Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
höhnische Antwort gegeben, dass er noch um ein Pfund zu leicht und um ein Pfund zu jung wäre, weil dazumal Portugal und Engeland einander nicht grün waren; und der Prinz wusste auch selbst, dass er freilich noch etwas flatterhaft und ziemlich jung an Jahren, aber durchaus nicht unansehnlich von Gestalt war.
Nun paßt aber das alte Lied, dass kein Feuer auf der Welt so heiß brennt als heimliche Liebe, von der Niemand nichts weiß, auch auf die Leute in Portugal, und darum fand der Prinz von Engeland bei der Prinzessin von Portugal Gehör, als sie einmal wieder beisammen waren und er ihr sagte: hier in Portugal könnten sie einander doch niemals ganz angehören, sie möge mit ihm nach Engeland entfliehen, dort wolle er sie heiraten und von der Maurerprofession ernähren, die er eigentlich gelernt habe. Die Prinzessin aber steckte vor der Reise ihr Taschengeld zu sich und meinte, dass sie davon in Engeland mit dem Maurer wol würde leben können.
Allein wie sie auf die hohe See kamen, ließ sich der Königssohn das Geld geben und warf damit zum Spaß nach den Seejungfrauen, damit die Prinzessin von Portugal ihr Geld los würde. Da war sie ganz arm, und wie sie in Engeland ans Land stiegen, sagte er ihr, sie müssten sich einschränken, weil ihr Geld all sei. Sie hat nun nichts mehr als ihre kostbaren Kleider, und im Wirtshause muss ihr in der Nacht der Wirt auch die Staatskleider wegnehmen. Nun heißt es, sie ist über Nacht bestohlen, und sie muss sich noch bedanken, als ihr der Wirt einen alten Weiberrock gibt, den sie anziehen kann. Im nächsten Dorfe müssen sie schon betteln gehen. Der Prinz, den seine Bedienung erwartet hat, sowie sie ans Land gestiegen sind, und jedes heimlichen Winkes von ihm gewärtig gewesen ist, ohne dass die Prinzessin es merkte, hat vorher den Leuten immer Bescheid sagen lassen, dass ihr Niemand etwas geben soll. Kommt sie dann wieder aus einem Hause heraus, ohne etwas zu haben, so hat er sie stets barsch behandelt. Kaum erhält sie so viel, dass sie mit dem Prinzen nach London gelangt; da miethet er ihr eine Stube, er aber geht auf das Schloss und sagt: das Schloss würde jetzt gar schön ausgebaut, da wolle er Schlossmaurer werden. Ihr kauft er ein Spinnrad und sie muss Heede spinnen, das will aber auch nicht gehen, weil ihre Hände zu zart sind, und deshalb soll sie Marketenderin werden. Also steht sie auf dem Exercirplatze mit Speisen und Getränken aus. Das Militär, dem ist Bescheid gesagt: nachdem es bei ihr gegessen und getrunken hat, gibt es seinen Pferden die Sporen, jagt davon und von Bezahlung ist gar keine Rede. Da reitet ihr Schatz in Generalsuniform auf sie zu und lässt sich einen Trunk geben; sie kennt ihn nicht, und weil sie so traurig aussieht, fragt er sie, was ihr fehle. Sie antwortet, sie habe einen Bräutigam, der sie gar zu schlecht behandle, und so und so sei es ihr mit dem Militär ergangen. Sie glaubt schon, der General werde ihr das Geld ersetzen, da jagt der auch davon und lässt sie stehen. Den Abend aber kommt er als Maurer zu ihr und fragt: ob sie viel verdient habe. Sie antwortet: nein, das Militär habe Alles umsonst hingenommen. Da wird der Bräutigam zornig und beruhigt sich kaum so weit, dass er sie nicht bei den Haaren ergreift und prügelt. Endlich sagt er: da sie als Marketenderin nicht zu brauchen sei, so wolle er etwas Anderes mit ihr versuchen; sie solle auf dem Markte mit Geschirr ausstehen. Da steht die Prinzessin von Portugal am andern Tage mit Geschirr aus, und hat nichts als Teller und Töpfe um sich herumgelegt auf dem Boden. Nun muss aber alles Militär durch das Geschirr reiten, dass es in tausend Stücken zerspringt. Da kommt ihr Schatz wieder als General und fragt sie, was ihr geschehen wäre, dass sie so traurig aussähe. Da erzählt sie ihm wieder, wie das Militär an ihr gehandelt hat, und bittet ihn, dass er ihr bezahlen soll, was er selbst am Tage zuvor ihr schuldig geblieben; er aber lacht nur, wendet sein Pferd um und jagt davon. Es graut ihr ordentlich Abends nach Hause zu gehen. Der Maurer kommt auch richtig, tut gewaltig böse und sagt endlich: jetzt wolle er die letzte Probe mit ihr machen, wenn sie die nicht bestände, so könne er sie gar nicht heiraten. Auf dem Schlosse sei groß Galla, da solle sie als Aufwäscherin zugegen sein, sie solle dann drei silberne Löffel in ihre Tasche stecken, die sie unterbinden möge. Sie will sich dazu durchaus nicht verstehen, bindet aber doch aus Furcht die Tasche um und steckt
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