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Das große Buch der Lebenskunst

Titel: Das große Buch der Lebenskunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün
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sich nicht verdrängen. Nachts kommen sie hoch. Manchmal wälzen sich Menschen dann hin und her und können nicht einschlafen. Sie nehmen die Sorgen mit in
     den Schlaf.
    Ein litauisches Sprichwort drückt eine andere Erfahrung aus: »Die Nacht ist das Löschblatt vieler Sorgen.« Wenn ich vor dem Schlafengehen meine Sorgen
     Gott anvertraue, kann ich mich ruhig schlafen legen. Und dann werde ich am nächsten Morgen erfahren, dass der Schlaf die Sorgen ausgelöscht hat wie ein
     Löschblatt, das den Tintenfleck unsichtbar macht. Wer der heilenden Wirkung seines Schlafes vertraut, der wird seine Sorgen los. Im Schlaf besuchen ihn
     die Engel im Traum. Sie wischen die Sorgen weg. Er muss gar nichts selbst tun, sondern nur sich mit seinen Sorgen dem Schlaf anvertrauen. Im Schlaf lasse
     ich los, im Loslassen vertraue ich: Ich lasse mich in Gottes gute Arme fallen. Da bin ich getragen. Und dort werden die Sorgen ausgelöscht.
Vom Segen des Schlafes
    Z u den Tröstungen des Lebens gehört der Schlaf. Viele Menschen, fromme ebenso wie weniger fromme, haben
     diese Erfahrung gemacht. Der hl. Augustinus hat die wohltuende Wirkung des Schlafes am eigenen Leib erfahren: »Ich schlief ein und bin wieder aufgewacht,
     und ich fand meinen Schmerz gar sehr gemildert.« Wenn wir uns im Schlaf selber loslassen, dann hat der Schlaf eine heilende Wirkung. Die Schmerzen über
     die Verletzungen des vergangenen Tages werden schwächer. Wir spüren sie noch, aber sie stechen nicht mehr. Auch Aldous Huxley hat diese Erfahrung gemacht,
     wenn er schreibt: »Von allen Gnaden und Segnungen der Natur ist der Schlaf das Beste.« Doch Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden, hilft dieser Satz
     nicht weiter. Es gibt keinen Trick, die Schlaflosigkeit möglichst schnell loszuwerden. Der einzige Weg, der langsam zur Wandlung führt, ist: die Sorge um
     den eigenen Schlaf loszulassen. Dann dürfen wir vertrauen, dass der Körper sich die Ruhe nimmt, die er braucht.
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Einklang
    Sei selber Ton
und Melodie

Sei selber Ton und Melodie
    E inklang hat etwas mit »klingen« zu tun. Friedrich Nietzsche vergleicht unser Leben mit einer
     Symphonie. Jede Symphonie hat Pausen, sie hat Spannungsmomente, Kontrapunkte, und sie hat ihre Höhepunkte. So hat unser Leben auch nur wenige Augenblicke,
     in denen wir in der Tiefe berührt werden, in denen etwas in uns anklingt, das uns zutiefst erfüllt. Nietzsche schreibt: »Die Liebe, der Frühling, jede
     schöne Melodie, das Gebirge, der Mond, das Meer – alles das redet nur einmal ganz zum Herzen: wenn es überhaupt je ganz zu Worte kommt. Denn viele
     Menschen haben jene Momente gar nicht und sind selber Intervalle und Pausen in der Symphonie des wirklichen Lebens.« Wer nur Intervall ist, wer nur im
     Raum zwischen den Tönen lebt, den kann kein Ton berühren, der wird nicht erklingen, wenn die Töne nach ihm greifen. Wir müssen Ton sein, damit das Leben
     uns in seine Symphonie aufnimmt.
Zusammenklang
    D ie Frage ist, wie ich in den Einklang komme mit mir selbst. Die Musik kann uns lehren, dass der Einklang
     nicht ein einziger Ton ist. Das wäre langweilig. Die Kunst besteht vielmehr darin, alles in uns zum Klingen zu bringen, aber so, dass sich die Töne nicht
     bekämpfen, sondern in einer größeren Harmonie zusammenklingen. Schon Thomas von Aquin hat das erkannt, wenn er vom Schönen – nicht nur in der Musik –
     sagt: »Der Urgrund des Schönen besteht in einem gewissen Zusammenklang der Gegensätze.« Schön wird die Musik nicht durch beständige Harmonie, sondern wenn
     aus allen Gegensätzen heraus immer wieder ein Einklang entsteht. Mozart hat das wie kein anderer Komponist verstanden. Seine Musik lässt alle Höhen und
     Tiefen des menschlichen Herzens erklingen: Trauer und Freude, Angst und Vertrauen, Liebe und Hass. Indem alle Gefühle erklingen, suchen sie immer wieder
     danach, zusammenzuklingen in einer höheren Harmonie.
Wohlklang und Harmonie
    D ie Griechen sprachen immer wieder von der Harmonie, vom Zusammenklang der Sphären. Der ganze Kosmos war
     für die Pythagoreer Gesang. Die verschiedenen Planeten erzeugten einen harmonischen Sphärengesang. Wer in der Musik diese Harmonie des Kosmos abbildet,
     der hat teil an seiner Ordnung. Heraklit spricht von der Harmonie als dem Zusammenklang entgegengesetzter Elemente. In der Harmonie wird das
     Widerstreitende zur Übereinstimmung gebracht. Von der Musik hat Platon dies auf die menschliche Seele übertragen. Auch die Seele muss die

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