Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Situation ist zerfahren.“
„Kein Mörder?“
„Alle sind verdächtig, keiner ist verdächtig. Das ganze Wochenende haben wir jeden Einzelnen der Gang um die beiden Toten vernommen. Du glaubst gar nicht, wie aalglatt die sind. Alles Kinder reicher Eltern. Die haben anscheinend den Snobismus schon mit der Muttermilch eingesogen. Am liebsten würde ich die alle so lange in Einzelzellen stecken, bis einer von denen singt.“
„Dann tu’s doch“, schlug Herr Schweitzer mit vollem Mund vor. Schokoladensauce lief an seinem Kinn herunter. „Waterboarding soll auch sehr effektiv sein.“
„Klar, Simon, mit größtem Vergnügen. Blöd nur, dass, kaum hab ich den Schlüssel der Zellentür umgedreht, die mit einer ganzen Armada von Rechtsanwälten auftauchen. Ich kann schlecht acht bis zehn Leute einsperren, nur weil einer davon vielleicht ein Mörder ist.“
„Oder zwei. Schon mal daran gedacht, dass die Taten auch von mehreren hätten ausgeführt werden können?“
„Auch das, Simon. Auch das ist möglich. Alles ist möglich im Prinzip.“ Der Oberkommissar vermittelte nicht den Eindruck, auf einer äußerst heißen Spur zu sein. „Den Fall betreffend fängt die Zukunft jetzt an. Beim Urknall sozusagen.“
„Was habt ihr denn das Wochenende rausgefunden? Etwas, das ich nicht schon weiß.“
„Das einzig Interessante ist, Dora Rutke kennt sich mit Giften recht gut aus. Ihre Diplomarbeit handelte nämlich davon. Ihr Vater will sie in seinen Fußstapfen sehen. Er ist ein ziemlich hohes Tier bei einem Pharma-Konzern. Und unser Gift, das heißt dasjenige, mit dem Sebastian getötet wurde, kennt sie aus dem Effeff.“
Herr Schweitzer: „Wahrscheinlich kann das ausnahmsweise nicht nur eins bedeuten … Sonst hättest du mich nicht hierher zitiert, gelle?“
„Schlaues Kerlchen. Dora hat leider ein Alibi. Kein absolut wasserdichtes, aber es dürfte kaum möglich sein, in so kurzer Zeiteinen Mord zu begehen, geschweige denn zwei. Donnerstag auf Freitag war sie mit Manfred, das ist auch einer aus der Clique, auf einem Rockkonzert in Kassel. Ihr sei das erst jetzt wieder eingefallen. Ohne Drogen ist sie ganz schön auf Draht. Wir haben das überprüft. Sie sind erst nach zwölf aus Kassel weg. An einer Tankstelle hat sie mit ihrer Kreditkarte bezahlt.“
„Willst du damit sagen, dass Sebastian deDingsbums …“ Herrn Schweitzers Holländisch war nach wie vor unter aller Sau. Obendrein hatte er den Namen verdrängt, da der Fall ja abgeschlossen schien.
„… deWitte“, half Schmidt-Schmitt weiter.
„Genau, dass der in derselben Nacht getötet wurde?“
„Wahrscheinlich. Die Leiche war ja zum Zeitpunkt der Entdeckung schon nicht mehr …“
Nun konnte Herr Schweitzer seinerseits aushelfen: „… taufrisch?!“
„Ja. Jedenfalls sagt unser Gerichtsmediziner Mitternacht plus/minus zwölf Stunden.“
Sein Eisbecher war leer. Er überlegte, nein, er überlegte nicht: „Bedienung!“
„Mit anderen Worten“, wandte er sich wieder an seinen Gesprächspartner, „die Morde geschahen kurz hintereinander oder vielleicht sogar zur gleichen Zeit.“
„Noch einen Krokant-Becher, der Herr?“
„Ja, bitte“, antwortete Herr Schweitzer reflexartig, ehe er stutzte. Doch die Bedienung war schon durch die gläserne Tür zwischen den zwei Palmen verschwunden.
Zum Oberkommissar: „Was war das denn eben? Kennt die mich? Ich sie jedenfalls nicht. Normalerweise fragt man doch nach einem weiteren Getränk und nicht nach einem zweiten Eisbecher, oder? Sag du doch mal was!“
„Was soll ich dazu sagen? Was geht mich dein Ruf an?“
„Mein Ruf?“, fragte Herr Schweitzer unwirsch. „Was ist mit meinem Ruf?“
„Oh, der ist tadellos. Ich habe noch keinen Sachsenhäuser Wirt sich darüber beschweren hören, du kämst nur zum Aufwärmen in sein Lokal.“
Abermals stutzte Herr Schweitzer und zog die Stirn kraus. Dann winkte er ab und meinte: „Ich kann ja beim Abendessen kürzer treten.“ Es klang entschuldigend und nach Rechenschaft ablegen.
„Kannst du“, schmunzelte der Oberkommissar. „Und ja, kann sein, dass die Morde zeitgleich passierten.“
„Ich hab’s mir überlegt“, sprach Herr Schweitzer mit fester Stimme.
„Was?“
„Das mit dem Abendessen. Das soll doch auf Staatskosten gehen. Wann und wo und was muss ich dafür tun?“ Er grinste wie ein Breitmaulfrosch.
„Anglo-Sports. Das ist der Ruder- und Tennisclub kurz vor der Gerbermühle. Dort trifft sich die Clique fast jeden Abend. Ein
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