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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Exil.«

40
    Die Nachrichten um zwölf Uhr warfen alles um.
    Er hatte drei Stunden auf einem Rastplatz geschlafen. Hatte sich auf dem Rücksitz unter einer Decke zusammengerollt und war von der Kälte aufgewacht. Vor der Weiterfahrt hatte er das Radio eingeschaltet, zufällig die Nachrichten gehört und mitbekommen, dass nach ihm gesucht wurde.
    Und zwar landesweit. Carl Ferger. In drei Fällen unter Mordverdacht. Unterwegs in einem blauen Fiat mit folgender Nummer. . .
    Er schaltete das Radio aus. Einige Sekunden lang standen Welt und Zeit still. Die einzige Bewegung stammte von dem
Blut, das in seinen Schläfen pochte. Und er sah nur seine Hände, die das Lenkrad so fest umklammerten, dass die Knöchel weiß wurden.
    Sie hatten ihn. Er wurde gesucht.
    Gejagt.
    Gehetztes Wild.
    Das musste er sich erst mal klarmachen.
    Drei Morde?
    Er lachte auf.
    Welche denn?, könnte er sie fragen. Ja, wenn sie ihn erwischten, würde er das tun. Verzeihung, Herr Kommissar, würde er sagen. Ich habe sechs Morde begangen. Bei welchen drei stehe ich unter Verdacht?
    Durch seinen Atem war das Fenster beschlagen. Er wischte es mit seinem Halstuch ab. Machte es einen Spaltbreit auf, sah sich um. Der Parkplatz war leer, bis auf einen Fernlaster, der fünfzig Meter weiter stand.
    Blauer Fiat ... verdammt, warum hatte er das Radio abgestellt? Er schaltete wieder ein, aber nun fand er nur Musik.
    Was wussten sie sonst noch?
    Und wofür hielten sie ihn eigentlich?
    Landesweite Fahndung? Was bedeutete das? Straßensperren?
    Wohl kaum. Er hatte über dreihundert Kilometer zurückgelegt, seit er Maardam verlassen hatte ... wenn sie den ungefähren Zeitpunkt seines Aufbruchs wussten, dann wussten sie auch, dass er wirklich überall sein konnte.
    Aber wie ...
    Wie, zum Teufel, waren sie auf ihn gekommen?
    Er ließ den Wagen an. Fuhr langsam an dem Lkw vorbei auf die Autobahn.
    Bestimmt war Liz an allem schuld, diese verdammte Nutte. Irgendetwas war schiefgegangen, aber er begriff nicht, wie sie Liz mit den anderen in Verbindung gebracht hatten ... dieses
miese Stück. Wenn er doch nur von Anfang an auf seine innere Stimme gehört hätte ... die Stimme, die ihn gewarnt hatte, die gesagt hatte, er sollte die Finger von dieser ... Hure lassen. Ein Stück Fleisch, das war sie gewesen.
    Nur ein widerliches Stück Fleisch.
    Diesen Fehler würde er nie wieder machen. Und die Polizei würde ihm schließlich anstandshalber zugestehen müssen, dass er der Gesellschaft nur einen Gefallen damit getan hatte, sie von einer wie Liz Hennan zu befreien. Er hatte sich jedenfalls nichts vorzuwerfen... bei den anderen sah das schon schlimmer aus ... bei denen hatte es aus anderen Gründen sein müssen. . . aber er hatte jetzt keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
    Jetzt musste er handeln. Etwas war also schiefgegangen ... das hatte er ja schon im Gefühl gehabt. Und hatte ihn nicht auch diesmal seine Intuition gerettet ... warum hätte er Maardam schließlich sonst verlassen sollen? Es war genau wie damals bei Ellen ...
    Ellen. Das war jetzt zwölf Jahre her. Sie war auch eine Nutte gewesen. Das stand fest. Nur eine ekelhafte Nutte, genau wie Liz. Er sah sie noch immer vor sich ... beide gleich lüstern, beide gleich ausgefickt, beide gleich ...
    Er steigerte sein Tempo. Sah auf dem Benzinanzeiger, dass er bald tanken musste. Warum tauchten sie immer wieder auf? Ihre nackten Leiber, ihre pulsierenden Schöße ... er hatte jetzt keine Zeit für sie ... er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren und nicht auf diesen Ekelkram. Er musste den Kopf frei haben. Musste klar denken, das Richtige tun, und das sofort. . .
    Gesucht.
    Er schaute auf die Uhr. Erst Viertel nach zwölf. Hatte er die erste Suchmeldung gehört, oder war die schon häufiger ausgestrahlt worden? Es war wohl besser, das Radio laufen zu lassen, dann konnte er nichts verpassen.

    Er schaltete es ein und steckte sich eine Zigarette an, doch die hatte er bald aufgeraucht.
    Denken und Zigaretten, das war jetzt wichtig.
    Und danach?
    Radio, dachte er. Was war mit dem Fernsehen? Und den Zeitungen? Ob sie wohl ein Bild von ihm hatten?
    Würde er so bekannt sein wie der Präsident, wenn er gleich bei einer Tankstelle vorfuhr?
    Das Fernsehen hielt er für nicht so gefährlich. Wer saß schon am Vormittag vor der Glotze? Die Zeitungen waren da schlimmer. . . aber in den Morgenzeitungen hatte noch nichts gestanden, jedenfalls nicht in denen, die er gekauft hatte. Die hatten natürlich

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