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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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Leben bringen sollte, es aber nicht getan hat, obgleich sein eigenes Leben auf dem Spiel stand?“ Antwortete der König „ja, ich will sie gerne sehen.“ Sprach der Sohn „gnädigster Herr Vater, ich will sie euch zeigen in Gestalt einer schönen Blume.“ Und griff in die Tasche und holte die Nelke, und stellte sie auf die königliche Tafel, und sie war so schön, wie der König nie eine gesehen hatte. Darauf sprach der Sohn „nun will ich sie auch in ihrer wahren Gestalt zeigen“ und wünschte sie zu einer Jungfrau; da stand sie da und war so schön, dass kein Maler sie hätte schöner malen können.
    Der König aber schickte zwei Kammerfrauen und zwei Diener hinab in den Turm, die sollten die Frau Königin holen und an die königliche Tafel bringen. Als sie aber dahin geführt ward, aß sie nichts mehr und sagte „der gnädige barmherzige Gott, der mich im Turm erhalten hat, wird mich bald erlösen.“ Da lebte sie noch drei Tage und starb dann selig; und als sie begraben ward, da folgten ihr die zwei weißen Tauben nach, die ihr das Essen in den Turm gebracht hatten, und Engel vom Himmel waren, und setzten sich auf ihr Grab. Der alte König ließ den Koch in vier Stücke zerreißen, aber der Gram zehrte an seinem Herzen, und er starb bald. Der Sohn heiratete die schöne Jungfrau, die er als Blume in der Tasche mitgebracht hatte, und ob sie noch leben, das steht bei Gott.
     

Das kluge Gretel
    Es war eine Köchin, die hieß Gretel, die trug Schuhe mit roten Absätzen, und wenn sie damit ausging, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte „du bist doch ein schönes Mädel.“ Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach „die Köchin muss wissen, wies Essen schmeckt.“
    Es trug sich zu, dass der Herr einmal zu ihr sagte „Gretel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.“ „Wills schon machen, Herr“, antwortete Grethel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen Abend ging, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fingen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Gretel dem Herrn, „kommt der Gast nicht, so muss ich die Hühner vom Feuer tun, ist aber schade, wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten im Saft sind.“ Sprach der Herr „so will ich nur selbst laufen und den Gast holen.“ 
    Als der Herr den Rücken gekehrt hatte, legte Grethel den Spieß mit den Hühnern beiseite und dachte „so lange da beim Feuer stehen, macht schwitzen und durstig, wer weiß, wann die kommen! Derweil spring ich in den Keller und nimm einen Schluck.“ Lief hinab, setzte einen Krug an, sprach „Gott gesegnes dir, Grethel,“ und tat einen guten Zug. „Der Wein hängt an einander“, sprachs weiter, „und ist nicht gut abbrechen“ und tat noch einen ernsthaften Zug. Nun ging es und stellte die Hühner wieder übers Feuer, strich sie mit Butter und trieb den Spieß lustig herum. Weil aber der Braten so gut roch, dachte Grethel „es könnte etwas fehlen, versucht muss er werden!“, schleckte mit dem Finger und sprach „ei, was sind die Hühner so gut! Ist ja Sünd und Schand, dass man sie nicht gleich isst!“ Lief zum Fenster, ob der Herr mit dem Gast noch nicht käm, aber es sah niemand: Stellte sich wieder zu den Hühnern, dachte „der eine Flügel verbrennt, besser ists, ich ess ihn weg.“ Also schnitt es ihn ab, und aß ihn auf, und er schmeckte ihm: Und wie es damit fertig war, dachte es „der andere muss auch herab, sonst merkt der Herr, dass etwas fehlt.“ Wie die zwei Flügel verzehrt waren, ging es wieder und schaute nach dem Herrn, und sah ihn nicht. „Wer weiß“, fiel ihm ein, „sie kommen wohl gar nicht, und sind wo eingekehrt.“ Da sprachs „hei, Grethel, sei guter Dinge, das eine ist doch angegriffen, nimm noch einen frischen Trunk, und iss es vollends auf, wenns all ist, hast du Ruhe: Warum soll die gute Gottesgabe umkommen?“ 
    Also lief es noch einmal in den Keller, tat einen ehrbaren Trunk, und aß das eine Huhn in aller Freudigkeit auf. Wie das eine Huhn hinunter war, und der Herr noch immer nicht kam, sah Grethel das andere an, und sprach „Wo das eine ist muss das andere auch sein, die zwei gehören zusammen: Was dem einen Recht ist, das ist dem andern

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