Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
können, weil ich als alte Schachtel schlichtweg nicht mehr die Treppen hochkäme. » Also wirf die Leinen los und segle fort aus deinem sicheren Hafen. Fange den Wind in deinen Segeln. Forsche. Träume. Entdecke«, schreibt Twain weiter.
Genau das wollte ich tun. Wegfahren, um mir ein paar Fragen zu stellen: Wer bin ich, was will ich, was soll das alles hier überhaupt? Nichts, was man nicht auch zuhause versuchen könnte zu beantworten, aber in der Ferne weitet sich der Blick, dort kriegt man, je nach Bedarf, eine neue Lupe oder ein neues Fernglas in die Hand gedrückt und damit auch ein paar andere Perspektiven serviert.
Wie plant man nun so eine Reise? Indem man es lässt. Am Tag nach der Sendung habe ich die Namen von zwölf Städten auf einen gelben Post-it-Zettel geschrieben; in neun davon bin ich dann auch tatsächlich gelandet, der Rest hat sich ergeben. Die Wahl der Städte war spontan, instinktiv, zufällig. Nicht viel nachdenken, nicht lange planen, nicht vernünftig sein: Auch das war eine Form von Freiheit, die ich mir gönnen wollte.
Warum nicht New York, warum nicht Paris, wurde ich oft gefragt: weil ich die schon kenne, recht gut sogar. Auf die Liste sollten mir unbekannte Orte, die mich einfach angesaugt haben– Sehnsuchtsorte, nie gesehene Lieblingsstädte. Ich wollte, wo immer es ging, in möblierten Wohnungen leben, um ein möglichst alltägliches Leben zu führen; Unterkünfte für die ersten drei Monate waren schnell über das Internet gefunden.
Weitere Vorbereitungen? Keine. Einen zweiten Pass beantragt, meine Wohnung untervermietet, einen handtaschenkleinen Laptop und einen Fotoapparat gekauft, wie verrückt meinen Schreibtisch leergearbeitet, ein Reise-Weblog eingerichtet. Das war’s. Keine drei Monate nach der Sendung, am 1. Januar 2011– gibt es ein besseres Datum als den 1.1.11 für den Start in so ein Jahr?–, saß ich im Flugzeug nach Sydney. Mit einem kleinen Koffer und einem großen Bibbern.
In diesem Buch soll es darum gehen, wie man aus einem unglaublichen Glücksfall– dem großen Los, das ich plötzlich gezogen hatte– einen noch größeren Glücksfall macht: das große Los!, das Mark Twain empfiehlt. Losfahren, sich vom Gewohnten lösen und dann schauen, was passiert. Mir hat gut gefallen, was mir gegen Ende des Jahres eine Psychologin sagte, die zufällig neben mir im Flugzeug nach Havanna saß: » Glückwunsch. Das Wichtigste, was Sie getan haben: Sie haben sich selbst die Erlaubnis zu dieser Reise gegeben.«
So ist es. Ich habe mir die Erlaubnis gegeben, streunen zu gehen und für ein Jahr den ewigen sehnsüchtigen Konjunktiv– Ich würd’ so gern – in einen ganz simplen Indikativ zu verwandeln: Das mache ich jetzt einfach. Und dabei die verblüffendsten Entdeckungen zu machen, zum Beispiel: Das Geld von Jauch hätte ich gar nicht gebraucht.
Ein Wort noch zur Form dieses Buchs: Reisen ist eine schrecklich subjektive Sache. Wie man eine Stadt erlebt, hängt von derart vielen Zufällen ab, dass es eigentlich verboten sein müsste, ein Buch darüber zu schreiben. Denn links und rechts des Weges hätte es eine Million anderer Pfade gegeben, andere Versionen desselben Orts.
Noch schlimmer wird es, wenn man Weltreiseheimkehrers Lieblingsfrage beantworten soll: » Na, wie war’s?«
Wie es war und wie es ist, das ändert sich schon während des Reisens oft von Tag zu Tag, von Laune zu Laune und nicht zuletzt von Frager zu Frager– jedem erzählt man eine etwas andere Variante dessen, was man erlebt hat. Deshalb besteht dieses Buch aus zwölf Briefen aus zwölf Städten an zwölf verschiedene Menschen in meinem Leben. Wer allein reist, braucht umso dringender ein Gegenüber bei dem Bemühen, die Flut der Eindrücke zumindest ein bisschen zu kanalisieren– wobei es nichts Schöneres gibt, als dabei hin und wieder unterzugehen. (Wer der Reise live auf meinem Weblog www.vormirdiewelt.de gefolgt ist, wird einiges wiedererkennen, anderes nicht.)
Unter den Empfängern der Briefe sind alte Freunde, neue Freunde, Ex-Lover, meine Eltern. Aber auch Menschen, die mir unterwegs begegnet sind, wie Professor Carl Djerassi, der 89-jährige Vater der Antibabypille, in dessen Londoner Wohnung ich einen Monat lang gelebt habe. Einer dieser vielen Zufälle, die… ach, das sehen Sie dann schon. Natürlich geht auch ein Brief an denjenigen, dem ich diese Reise zu verdanken habe: an Jonas, meinen Publikumsjoker bei der 50 0 000-Euro-Frage, der all die Zufälle überhaupt erst ins
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