Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Moment zu Boden geworfen. Dieser wehrte sich nicht, denn er war in Ohnmacht gefallen.

    Jones’ Schwächeanfall dauerte offenbar nur einen Moment, denn das
    unaussprechliche Ungeheuer schleifte ihn noch wie ein Affe durch die Dunkelheit, als er wieder zum Bewußtsein kam. Was ihn vollends wach machte, waren die Geräusche, die das Monstrum von sich gab, oder genauer gesagt, die Stimme, mit , der es sie machte. Es war eine menschliche Stimme, und er kannte sie. Nur eine ganz bestimmte Person konnte der Besitzer dieser heiseren, fieberhaften Stimme sein, die in merkwürdigem Singsang ein unbekanntes Wesen anrief.
    »lä! lä!« heulte die Stimme. »Ich komme, o Rhan-Tegoth, komme mit der Nahrung, du hast lange gewartet und Entbehrungen gelitten, doch nun bekommst du, was versprochen wurde. Das und noch mehr, denn anstelle von Orabona wird es jemand von hohem Rang sein, der dich bezweifelt hat. Du wirst ihn zermalmen und aussaugen, mit all seinen Zweifeln, und stark davon werden. Und in alle Ewigkeit wird er den Menschen als Monument deines Ruhms gezeigt werden. Rhan-Tegoth, Unendlicher und Unbezwinglicher, ich bin dein Sklave und Hohepriester. Du bist hungrig, und ich nähre dich. Ich las das Zeichen und fand dich. Ich werde dich mit Blut sättigen, und du sollst mich mit Macht sättigen. lä! Schab-Niggurath! Die Ziege mit den tausend Jungen!«
    Schlagartig fielen alle Ängste der Nacht wie ein entbehrlich gewordenes Gewand von ihm ab. Er war wieder Herr seiner selbst, denn nun kannte er die nur allzu irdische und materielle Gefahr, der er begegnen mußte. Dies war kein monströses Fabelwesen, sondern ein gefährlicher Irrer. Es war Rogers, der sich mit einem von ihm selbst entworfenen, grotesken Kostüm verkleidet hatte, und nun dem Teufelsgott, den er aus Wachs gebildet hatte, ein schauriges Opfer bringen wollte. Er war offenbar vom Hinterhof aus in die Werkstatt gegangen, hatte sich verkleidet und sich dann angeschlichen, um sein verängstigt in der Falle sitzendes Opfer zu packen. Er verfügte über ungeheure Körperkräfte, und Jones wußte, daß er rasch handeln mußte, um seinen ungeheuerlichen Plan zu vereiteln. Er beschloß, das Vertrauen des Irren auf seine Bewußtlosigkeit auszunützen und ihn in einem günstigen Moment zu überraschen. Als er über eine Schwelle geschleift wurde, wußte er, daß sie sich jetzt in der stockfinsteren Werkstatt befanden.
    Mit der Kraft der Todesangst sprang Jones plötzlich aus der halbliegenden Stellung auf, in der er über den Boden gezerrt wurde. Für einen Augenblick entriß er sich so den Händen des überrumpelten Irrsinnigen, und im nächsten Moment gelang es ihm durch einen glücklichen Zufall, seine eigenen Hände um den grotesk verhüllten Hals seines Peinigers zu legen. Gleichzeitig bekam Rogers ihn jedoch wieder zu fassen, und schon war ein verzweifelter Kampf auf Leben und Tod entbrannt. Jones’ sportliches Training war seine einzige Rettung, denn der wahnsinnige Angreifer, bar jeder Hemmung der Fairneß, des Anstands oder auch nur des Selbsterhaltungstriebs, verwandelte sich in eine blindwütige Tötungsmaschine, so schrecklich wie ein Wolf oder ein Panther.
    Gutturale Schreie akzentuierten hin und wieder das schreckliche Handgemenge im Dunkeln. Blut spritzte, Kleider zerrissen, und Jones spürte schließlich, daß er den seiner gespenstischen Maske entkleideten, bloßen Hals seines Widersachers umklammerte. Er sagte kein Wort, bot nur alle Kräfte zur Rettung seines Lebens auf. Rogers trat, stach, schlug, biß, kratzte und spuckte und fand trotzdem zwischendurch noch die Kraft, ganze Sätze hervorzustoßen, von deren ritualisierter Sprache Jones jedoch nur immer wieder den Namen »Rhan-Tegoth« verstand, der wie das Echo unendlich fernen Knurrens und Bellens klang. Die Kämpfenden wälzten sich auf dem Boden, warfen Werkbänke um oder stießen an Wände und den gemauerten Sockel des Schmelzofens. Bis zum Schluß konnte Jones nicht wissen, ob er sich würde retten können, doch dann kam ihm der Zufall zu Hilfe. Ein Stoß mit dem Knie gegen Rogers’ Brust ließ diesen erschlaffen, und im nächsten Moment wußte er, daß er gesiegt hatte.
    Obwohl er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, stand Jones auf und tastete
    sich auf der Suche nach dem Lichtschalter an der Wand entlang, denn seine Taschenlampe war weg. In seinen zerfetzten Kleidern schleppte er sich vorwärts und zerrte seinen reglosen Gegner hinter sich her, weil er einen plötzlichen Angriff

Weitere Kostenlose Bücher