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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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legen. Im Augenblick bekämpften sie freilich ihre Langeweile und ihr Gefühl der Leere auf andere Arten; sie erfanden immer neue, immer
    schrecklichere Möglichkeiten, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, immer groteskere und abnormere Arten der Unterhaltung. Die Arenen von Tsath mußten Schauplätze grauenhafter, unvorstellbarer Vorgänge gewesen sein; Zamacona hielt sich stets von ihnen fern. Was angesichts dieser Entwicklung in ferner Zukunft oder auch nur in den nächsten zehn Jahren werden sollte, wagte er sich nicht vorzustellen. In dieser Zeit bekreuzigte sich der gottesfürchtige Spanier öfter und betete mehr Rosenkränze als sonst.
    Im Jahre 1545 nach seiner Zeitrechnung begann Zamacona mit dem, was man wohl als seine letzten Versuche zur Flucht aus K’n-yan bezeichnen könnte. Eine neue Möglichkeit schien sich ihm von unerwarteter Seite zu bieten, nämlich von einem weiblichen Mitglied seiner Zuneigungsgruppe, das eine seltsam individuelle Vorliebe für ihn entwickelt hatte, wohl auf der Grundlage ererbter Erinnerungen an die Zeiten, als in Tsath noch die monogame Ehe üblich gewesen war. Über diese Frau, eine Adelige von leidlicher Schönheit und zumindest durchschnittlicher Intelligenz namens T’la-yub, erlangte Zamacona den erstaunlichsten Einfluß, so daß es ihm schließlich gelang, sie mit dem Versprechen, ihn begleiten zu dürfen, dazu zu bewegen, ihm bei einem Fluchtversuch behilflich zu sein. Der Zufall spielte dabei eine wichtige Rolle, denn T’la-yub entstammte einer uralten Familie von Torherren, die dank mündlicher Überlieferung noch von mindestens einem Ausgang zur oberirdischen Welt wußte, der bei der Mehrheit schon zur Zeit der großen Abriegelung in Vergessenheit geraten war, ein Gang zu einem Hügel in einer oberirdischen Ebene, der demzufolge nie zugeschüttet oder bewacht worden war. Sie erklärte Zamacona, daß die urzeitlichen Torherren keine Wächter, sondern lediglich zeremonielle und wirtschaftliche Eigentümer im Fürstenrang gewesen waren, und zwar in einer Epoche, die dem Abbruch aller Beziehungen zur Außenwelt vorangegangen war. Ihre eigene Familie war zur Zeit der Schließung der Ausgänge bereits so bedeutungslos geworden, daß man einfach übersehen hatte, ihr Tor ebenfalls zu schließen, und von da an sei das Geheimnis von der Existenz dieses Ausgangs als eine Art Familienerbe
    weitergegeben worden, eine Quelle des Stolzes und eines Gefühls, über eine gewisse Machtreserve zu verfügen, zum Ausgleich für das bedrückende Bewußtsein, den einstigen Reichtum und Einfluß fast völlig eingebüßt zu haben.
    Zamacona, der jetzt fieberhaft an der endgültigen Fassung seiner Handschrift arbeitete, für den Fall, daß ihm irgend etwas zustoßen sollte, beschloß, auf seiner Reise nach draußen nur so viel unlegiertes Gold in Form kleiner Barren, die für dekorative Zwecke verwendet wurden, mitzunehmen, wie fünf Tiere tragen konnten genug, so rechnete er sich aus, um ihm in seiner eigenen Welt unbegrenzte Macht zu sichern. Er hatte sich in den vier Jahren seines Aufenthalts in Tsath bis zu einem gewissen Grad an den Anblick der monströsen Gyaa-yothn gewöhnt und scheute deshalb nicht davor zurück, die Kreaturen für seine Zwecke einzuspannen, war jedoch entschlossen, sie zu töten und zu begraben und das Gold zu verstecken, sobald er die Erdoberfläche erreicht haben würde, denn er wußte, daß der Anblick eines dieser Ungeheuer jeden normalen Indianer zum Wahnsinn treiben würde. Später konnte er dann eine Expedition ausstatten, die seinen Schatz nach Mexiko bringen würde. T’la-yub würde er vielleicht an seinem Glück teilhaben lassen, denn sie war keineswegs reizlos, obwohl er wahrscheinlich dafür sorgen würde, daß sie bei einem Stamm der Prärie-Indianer unterkam, weil er keine allzu große Lust hatte, irgendwelche Verbindungen mit dem Leben in Tsath aufrechtzuerhalten. Als Gemahlin würde er natürlich eine Dame aus Spanien oder im ungünstigsten Fall eine indianische Prinzessin von normaler, oberirdischer Herkunft und einwandfreier Abstammung nehmen. Fürs erste mußte T’la-yub ihm jedoch als Führerin dienen. Das Manuskript würde er am eigenen Körper tragen, eingeschlossen in einen Buchzylinder aus dem heiligen und magnetischen Tulu-Metall.
    Die Expedition selbst ist in der später entstandenen Nachschrift zu Zamaconas Manuskript beschrieben, in einer Schrift, die Anzeichen von nervöser Anspannung aufweist. Sie begann unter sorgfältigsten

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