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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Zauns ausmachen, der bis ans Ufer reichte.
    Ich könnte darum herum waten, dachte sie. Ich könnte bis zur Mündung schwimmen, wenn es sein muss. Ist wahrscheinlich nicht mehr als eine halbe Meile.
    Am Fuß des Hangs steigerte sie ihr Tempo wieder. Sie rannte über den im Mondlicht bleichen Sand.
    »Vicki?«
    Sie erkannte die Stimme.
    Ihr Kopf schnellte nach links.
    Jack rutschte die schimmernde Rampe der Rutsche herab. Er landete im Sand und rannte auf sie zu.
    Vicki blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
    Er war barfuß und trug nur Shorts. Ein paar Schritte vor ihr blieb er stehen. »Ziemlich früh für deinen morgendlichen Strandlauf«, sagte er.
    »Was machst du hier?«
    Er zuckte mit seinen breiten Schultern. »Ich weiß nicht. Ich konnte nicht schlafen. Ich lag im Bett und dachte an dich. Als ich den Feueralarm hörte, stand ich auf. Ich bin eine Weile durch die Gegend gelaufen und schließlich hier gelandet. Ich hab wohl insgeheim gehofft, du würdest früher oder später auftauchen.«
    »Wozu?«, fragte sie. Ihr Herz hämmerte. Sie hatte das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen.
    »Oh, Vicki.« Er machte Anstalten, die Arme nach ihr auszustrecken, ließ sie dann jedoch an seinen Seiten herabfallen. Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Es war falsch, dir solche Dinge an den Kopf zu werfen. Du bist nicht Gloria. Du bist so anders als sie, dass … Ich schätze, ich bin immer noch wütend auf sie und hab das an dir ausgelassen. Das hätte ich nicht tun sollen.«
    »Ich bin nicht Gloria.«
    »Ich weiß.«
    »Ich bin keine karrieregeile Amazone.«
    »Ein bisschen Amazone schon, würde ich sagen.« Sein Mund verzog sich zu einem leichten Grinsen, und er rieb seinen rechten Oberarm. »Du schlägst zu wie ein Preisboxer. «
    Er drehte ihr die Schulter zu und deutete darauf. Wo sie ihm den Schlag verpasst hatte, zierte ein dunkler Fleck wie ein Schatten seine im Mondlicht milchig blasse Haut.
    »Das war ich?«, fragte Vicki.
    Sie hob die Hand und ließ die Fingerspitzen über den blauen Fleck gleiten. Er fühlte sich ein bisschen wärmer an als die Haut darum herum.
    »Es tut mir leid«, murmelte sie.
    »Ist schon okay.«
    »Ich hätte dich nicht schlagen dürfen.«
    »Juristisch gesehen war es ein tätlicher Angriff. Aber keine Sorge, ich werde dich nicht vor den Kadi schleppen. «
    »Den Bullen würde das gefallen.« Sie ließ ihre Hand seinen Arm hinabgleiten und ergriff seine Hand. »Der Chief scheint mich nicht leiden zu können. Er hat mich davongejagt wie einen Landstreicher. Dabei wollte ich nur bei der Suche nach Charlie helfen.«
    »Charlie Gaines?«
    »Er wird vermisst. Deshalb der Feueralarm. Er hatte einen Unfall auf der River Road. Sie nehmen an, dass er von der Brücke in den Fluss gesprungen ist, aber sie konnten ihn nicht finden. Ich wollte bei der Suche helfen, und sie haben mich ziemlich rüde davongejagt.«
    Jack drückte ihre Hand. »Warum wollten sie dich nicht helfen lassen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich dachte, ich könnte mich von der anderen Seite nähern und stromaufwärts suchen. Die Mündung ist nicht weit von hier.« Sie nickte in Richtung des Zauns am Ende des öffentlichen Strands.
    »Darf ich dich begleiten?«, fragte Jack.
    »Gern.«
    »Lauf los. Ich werd versuchen, dranzubleiben.«
    Er ließ Vickis Hand los. Sie wirbelte herum und rannte über den Strand. Sie hörte ihn hinter sich. Dann holte er auf und lief neben ihr.
    Sie lief auf das Ende des Zauns zu. Ein Schild am letzten Pfosten verkündete: »Privatbesitz – Zutritt verboten«. Das Wasser spritzte ihre Beine hinauf, als sie den Pfosten umrundete. Auf der anderen Seite des Zauns sprang sie ans Ufer und trabte durch den Hinterhof eines kleinen Holzhauses. Die Fenster im Haus waren dunkel. Vor ihnen ragte ein Holzsteg in den Fluss. Ein Außenborder lag längsseits.
    Jack schob sich neben sie und überholte.
    Sie starrte auf seinen breiten, bleichen Rücken, den dunklen Hosenboden seiner Shorts und seine kräftigen, federnden Beine.
    Seine Gegenwart tat ihr gut.
    Vicki konnte kaum glauben, dass sie plötzlich zusammen waren. Es war so schnell gegangen. Eben war sie noch allein gewesen und Jack nicht mehr als eine bittere Erinnerung, und jetzt war er hier, und sie fühlte sich ihm näher als vor ihrem Streit im Auto.
    Er hat auf mich gewartet, dachte sie. In der Hoffnung, dass ich auftauchen würde.
    Sie lief hinter ihm am Steg und einem kleinen Strandstück vorbei, dann zwängten sie sich auf der anderen Seite des

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