dass er nach draußen gehen und sie zu seinem Wagen bringen musste, wenn er sie zu sich nach Hause schaffen wollte. Wenn er nackt war und ihn jemand sah …
    Er ging zu seinem Overall.
    Vielleicht sollte ich damit warten, bis sie kommt, dachte er.
    Es konnte allerdings ziemlich umständlich werden, sie mit dem Revolver in Schach zu halten und sich dabei anzuziehen.
    Er legte den Revolver auf den Boden und stieg in seinen Overall. Der Stoff klebte an seiner feuchten Haut. Er ließ den Reißverschluss offen, hob den Revolver auf und wanderte den Flur hinab zu Vickis Zimmer.
    Er trat über die Schwelle.
    Sein Herz machte einen Satz.
    Er starrte auf das blutbefleckte Bett.
    Ace war verschwunden.
     
    Vicki lag zusammengerollt auf der Seite, ihr Kopf auf Jacks ausgestrecktem Arm, und sah ihn an. Vor ein paar Augenblicken erst hatte sie seine Brust gekrault, und er hatte ein paar Worte gemurmelt, zu leise und undeutlich, um sie zu verstehen.
    Seine Augen waren geschlossen. Sein Mund stand leicht offen. Er atmete langsam. Sie fragte sich, ob er schlief.
    Sie hoffte es.
    Wenn er schlief, würde er nicht versuchen, sie zum Bleiben zu überreden – und sie würde kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ging.
    Sie wollte nicht gehen. Sie fühlte sich träge und behaglich und sicher. Sie fühlte sich, als wäre sie zu Hause. Sie gehörte hierher, und Aces Haus schien ihr weit, ungeheuer weit weg.
    Sie würde es bereuen, nicht zu gehen, das wusste sie. Sie wollte sich etwas für später aufsparen, auf einen anderen Zeitpunkt ihrer Beziehung hinausschieben. Für sie beide. Wie ein besonderes Geschenk, das man vorfreudig versteckt, bis die Gelegenheit kommt.
    Langsam löste sie ihre Hand von Jacks Brust und drehte sich von ihm weg. Das Bett machte kaum ein Geräusch, als sie aufstand. Sie drehte sich um und sah auf Jack hinab. Abgesehen vom langsamen Heben und Senken seiner Brust bewegte er sich nicht.
    Vicki spürte den sanften Hauch der Nachtluft auf ihrer Haut. Das war angenehm, würde jedoch im Verlauf der Nacht nicht so warm bleiben. Die Bettdecke war herabgerutscht und lag auf dem Boden. Sie bückte sich, hob sie auf und deckte Jack damit zu.
    Er wachte nicht auf.
    Vicki schüttelte den Kopf. Sie war von sich enttäuscht. Weil sie wusste, dass es ihr nicht nur um Jacks Wohlbefinden gegangen war. In einem entfernten Winkel ihres Gehirns hatte sie gehofft, dass die Berührung der Decke ihn wecken würde.
    Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, ihn zum Abschied zu küssen.
    Genau. Warum rüttelst du ihn nicht einfach wach und bringst es hinter dich? Oder kriechst wieder zurück ins Bett und schläfst einfach hier?
    Geh oder bleib. Keine Spielchen.
    Entschlossen, fast schicksalsergeben raffte Vicki ihre Klamotten zusammen. Sie trug sie in den Korridor hinaus.
    Sie überlegte, ob sie das Schlafzimmerlicht löschen und die Tür schließen sollte. Aber wenn plötzlich das Licht ausging, würde er vielleicht aufwachen. Deshalb ließ sie alles, wie es war, schlich leise durch den Flur und die Treppe hinab. Am Fuß der Treppe zog sie sich an. Mit den Schuhen in der Hand ging sie ins Wohnzimmer. Dort entdeckte sie auf dem Sessel ihre Handtasche.
    Ich sollte ihm eine Nachricht hinterlassen, dachte sie.
    Genau, und er wacht vielleicht auf, während du sie schreibst …
    Das ist keine neuerliche Ausrede, um das Gehen hinauszuzögern, ermahnte sie sich. Er wird aufwachen und einsam sein. Er wird mich vermissen und enttäuscht darüber sein, dass ich mich heimlich, still und leise davongeschlichen habe. Ich muss ihm ein paar Worte schreiben.
    Vicki ließ sich auf den Sessel sinken, klappte ihre Handtasche auf und kramte Notizblock und Stift hervor. Melvins Gedanken wirbelten hektisch durcheinander, während er suchte.
    Ace war tot, verdammt nochmal! Tote stehen nicht auf und laufen davon!
    Nein?
    Wo war sie?
    Das Fenster in Vickis Zimmer stand

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