Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
erste wieder an und rief „was hilft ihm das! Wenn sie ans Land kommen, wird ihm ein fuchsrotes Pferd entgegenspringen: Da wird er sich aufschwingen wollen, und tut er das, so sprengt es mit ihm fort und in die Luft hinein, dass er nimmer mehr seine Jungfrau wieder sieht.“ Sprach die zweite „ist gar keine Rettung?“ „O ja, wenn ein anderer schnell aufsitzt, das Feuergewehr, das in den Halftern stecken muss, heraus nimmt und das Pferd damit tot schießt, so ist der junge König gerettet. Aber wer weiß das! Wnd wers weiß und sagts ihm, der wird zu Stein von den Fußzehen bis zum Knie.“ Da sprach die zweite „ich weiß noch mehr, wenn das Pferd auch getötet wird, so behält der junge König doch nicht seine Braut: Wenn sie zusammen ins Schloss kommen, so liegt dort ein gemachtes Brauthemd in einer Schüssel, und sieht aus als wärs von Gold und Silber gewebt, ist aber nichts als Schwefel und Pech: Wenn ers antut, verbrennt es ihn bis aufs Mark und Knochen.“ Sprach die dritte „ist da gar keine Rettung?“ „O ja“ antwortete die zweite, „wenn einer mit Handschuhen das Hemd packt und wirft es ins Feuer, dass es verbrennt, so ist der junge König gerettet. Aber was hilfts! Wers weiß und es ihm sagt, der wird halbes Leibes Stein vom Knie bis zum Herzen.“ Da sprach die dritte „ich weiß noch mehr, wird das Brauthemd auch verbrannt, so hat der junge König seine Braut doch noch nicht: Wenn nach der Hochzeit der Tanz anhebt, und die junge Königin tanzt, wird sie plötzlich erbleichen und wie tot hinfallen: Und hebt sie nicht einer auf und zieht aus ihrer rechten Brust drei Tropfen Blut und speit sie wieder aus, so stirbt sie. Aber verrät das einer, der es weiß, so wird er ganzes Leibes zu Stein vom Wirbel bis zur Fußzehe.“ Als die Raben das mit einander gesprochen hatten, flogen sie weiter, und der getreue Johannes hatte alles wohl verstanden, aber von der Zeit an war er still und traurig; denn verschwieg er seinem Herrn, was er gehört hatte, so war dieser unglücklich: Entdeckte er es ihm, so musste er selbst sein Leben hingeben. Endlich aber sprach er bei sich „meinen Herrn will ich retten, und sollt ich selbst darüber zu Grunde gehen.“
Als sie nun ans Land kamen, da geschah es, wie die Rabe vorher gesagt hatte, und es sprengte ein prächtiger fuchsroter Gaul daher. „Wohlan“, sprach der König, „der soll mich in mein Schloss tragen“, und wollte sich aufsetzen, doch der treue Johannes kam ihm zuvor, schwang sich schnell darauf, zog das Gewehr aus den Halftern und schoss den Gaul nieder. Da riefen die andern Diener des Königs, die dem treuen Johannes doch nicht gut waren, „wie schändlich, das schöne Tier zu töten, das den König in sein Schloss tragen sollte!“ Aber der König sprach „schweigt und lasst ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes, wer weiß. wozu das gut ist!“ Nun gingen sie ins Schloss, und da stand im Saal eine Schüssel, und das gemachte Brauthemd lag darin und sah aus nicht anders als wäre es von Gold und Silber. Der junge König ging darauf zu und wollte es ergreifen, aber der treue Johannes schob ihn weg, packte es mit Handschuhen an, trug es schnell ins Feuer und ließ es verbrennen. Die anderen Diener fingen wieder an zu murren und sagten „seht, nun verbrennt er gar des Königs Brauthemd.“ Aber der junge König sprach „wer weiß, wozu es gut ist, lasst ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes.“
Nun ward die Hochzeit gefeiert: Der Tanz hub an, und die Braut trat auch hinein, da hatte der treue Johannes Acht und schaute ihr ins Antlitz; auf einmal erbleichte sie und fiel wie tot zur Erde. Da sprang er eilends hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Alsbald atmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen, und wusste nicht, warum es der getreue Johannes getan hatte, ward zornig darüber, und rief „werft ihn ins Gefängnis.“
Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurteilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er „jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?“ „Ja“, antwortete der König, „es soll dir vergönnt sein.“ Da sprach der treue Johannes „Ich bin mit Unrecht verurteilt und bin dir immer treu gewesen“ und erzählte, wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben
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