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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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waren.
    Jack wird ziemlich lange warten müssen, dachte sie.
     
    Als sie sich abgetrocknet hatte, prüfte sie das Handtuch. Es sah sauber aus. Der Spiegel war beschlagen. Mit einer Ecke des Handtuchs wischte sie ein Stück der Scheibe frei. Sie inspizierte ihre Schulter. Charlies Zähne hatten zwei rotunterlaufene Halbmonde hinterlassen. Ziemlich weit auseinander. Er muss den Mund weit aufgerissen haben, dachte sie. Die Schneidezähne hatten ihre Haut durchbohrt. Vier oben, vier unten. Die Ränder der Wunden sahen schartig aus und waren angeschwollen.
    Das ist ein ziemlich übler Biss, den du da abgekriegt hast .
    Seltsam, dachte sie. Ich habe Melvin erst neulich wegen eines Bisses behandelt, und jetzt habe ich selbst einen.
    Muss ansteckend sein.
    Sie warf sich im Spiegel ein grimmiges Grinsen zu.
    Da haben wir etwas gemeinsam. Irgendwann können wir unsere Narben vergleichen.
    Als sie ihre Wunden mit Wasserstoffperoxyd versorgte und einen Packen sterile Mulltupfer darüberklebte, hatte sie Melvin schon wieder vergessen. Dann wandte sie sich den Kratzern an ihrer Hüfte zu, die kaum der Rede wert waren. Sie betupfte sie mit Desinfektionsmittel, verzichtete jedoch darauf, einen Verband anzulegen.
    Das muss reichen, dachte sie.
    Sie schlüpfte in den Bademantel, nahm ihr Nachthemd und ging in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür und zog den Bademantel aus.
    Sie drehte sich langsam vor dem Spiegel. Ihr nasses Haar hing wirr herab. Doch an ihrem Körper war keine Spur mehr von der schwarzen, fettigen Asche. Die seltsame Blässe ihrer Haut von vorhin war einem rosigen Schimmer gewichen.
    Die heiße Dusche hatte nicht nur Farbe auf ihre Haut gebracht. Sie fühlte sich, als hätte das heiße Wasser sie geweckt, die Benommenheit aus ihrem Gehirn gespült und ihre Erschöpfung in eine angenehme Trägheit verwandelt.
    Sie zog sich das Nachthemd über den Kopf. Es glitt an ihrem Körper herab wie der Hauch einer kühlen Brise. Der blassblaue Stoff schimmerte im Schein der Lampe.
    Rasch bürstete sie ihr Haar. Sie überlegte, es zu föhnen, aber Jack wartete schon viel zu lange. Sie schlüpfte in den Bademantel und eilte aus dem Zimmer.
    Jack saß auf der Couch, als sie ins Wohnzimmer kam. Er lächelte, als er sie sah. »Du siehst großartig aus«, sagte er.
    »Ich fühle mich auch viel besser.« Sie wusste, dass sie rot wurde. Teils wegen des Kompliments, teils weil er das Badetuch um die Hüften geschlungen hatte und sie bezweifelte, dass er darunter irgendetwas anhatte. Meine Idee, erinnerte sie sich.
    Doch ihre Gedanken waren jetzt einigermaßen klar, und sie hatte Bedenken, sich zu ihm auf die Couch zu setzen.
    »Entschuldige, dass ich so lange gebraucht habe«, sagte sie und blieb vor dem Couchtisch stehen.
    »Ich hab die Gelegenheit genutzt und mich am Spülbecken in der Küche so gut es ging gewaschen.«
    Er hatte einen dunklen, rußigen Bluterguss auf der Stirn. Wahrscheinlich hatte er das Zeug auch an den Händen gehabt, weil er Charlie am Grund des Flusses von ihr heruntergezerrt hatte.
    »Wie wär’s jetzt mit dem Drink?«, fragte sie.
    »Was kannst du denn anbieten?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Warum gehen wir nicht in die Küche rüber und sehen nach, was es gibt?«
    Er erhob sich und hielt mit einer Hand das Badetuch fest. Als er stand, zog er das Tuch noch enger um seine Hüften und steckte es fest. »Das ist ein … ziemlich kompromittierendes Outfit«, brummte er und verzog verlegen das Gesicht.
    Vicki grinste und registrierte, dass seine Befangenheit sie irgendwie erleichterte. »Kompromittierend für wen?«
    »Für meine Sittsamkeit?«
    »Ich weiß nicht – es bedeckt mehr als deine Shorts.«
    »Fühlt sich aber nicht so an«, sagte er und folgte ihr in die Küche.
    Seine blauen Shorts lagen ausgebreitet auf der Anrichte neben dem Waschbecken. »Ich werfe sie kurz in den Trockner«, sagte Vicki.
    »Aah, mach dir keine Umstände.«
    »Willst du etwa mit nassen Shorts nach Hause gehen? Das ist doch kein Aufwand.« Sie zog den nassen Ledergürtel aus den Schlaufen und nahm die Shorts von der Anrichte. Etwas klirrte leise. »Leer zuerst die Taschen aus«, sagte sie. Als sie ihm die Shorts reichte, fiel seine Unterhose aus einem Hosenbein. Er bückte sich und griff schnell mit einer Hand danach, während er mit der anderen das Badetuch festhielt. Und griff daneben. Beim zweiten Versuch angelte er sie vom Boden und knüllte sie in einer Hand zusammen. Nicht schnell genug, um zu verhindern, dass Vicki einen

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