Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
und ich nehme sie dankend an. Yes is more, das ist mein neues Motto .
Als mich zum Beispiel meine Hamburger Ex-Kollegin Julica, die schon seit Jahren in Sydney arbeitet und nebenbei ehrenamtliche Rettungsschwimmerin ist, in den Bondi Icebergs Club zu einem Charity-Schwimmen zugunsten der Opfer einer Flutkatastrophe in Queensland einlud, war ich natürlich auch da. (Klassischer Aussie-Humor übrigens: Schwimmen für Flutopfer.) Das Icebergs ist der schönste Swimmingpool, den ich kenne: ein türkisgrüner Salzwasserpool, direkt ans Meer angrenzend, das gelegentlich dramatisch ins Becken brandet. Der legendäre Schwimmclub wurde 1929 von einigen Rettungsschwimmern gegründet, die auch im Winter trainieren wollten. Um Clubmitglied zu werden, musste man sich strengen Regeln unterwerfen: fünf Jahre hintereinander an drei von vier Sonntagen Rennen schwimmen, dann war man drin.
An diesem Tag aber durfte jeder ins Becken: Da trat eine Vierjährige gegen Mitglieder der Basketballmannschaft Sydney Kings an, alte Damen mit Dauerwelle gegen schrankförmige Brechertypen. Ich guckte den buntgemischten Schwimmern zu, die sich zusammen ins Wasser warfen, egal wie, nur zum Spaß. So wie ich mich in dieses Jahr geworfen habe, dachte ich. Ohne Plan, aber mit dem Urvertrauen, dass es mich schon tragen würde. Erinnerst Du Dich an die Szene in einem Indiana-Jones-Film, in der Harrison Ford an einem Abgrund steht, einen Schritt ins Nichts macht und unter seinen Füßen eine Brücke wächst? Ungefähr so fühle ich mich gerade. Der Weg entsteht beim Gehen. Mal sehen, wohin er führt.
So sehr ich mich zu Beginn dieses Monats noch gefürchtet habe, nichts mit mir und diesem Jahr anfangen zu können, so erleichtert bin ich über die schöne Räuberleiter, die mir Sydney gebaut hat. Freiheit ist erst mal eine Zumutung, niemand von uns hat gelernt, wie das geht. Wenn einem niemand die Entscheidung abnimmt, womit der Tag zu füllen ist– kein Boss, keine Familie, keine Institution–, und man völlig ohne Strukturen lebt, ist das ebenso berauschend wie beunruhigend. Man muss regelrecht trainieren, freihändig zu gehen. Denn man verlässt mit dem engen heimischen Gehege eben auch die stabilen Geländer, an denen man sich immer entlanggehangelt hat.
Ich beglückwünsche mich jedenfalls gerade dazu, kaum etwas vorbereitet zu haben. Es gibt die Liste meiner Städte, ich weiß, wo ich die nächsten beiden Monate unterkomme, der Rest wird sich finden. Vor Heimweh habe ich keine Angst: Es gibt Mails, es gibt Skype, und ein paar Leute haben jetzt schon angekündigt, mich unterwegs besuchen zu wollen. Katharina kommt nach Barcelona, eine Kollegin nach Havanna, meine Eltern für ein Wochenende nach Kopenhagen. Auf Dich und unsere zehn Tage in Raja sthan freue ich mich besonders, ich merke gerade, wie gut es tut, mal mit einer Freundin alles zu sortieren, was gerade auf mich einprasselt. Wir sehen uns im März, mein Herz, lass es Dir bis dahin gut gehen!
Liebe Gr ű ße in die Heimat, Deine Meike
10 Dinge, die ich in Sydney gelernt habe
1. Ukulele spielen. Ein alter Kollege fragt in Interviews gern: » Wann war das letzte Mal, dass Sie etwas zum ersten Mal getan haben?« Etwas Neues ins Leben zu lassen, Anfänger in einer Sache zu sein, ist die schönste Form von Adrenalin, die ich kenne .
2. Ich muss überhaupt nichts in diesem Jahr, aber ich darf alles. Eben auch arbeiten. Und Arbeit verändert sich radikal, wenn man sie vom Müssen zum Wollen umdefiniert. Ich merke, dass ich leichter schreibe, unverkrampfter. Vielleicht ist dies am Ende das Wichtigste, was bei der Sache herauskommen kann: dass ich mich wieder in meinen Job verknalle nach mehr als 20 durchaus glücklichen Jahren Versorgungsehe, die uns beide verbindet.
3. Eine Frage, die ich mir in diesem Jahr noch öfter stellen werde : Wer bin ich, wenn keiner zuguckt? Tue ich vieles zuhause nicht einfach nur deshalb, weil man es von mir gewohnt ist und folglich erwartet? Wie verändert man sich, wenn man fern d er Vo rstellungen lebt, die die anderen von einem im Kopf haben ?
4. Reden hilft. Mit Leuten zu sprechen, sie um etwas bitten, um Rat oder Empfehlungen, das fällt mir hier draußen leichter als zuhause und ich frage mich, wieso. Seltsamerweise sind es ja stets die einfachsten Sätze, die den größten Mut brauchen: Ich brauche deine Hilfe. Mich ärgert etwas. Ich habe Angst davor. Ich weiß nicht, wie das geht. Ich möchte es gern anders. Und gleichzeitig sind es genau diese
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