Das große Buch der Lebenskunst
einzige Last sei.
Es lohnt sich
W esentlicher Aspekt einer Kunst des gesunden Lebens ist das heilende Ritual. Rituale strukturieren den
Tag und geben uns die Gelegenheit zum Innhalten – und damit die Chance, dass wir uns der eigentlichen Wirklichkeit unseres Lebens erinnern. Rituale
öffnen den Himmel über unserem oft genug grau verhangenen Alltag. Sie verbinden mit der Lebensquelle des Unbewussten und lassen den lebendigen Geist
einfließen in die konkreten Lebensvollzüge dieses Alltags, um sie zu verwandeln. Sie geben uns mitten im Zweifel an uns und unserem Leben die Gewissheit,
dass unser Leben gelingen wird. Weil wir Lust haben, den Tag mit einem Ritual zu beginnen, können wir auch den Tag über positiv leben. Und Lust am Leben
ist die wichtigste Voraussetzung für gesundes Leben.
Rituale geben dem Leben eine Ordnung. Gerade wenn die Menschen in sich zerrissen sind, können Rituale eine heilende Wirkung entfalten. Sie bringen die
Seele in Ordnung. Sie geben depressiven Menschen Halt und Festigkeit. Rituale geben mir das Gefühl, dass ich selber lebe und dass es sich lohnt zu leben,
weil mein Leben ein Fest ist, ein Fest des Einswerdens mit Gott. Und Rituale zeigen mir, dass mein Leben wertvoll und sinnvoll ist. Für mich ist ein
wichtiges Ritual, morgens die Hände zum Himmel zu erheben und mir klarzumachen: Es kommt heute nicht auf meine Leistung an. Ich definiere mich nicht von
meinen Terminen, sondern ich möchte den Himmel über den Menschen öffnen. Es lohnt sich, diesen Tag zu leben. Ich möchte meine urpersönliche Spur eingraben
in diese Welt. Nur wenn mein Leben sinnvoll ist, kann es auch heil werden.
Lebe authentisch
W ir sollen nicht nur auf unsere Gedanken und Gefühle, auf unsere Bedürfnisse und Leidenschaften hören,
sondern auch auf unsere Träume und auf unseren Leib. Unsere Träume führen uns oft auf den Weg, der für unsere Seele stimmt. Sie machen uns auf
Gefährdungen aufmerksam und mahnen uns, das zu tun, was mit unserer inneren Wirklichkeit übereinstimmt. Sie decken uns unsere Krankheiten auf und geben
uns zugleich das Mittel an, das die Krankheit zu heilen vermag. Und wir sollen auf unseren Leib hören. Der Mönchsschriftsteller Evagrius hat genaue
Anweisungen gegeben, wie wir auf die Regungen des Leibes achten sollen. Denn sie zeigen uns, wie es in unserer Seele aussieht. Krankheiten weisen uns oft
auf verdrängte Bereiche unserer Seele hin. Wir sollen dabei nicht nach den Ursachen unserer Krankheiten fragen. Denn das wäre rückwärtsorientiert und
würde uns nur mit Schuldgefühlen belasten. Wir sollen vielmehr nach dem Sinn unserer Krankheit fragen. Die Krankheit ist, um das Bild eines Märchens zu
verwenden, der bellende Hund, der uns auf den Schatz aufmerksam machen möchte. Es ist ein Schatz, der in uns liegt. Der Schatz ist Symbol für das wahre
Selbst, an dem wir oft genug vorbeileben. Die Krankheit zeigt uns, dass wir das Selbst aus dem Auge verloren haben. Und sie mahnt uns, das Bild, das Gott
sich von uns gemacht hat, authentisch zu leben.
Hör auf deinen Leib
D er Leib ist oft ehrlicher als unser Verstand, der oft nicht klar denken kann, weil er von unbewussten
Voraussetzungen bestimmt wird. Wenn wir Gedanken und Gefühle nicht beachten, drücken sie sich im Leib aus, damit wir sie nicht mehr überhören können. Wir
sollen auf unsern Leib hören, um die eigene Wahrheit zu erkennen. Dabei sollen wir dankbar sein, wenn der Leib reagiert, wenn er uns immer wieder zeigt,
wie es um uns steht.
Die Psychologie weiß, dass es häufig unsere Gedanken und Gefühle sind, die uns krank machen. Wenn wir uns ständig einreden, dass uns keiner mag und
dass wir zu nichts taugen, dann wird sich das auf unsere Psyche und auf unseren Leib lähmend und kränkend legen. Gefühle, die unterdrückt werden, suchen
sich im Leib einen Ausdruck. Verdrängte Aggressionen verlagern sich in den Leib. Eine Krankheit kann sich aggressiv gegen die anderen richten. Oder aber
wir richten die Aggressionen gegen uns selbst und werden depressiv. Verdrängter Ärger kann sich in Magengeschwüren äußern. Die nicht zugelassenen
Bedürfnisse werden häufig in einer Krankheit ausgelebt. Da müssen sich die andern um mich kümmern. Und unterdrückte Lust führt oft genug in die
Krankheit. Was wir nicht zulassen, das sucht sich andere Wege des Ausdrucks. Und häufig übernimmt dann der Leib die Funktion, das Unterdrückte und
Verdrängte auszuleben.
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