Das Grab - Roman
auf die Seite und blickte zurück.
»Weiter!«, schrie Jack. Er schwamm ihr hinterher.
Sie wollte auf ihn warten, doch dann stellte sie sich vor, wie Charlie aus der Tiefe nach ihren Beinen griff. Mit hektischen Zügen strebte sie auf das Kanu zu. Sie ergriff ein treibendes Paddel, drückte es an sich und schwamm auf der Seite weiter, bis sie das Kanu erreicht hatte. Sie hielt sich am Bug fest und sah zurück.
Jack war schnell.
Sie ließ den Blick über die plätschernde Oberfläche des Flusses schweifen. Keine Spur von Charlie.
Erneut stellte sie sich vor, wie sein schwarzer, verkohlter Körper von unten auf sie zutauchte. Sie kämpfte gegen den Drang an, auf den nach oben gedrehten Rumpf des Kanus zu kriechen.
Jack legte seine Arme um das andere Ende des Kanus. »Wir müssen es … umdrehen«, keuchte er. »Auf drei.«
Vicki ließ das Paddel los und schob ihre Hände unter die Spitze des Bugs.
»Fertig?«
»Ja!«
»Eins, zwei, drei! «
Sie stemmte das Kanu hoch, drehte es herum und tauchte erneut unter. Unter Wasser hörte sie ein metallisches Klatschen. Als sie wieder die Oberfläche erreichte, rammte sie mit der Schulter gegen das Kanu. Sie zuckte zusammen, als rasender Schmerz von der Bisswunde durch ihre Schulter und ihren Arm pulste. Sie stieß sich vom Kanu ab und betrachtete das Resultat ihrer Anstrengungen. Das Kanu lag zwar tief, aber aufrecht im Wasser. Sie schwamm mit ein paar Zügen zum Paddel und warf es über das Dollbord. Es spritzte.
»Steig ein«, sagte Jack. Er hielt die andere Seite fest. Genau wie vorhin.
Vicki spähte über das Dollbord. Der Boden des Kanus war knöcheltief mit Wasser bedeckt, doch Charlie lag nicht drin. Sie wälzte sich über die Seite und landete mit einem Klatschen auf dem Rücken. Als sie sich auf den Knien aufrichtete, war Jack ein ganzes Stück entfernt.
Das zweite Paddel trieb ein paar Meter vor ihm.
»Lass es!«, rief Vicki. »Komm zurück!«
Er schwamm weiter auf das Paddel zu.
Wenigstens schwimmt er in die richtige Richtung, dachte sie. Zur Mitte des Flusses, weg von der Stelle, wo sie Charlie losgeworden waren.
Vicki nahm ihr Paddel. Sie wandte sich um und suchte zuerst die Wasserfläche in der Nähe des Kanus ab, dann den Fluss zwischen ihr und dem Ufer.
Fast wünschte sie sich, sie würde ihn sehen. Nicht zu wissen, wo er war, kam ihr unerträglich vor.
Vicki rutschte auf den Knien zum Heck des Kanus. Sie beugte sich vor, stach das Paddel ins Wasser und zog es nach hinten.
Sie erwartete fast, dass Charlie es packen würde.
Doch nichts passierte.
Das Kanu glitt langsam vorwärts.
Sie sah, dass Jack das andere Paddel erwischt hatte und auf sie zuschwamm. Sie zog ihr Paddel erneut durchs Wasser. Der Bug schwang weiter herum und zeigte jetzt genau auf ihn.
»Beeil dich!«, rief sie.
Die Entfernung schmolz.
Noch immer keine Spur von Charlie.
Jack warf das Paddel ins Kanu, zog sich am Dollbord hoch und wälzte sich darüber. Er warf sich auf die Knie, tauchte das Paddel ins Wasser und zog es nach hinten.
Vicki lenkte das Kanu südwärts.
Bald schien das Kanu über den Fluss zu fliegen. Das Wasser im Boot schwappte vor und zurück, spülte über Vickis Waden und Schenkel, wogte wieder nach vorn zum Bug, um dann wie eine kleine Flutwelle erneut auf sie zuzurollen.
Sie paddelte so schnell sie konnte. Ihr Atem ging keuchend. Jeder Muskel, von ihrem Nacken bis hinab zu ihren Waden, fühlte sich hart und steif an. Die schmalen Holzleisten, auf denen sie kauerte, marterten ihre Knie. Die Bisswunde in ihrer Schulter brannte. Doch sie rammte das Paddel tief ins Wasser, zog es nach hinten, beugte sich vor und tauchte es erneut ein. Wieder und wieder.
Sie sagte nichts. Sie sah sich nicht nach Charlie um. Sie starrte auf Jacks Rücken, blinzelte sich den Schweiß aus den Augen und paddelte weiter.
Endlich bogen sie um das Ende des Anlegestegs. Vicki steuerte auf den Strand zu. Das Kanu glitt entlang des Stegs aufs Ufer zu. Im selben Augenblick, in dem es auf den Strand knirschte, sprang Jack hinaus. Er zog das Kanu ein paar Meter den Sand hinauf. Vicki sprang über das Dollbord und hob das Heck an. Sie schleppten das Kanu zu der Stelle, an der sie es gefunden hatten. Als sie es umdrehten, schwappte das Wasser heraus. Sie schoben die Paddel unter das Kanu.
Sie rannten, Vicki voran, durch Gärten und Hinterhöfe. Das Wasser in ihren Schuhen schmatzte, und sie bemerkte überrascht, dass sie sie noch anhatte. Sie war mit Joggingschuhen an den Füßen
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