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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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es im Schlossgarten unter einem Baume. Nun hatte der König ein Töchterchen, das war an demselben Tage geboren, wie das Knäbchen, und lief jeden Mittag nach Tische in den Garten, um zu spielen. Da sah es denn jedesmal, wie das arme Kind die geringen Bissen so gierig verschlang und das tat ihm sehr leid, denn es hatte ein gutes Herz. Es holte ihm Brot und Geld und gab ihm seine abgetragenen Kleidchen, brachte auch Spielsachen mit und die beiden Kinder spielten ganze Tage miteinander. So wuchsen sie auf und wurden größer, da nahm das Knäbchen im Schlosse Dienst und wurde als Hirte über das Federvieh gesetzt. Sie sahen sich jeden Tag vor wie nach und je länger es dauerte, um so mehr erkannten sie, dass sie eins ohne das andre nicht leben könnten.
    Ein paar Jahre später kam ein mächtiger Königssohn zum Besuch an den Hof des Königs, dem gefiel die Prinzessin so gut, dass er sogleich um ihre Hand anhielt. Der König, welcher seine Tochter sehr liebte, sprach: „Ich gebe gern mein Jawort, wenn es ihr recht ist.“ Als der Königssohn aber der Prinzessin von seiner Liebe sprechen wollte, wies sie ihn ab und sprach: „Spart euch die Mühe, mein Herz gehört dem Gänsehirten an unserm Hofe und keinem andern; wenn ich den nicht bekomme, will ich nie heiraten.“ Darüber war der Prinz höchlich entrüstet, ging zum König und sagte es ihm wieder. Der König erzürnte sehr, als er das hörte und sprach: „Dem wollen wir bald abhelfen;“ ließ sofort den Hirten rufen und sagte: „Bereite dich zum Tode, morgen wirst du lebendig verbrannt, weil du dich vermessen hast, die Prinzessin zu lieben.“
    Das war an einem Morgen, gerade als der Hirte sein Federvieh austreiben wollte. Er nahm seinen Hirtenstab und ging so recht von Herzen betrübt hinter seinen Gänsen, Enten und Hinkeln daher der Weide zu; da setzte er sich hin und weinte bitterlich, dass er die Prinzessin und sein junges Leben so bald verlieren sollte. Da stand plötzlich ein Greis neben ihm der fragte ihn, was ihm fehle. Als der Jüngling ihm sein Leid geklagt hatte, sprach der Greis: „Gehe getrost in das Feuer, es wird dir nichts anhaben können, denn Gott kennt deine Unschuld und schützet dich.“ Da ging dem armen Jüngling das Herz auf, er fasste frischen Mut und zog Abends heitern Sinnes dem Schlosse zu. Da stand der Scheiterhaufen schon aufgerichtet und mittendrin der Pfahl, an welchen er gebunden werden sollte; die Prinzessin stand aber am Fenster und schaute mit weinenden Augen auf das Holz hin. Da rief ihr der Jüngling hinauf und schwenkte seine Mütze: „lass deinen Kummer fahren und vertraue auf Gott, der wird uns helfen.“ Als sie sah, wie er so fröhlich war und gar keine Sterbensfurcht hatte, da kam auch über sie eine große Ruhe, warum das wusste sie nicht, aber sie konnte gar keine Angst mehr haben.
    Am folgenden Morgen kamen die Henkersknechte zu dem Jüngling, um ihn zu binden, da sprach er: „Nehmt eure Stricke wieder mit, ich gehe gern in das Feuer“ und er kletterte auf den Scheiterhaufen hinauf und stellte sich an den Pfahl. Da schlugen die Flammen bald hoch empor und die Leute, welche umherstanden, hatten rechtes Mitleid mit dem Jüngling und sprachen: „Ach was muss dieß für ein harter Tod sein!“ Er stand aber mitten in den Flammen und sang mit heller Stimme und das Feuer versengte ihm nicht ein Haar. Als sich die Flammen nach und nach legten und nur die roten Kohlen noch glühten, da staunte das ganze Volk, als es den Jüngling mit seinen frischen roten Backen lachenden Mundes in der Gluth stehen sah, wie er seine Mütze gegen das Schloss zu schwenkte. Da stand die Prinzessin nämlich, die winkte ihm mit ihrem Tuch und jetzt hatten sich die Beiden noch viel lieber als zuvor. Da frohlockten die Leute und sprachen: „Das hat der liebe Gott um ihrer großen Treue willen getan.“ Der König frohlockte aber nicht, sondern befahl, den Jüngling als einen Zauberer in das Gefängnis zu werfen und alsbald ein ungeheures Haus von Stein zu bauen mit einem eisernen Tor; das ließ er mit Buchenreisig und Eichenholz füllen. Darin sollte der Jüngling verbrannt werden.
    Als die Henkersknechte kamen, ihn zu binden, sprach er: „lasst mich frei gehn, ich entlaufe euch nicht.“ Er ging frohen Mutes in das Haus, dessen eiserne Thür alsbald verschlossen wurde, nachdem das Holz angezündet war. Das Volk hatte jetzt erst rechtes Mitleid mit dem Jüngling und murrte laut gegen den grausamen König, als die Flammen ihre roten Zungen

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