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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Gewässer, und auch ein ganz schwacher muffiger Geruch war vorhanden. Bei Tage war ihm nie aufgefallen, daß die Wachsfiguren einen Geruch verströmten. Und auch jetzt war es eigentlich nicht der Geruch von Wachsfiguren. Es war mehr wie der schwache Geruch präparierter Tiere in einem Naturgeschichte-Museum. Das war eigenartig angesichts Rogers’ Behauptung, daß seine Figuren nicht alle künstlich seien, ja es war wahrscheinlich eben diese Behauptung, die ihm, Jones, diese Geruchsempfindungen vorgaukelte. Er mußte sich vor solchen Halluzinationen in acht nehmen hatten nicht solche Dinge den armen Rogers in den Wahnsinn getrieben?
    Aber die Einsamkeit an diesem Ort war schrecklich. Selbst die fernen Glockentöne schienen aus kosmischen Abgründen zu kommen. Jones mußte dabei an das irrsinnige Bild denken, das Rogers ihm gezeigt hatte die unterirdische Halle mit dem kryptischen Thron, bei der es sich angeblich um einen Teil einer drei Millionen Jahre alten Ruine in den gefürchteten und unzugänglichen einsamen Weiten der Arktis handelte. Vielleicht war Rogers tatsächlich in Alaska gewesen, aber das Bild war sicherlich irgendwie gestellt worden. Eine andere Erklärung war angesichts der Reliefs und der grausigen Symbole nicht denkbar. Und dann diese monströse Gestalt, die auf dem Thron gesessen haben sollte welch eine Ausgeburt einer morbiden Phantasie! Jones fragte sich, wie weit er von diesem irrwitzigen Meisterwerk in Wachs entfernt sein mochte, wahrscheinlich wurde es hinter der schweren Holztür aufbewahrt, die aus der Werkstatt in irgendeinen anderen Raum führte. Aber wozu sollte es gut sein, sich über eine Wachsfigur Gedanken zu machen ? War denn nicht der Raum, in dem er sich jetzt befand, voller solcher Dinge, und waren nicht manche davon kaum weniger schrecklich als das grauenhafte »ES«? Und hinter einem dünnen Stoffschirm zu
    seiner Linken befand sich der »Nur für Erwachsene« zugängliche Alkoven mit seinen unaussprechlichen Phantomen.
    Die Nähe der ungezählten wächsernen Gestalten begann immer mehr an Jones’ Nerven zu zerren, während die Viertelstunden vorüberschlichen. Er kannte das Museum so gut, daß er nicht einmal im Stockfinsteren vergessen konnte, wie sie aussahen. Ja die Dunkelheit hatte sogar den Effekt, den erinnerten Bildern beunruhigende, imaginäre Merkmale hinzuzufügen. Die Guillotine schien zu knarren, und das bärtige Gesicht von Landru dem Mörder seiner fünfzig Ehefrauen verzerrte sich zu einer monströsen Grimasse. Aus dem durchschnittenen Hals von Madame Demers schien ein grausiges Gurgeln zu kommen, während ein
    verstümmeltes Mordopfer ohne Kopf und Beine sich auf seinen blutigen Stümpfen immer naher heranzuschieben suchte. Jones schloß versuchsweise die Augen, um festzustellen, ob die Bilder dadurch verschwänden, aber auch das nützte nichts. Wenn er die Augen geschlossen hatte, wurden außerdem die sonderbar regelmäßigen Muster der Lichtpünktchen noch deutlicher.
    Dann verfiel er auf den Gedanken, die schrecklichen Bilder, die er bis jetzt hatte vertreiben wollen, absichtlich bei sich zu behalten. Er klammerte sich gewissermaßen an sie, weil sie nun allmählich von immer schrecklicheren verdrängt wurden. Ohne sein Zutun begann sein Gedächtnis, die zutiefst unmenschlichen Ungeheuer zu rekonstruieren, die in den dunkleren Ecken hockten, und diese klumpigen Gewächse glitschten und schlängelten sich auf ihn zu, als wollten sie ihn umzingeln. Der schwarze Tsathoggua verformte sich aus einem krötenartigen Wasserspeier in eine lange, gewundene Linie mit Hunderten von Stummelfüßen, und eine hagere, gummiartige Nachthexe breitete ihre Schwingen aus, als wollte sie sich auf den Beobachter stürzen und ihn ersticken. Jones mußte an sich halten, um nicht zu schreien. Er wußte, daß er zu den traditionellen Spukgestalten der Kindheit zurückkehrte und beschloß, seinen Erwachsenenverstand zu gebrauchen, um die Phantome im Zaum zu halten. Er stellte fest, daß es ein wenig half, wenn er die Taschenlampe wieder anmachte. Mochten die Bildwerke, die sie beleuchtete, auch furchterregend sein, sie waren längst nicht so schlimm wie das, was seine Phantasie aus der pechschwarzen Nacht heraufbeschwor.

    Aber das Verfahren hatte auch Nachteile. Selbst im Licht seiner Lampe meinte er ein leichtes, verstohlenes Zittern des Stoffschirms wahrzunehmen, der den schrecklichen Alkoven verdeckte. Er wußte, was dahinter lag, und schauderte. Die Einbildungskraft ließ die

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