Das grosse Muminbuch
hatte.
Doch der Hemul merkte es nicht. Er war nur damit beschäftigt, über seinen verlorenen Traum zu trauern: dass er keine Lust mehr hatte, eine Puppenstube zu bauen.
Nun erblickte er zwischen den Bäumen die Mauer. Hier und da war sie zwar eingestürzt, sie war aber immer noch sehr hoch. Die Gittertür war rostig, das Schloss ließ sich nur schwer öffnen.
Der Hemul ging hinein und Schloss die Tür hinter sich ab. Plötzlich hatte er die Puppenstube vergessen. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er eine Tür, die ihm gehörte, aufgemacht und wieder hinter sich geschlossen hatte. Er war zu Hause. Er wohnte nicht bei einem anderen.
Langsam zogen die Regenwolken ab; die Sonne kam hervor. Um ihn herum dampfte und glitzerte der nasse Garten. Er war grün und sorglos. Seit langer Zeit hatte ihn niemand beschnitten oder gerodet.
Die Bäume bogen ihre Äste bis auf die Erde hinab, und die Büsche kletterten verwegen und übermütig an den Bäumen hinauf. Kreuz und quer durch das Grün schlängelten sich die kleinen Bäche, die die Großmutter angelegt hatte. Sie kümmerten sich nicht mehr um die Bewässerung, sie kümmerten sich um sich selbst. Aber viele von den kleinen Brücken waren noch da, doch die Wege waren längst verschwunden.
Der Hemul stürzte sich in die grüne freundliche Stille, er sprang hinein, er rollte sich in sie hinein und fühlte sich jünger, als er es je gewesen war.
«Oh, ist das schön, endlich pensioniert zu sein und alt! Oh, wie liebe ich meine Verwandten! Und nun brauche ich nicht einmal mehr an sie zu denken», seufzte er.
Er watete durch das hohe glitzernde Gras, er umarmte die Bäume, und zuletzt schlief er mitten in dem Park auf einer Lichtung in der Sonne ein. Hier hatte Großmutters Haus gestanden. Aber jetzt war die Zeit der großen festlichen Feuerwerke zu Ende. Hier wuchsen jetzt junge Bäume, und genau in Großmutters Schlafzimmer stand ein riesiger Rosenbusch mit tausend roten Hagebutten.
Die Nacht kam mit vielen großen Sternen, und der Hemul liebte noch immer seinen Park. Er war groß und geheimnisvoll, man konnte sich darin verirren, aber das machte nichts. Er war ja überall zu Hause.
Er wanderte weiter und weiter. Er fand den alten Obstgarten, in dem Äpfel und Birnen auf der Erde lagen, und einen Augenblick lang dachte er: Wie schade. Nicht einmal die Hälfte kann man aufessen! Man sollte...
Und schon hatte er vergessen, was er gedacht hatte. So verzaubert war er durch das Schweigen und die Einsamkeit.
Er besaß den Mondschein zwischen den Stämmen, er verliebte sich in die schönsten Bäume, er flocht Kränze aus Blättern und legte sie sich um den Hals, und in der ersten Nacht brachte er es kaum übers Herz zu schlafen.
Am Morgen läutete die alte Glocke, die noch an der Gitterpforte hing. Der Hemul wurde unruhig. Da draußen war jemand, der herein wollte, etwas von ihm wollte!
Er kroch vorsichtig unter den Büschen an der Mauer entlang und verhielt sich mäuschenstill. Die Glocke läutete wieder. Der Hemul reckte den Hals und erblickte einen winzig kleinen Homsa, der vor der Tür stand und wartete.
«Verschwinde», schrie der Hemul ängstlich. «Dies ist Privatbesitz! Hier wohne ich!»
«Ich weiß», antwortete der kleine Homsa. «Die Hemule haben mich hergeschickt mit dem Mittagessen für dich.»
«Oh, ach so, das ist ja nett von ihnen», sagte der Hemul nun friedlicher. Er schloss die Pforte auf und nahm den Korb durch den Türspalt entgegen. Dann schloss er sie wieder. Der Homsa blieb stehen und schaute. Ein Weilchen blieb es still.
«Und wie geht es sonst», fragte der Hemul ungeduldig. Er stand da, stampfte von einem Bein aufs andere und sehnte sich wieder hinein in den Park.
«Schlecht», antwortete der Homsa. «Uns geht es allen schlecht. Uns Kleinen. Wir haben doch keinen Jahrmarkt mehr. Wir sind nur traurig!»
«Oh», sagte der Hemul und starrte die Erde an. Er wollte sich nicht zwingen lassen, an etwas Trauriges zu denken, aber er war so daran gewöhnt zuzuhören, dass er nicht weggehen konnte.
«Du bist gewiss auch traurig darüber», sagte der Homsa mitleidig. «Du hast ja immer die Eintrittskarten geknipst. Und wenn man sehr klein, zerlumpt und schmutzig war, dann hast du in die Luft geknipst. Dann hast du uns zwei- oder dreimal mit derselben Karte hineingelassen!»
«Das habe ich nur getan, weil ich schlecht sehe», erklärte der Hemul. «Willst du jetzt nicht nach Hause gehen?»
Der Homsa nickte, blieb aber
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