Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
Sätze, die etwas in Bewegung bringen. Die Klarheit schaffen, Erleichterung, Veränderung. Vielleicht lerne ich es in diesem Jahr wieder, diese Sätze öfter zu sagen.
5. Auf einer Einkaufstüte des Sportklamottenlabels Lululemon stand » Tue jeden Tag etwas, wovor du Angst hast«. Auch wenn ich mich normalerweise nicht nach Plastiktüten richte: Dies leuchtete mir irgendwie ein. Sozusagen als Mutmuskeltraining. Je öfter man sich kleine Dinge traut, desto leichter fallen die großen. Ich dachte mir: Warum fangen wir nicht gleich am Morgen damit an? Und dusche seitdem kalt.
6. Man muss sich nicht entscheiden, man kann einfach alles machen. Das hat mir meine Kneipenbekanntschaft Michelle beigebracht. Statt Entweder/oder lieber ein beherztes Sowohl/als auch, das könnte der Schlüssel zum Glück sein.
7. No worries, mate ist eine sehr brauchbare Weltanschauung. Das australische Mantra, das nur sehr unvollkommen je nach Kontext mit Kein Problem/alles klar/gern geschehen/nur die Ruhe/macht doch nichts übersetzt werden kann, hört man in Sydney circa zehnmal am Tag. Dass Dinge hier grundsätzlich kein Problem sind: schon mal fein. Das mate (ebenfalls sehr grob: Kumpel) ist aber fast noch interessanter. Vor elf Jahren gab es ein Referendum zur australischen Verfassung, und es wurde ernsthaft debattiert, ob man den Begriff mateship in die Präambel aufnehmen sollte. Es klappte dann doch nicht, aber egalitäre Freundlichkeit als Verfassungsgrundsatz: was für eine Idee!
8. Wasser ist ein Heilmittel. Besonders wenn man jeden Tag draufschaut. Mir fällt jetzt erst auf, dass mit einer Ausnahme (Addis Abeba) alle meine Städte am Meer oder zumindest an einem großen Fluss liegen– bestimmt kein Zufall. Nach einem Monat Balkon zur Bucht bin ich sicherer denn je: Wenn ich mal groß bin, will ich ein Haus am Meer.
9. Den australischen Nationalsport Tim Tam Slam. Den hat mir eine ältere Dame vor dem Supermarktregal erklärt. Dazu beißt man von den hiesigen Lieblingsschokokeksen Tim Tams zwei gegenüberliegende Ecken ab und saugt Kaffee oder Tee durch den Keks. Dann schnell in den Mund damit, bevor er zerbröselt. Ich habe inzwischen Olympiareife darin.
10. Nie denken, man weiß schon alles. Die Oper ist innen brutalistisch roh, völlig anders als die elegante Segelform suggeriert. Plan für dieses Jahr: Alles mit eigenen Augen sehen, nichts voraussetzen, nichts mutmaßen. Sonst wird man ja doch nur widerlegt.
Februar
Buenos Aires,
Argentinien
Liebe Katharina, querida, linda,
¿cómo estás? ¿Todo bien? Ach, ich könnte den ganzen Tag nur diese umgekehrten spanischen Fragezeichen schreiben, sie bringen so gut auf den Punkt, wie mir gerade zumute ist. Mein Leben ist auf den Kopf gestellt und ich angle nach Antworten. (Ohne zu wissen, wie die aussehen sollten. Aber wenn sie mir nicht groß genug sind, die Antworten, kann ich sie ja einfach zurück ins Wasser schmeißen.)
Wie geht es Dir in meiner Wohnung? Kommst Du zurecht, findest Du alles? Ich bin so froh, dass Du einhütest. Ich freue mich, Dir damit aus der Patsche zu helfen und gleichzeitig zu wissen: Wenn alle Stricke reißen, wenn zwischendurch irgendetwas Blödes passiert oder ich plötzlich keine Lust mehr auf die Welt habe, könnte ich jederzeit wieder in mein Hamburger Bett fallen. Immer gut, einen Plan B zu haben– das Wissen um ihn ist die beste Garantie, ihn nie zu brauchen.
Zudem finde ich die Idee schön, dass mein emotionales Zuhause– nämlich Du als meine ältestebesteundüberhaupt Freundin– und mein physisches Zuhause am Hansaplatz gerade ein und dasselbe sind. Ich stelle mir vor, wie Du Dich vom Gästezimmer aus langsam über die Wohnung ausbreitest. Ich bin gespannt, welche Spuren Du hinterlässt, was Du umstellst, wie sich die Wohnung verändern wird. Vielleicht werde ich nach meiner Rückkehr eine dreizehnte neue Heimat vorfinden– ich hoffe fast darauf, dann hätte ich ein Reiseziel mehr.
Buenos Aires ist genau so, wie ich mir das vorgestellt habe: laut und lustig. Wahnsinnig laut, wahnsinnig lustig. Meine riesige Altbauwohnung, die ich von einem amerikanischen Collegeprofessor angemietet habe, liegt direkt an der vierspurigen Einbahnstraße Avenida Callao, der Verkehrslärm brandet Tag und Nacht in die Räume, in die Bibliothek mit dem langen Tisch und in den Salon mit den alten roten Ledersofas und dem kleinen Erker. Die Stadt ist ständig an, keiner knipst sie am Abend aus oder dimmt sie ein bisschen herunter. In den ersten Tagen
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