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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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einhundert helle Silberglöc k chen sagte sie nur: »Die Toten sollten sich barmherzig ze i gen.« Und dazu lächelte sie.
    Das Pferd, das ein Büschel Gras abgerupft hatte und zufrieden kaute, hielt inne. Die Dame tätschelte den Hals des Pferdes und sogleich wendete es. Es machte ein paar große klappernde Schritte, dann l ö ste es sich vom Boden und galoppierte in den Himmel. Sein Hufschlag hallte wie ferner Donner und wenig später war es den Blicken entschwunden.
    Das jedenfalls behaupteten die Friedhofsbewohner, die in jener Nacht auf der Anhöhe dabei gewesen w a ren. Die Debatte war aus und vorbei und im Han d umdrehen ein Beschluss gefasst. Das Kind namens Nobody Owens wurde zum Ehrenbürger des Friedh o fes ernannt.
    Mutter Slaughter und Sir Josiah begleiteten Mr Owens zur Krypta der alten Kapelle, wo sie Mrs Owens die Ne u igkeit überbrachten.
    Das Wunder schien sie nicht zu überraschen. »Recht so«, sagte sie. »Manche von den Honoratioren haben ke i nen Funken Verstand. Sie schon. Natü r lich.«
     
    Noch ehe die Sonne an einem donnergrollenden Mo r genhimmel aufging, war das Kind in der behaglich eing e richteten Gruft des Ehepaares Owens eing e schlafen (Meister Owens war vor seinem Ableben das Oberhaupt der hiesigen Tischlerinnung gewesen und seine Zunftg e nossen hatten alles getan, damit er e h renvoll zu Grabe getragen wurde).
    Silas machte einen letzten Gang nach draußen, ehe die Sonne aufging. Er fand das hohe schmale Haus am H ü gel, untersuchte die drei Leichen, die er dort fand, und er studierte das Muster der Stichwunden. Als er genug g e sehen hatte, trat er hinaus in den dunklen Morgen, den Kopf voller Gedanken an die unerfreulichen Möglichke i ten, die sich ergeben konnten. Dann kehrte er zum Frie d hof zurück, wo er in der Kapelle schlief und die Tage mit Warten ve r brachte.
    In der kleinen Stadt am Fuß des Hügels wurde der Mann namens Jack immer wütender. Auf diese Nacht hatte er sich schon so lange gefreut; monatelangjahr e lang hatte er darauf hingearbeitet. Und am Anfang hatte ja auch alles geklappt wie am Schnürchen – drei Leben au s gelöscht, bevor einer auch nur einen Schrei ausstoßen konnte. Und dann …
    Dann war plötzlich alles auf unerträgliche Weise schiefgegangen. Warum um alles in der Welt war er den Hügel hinaufgegangen, wo das Kind doch ganz offe n sichtlich hinuntergegangen war? Und als er unten ang e kommen war, war die Spur kalt geworden. Jemand mus s te das Kind gefunden haben, mitg e nommen und versteckt haben. Eine andere Erklärung gab es nicht.
    Draußen krachte der Donner, laut und unvermi t telt wie ein Gewehrschuss, und dann setzte heftiger Regen ein. Der Mann namens Jack war ein method i scher Kopf, er plante schon den nächsten Schritt. Er gedachte einige Leute in der Stadt zu besuchen, die für ihn Augen und Ohren offen halten sollten.
    Er brauchte der Versammlung nicht zu sagen, dass er gescheitert war.
    Und außerdem, sagte er sich, als er vor dem morgen d lichen Regenschauer unter einer Ladenfront Z u flucht suchte, war er nicht gescheitert. Noch nicht. Er hatte noch viel Zeit, um den letzten Teil des Geschäfts abz u schli e ßen. Um den letzten Faden abzuschneiden.
    Erst als die Sirenen heulten und das erste Polize i auto, dann ein Krankenwagen und dann ein Zivi l fahrzeug mit Blaulicht an ihm vorbeirasten, schlug der Mann namens Jack den Mantelkragen hoch, zog den Kopf ein und ging langsam davon. Das Messer war in seiner Manteltasche, sicher in der Scheide und geschützt vor den Unbilden der Elemente.

Kapitel zwei

Die neue Freundin
     
    Bod, so wurde er nun genannt, war ein stilles Kind mit nüchternen grauen Augen und einem dichten Schopf ze r zauster mausgrauer Haare. Die meiste Zeit war er fol g sam. Er lernte sprechen und setzte dem Friedhofsvolk mit seinen Fragen zu. »Wieso darf ich nicht raus aus dem Friedhof?«, fragte er oder: »Wie mache ich das, was der da gerade gemacht hat?«, oder: »Wer wohnt eigentlich hier?«
    Die Erwachsenen gaben sich alle Mühe, seine Fr a gen zu beantworten, aber oft fielen ihre Antworten vage, verwirrend oder widersprüchlich aus. Dann ging Bod immer zu der alten Kapelle, um mit Silas zu reden.
    Er wartete dort bis Sonnenuntergang, wenn Silas g e wöhnlich erwachte.
    Bei seinem Vormund konnte er sicher sein, dass er e i ne Erklärung bekam, die so klar und so einfach war, dass Bod sie auch verstehen konnte.
    »Du darfst den Friedhof nicht verlassen, weil wir dich nur auf dem Friedhof

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