Das grosse Muminbuch
die ganze Welt schläft. Nachts reisen ist schöner als alles andere in der Welt.
Da hast du sicher recht, antwortete die Mutter. Am Tage macht man nur einen Ausflug, aber reisen tut man des Nachts.
Nach all dem Packen war sie ziemlich müde, und sie war besorgt, ob sie vielleicht etwas Wichtiges vergessen hatte. Das Gepäck sah groß aus, wie es da auf dem Badesteg lag, aber sie wusste, wie wenig es sein würde, wenn sie auspackte.
Eine Familie braucht so schrecklich viel, um nur einen einzigen Tag richtig erleben zu können! Doch jetzt war natürlich alles anders. Jetzt war es richtig, dass sie von vorn anfingen, und dass der Vater alles Nötige besorgte, und alles für sie tat und sie beschützte. Es war ihnen bisher wahrscheinlich zu gut gegangen. Wie merkwürdig, dass man melancholisch und böse werden kann, wenn es einem zu gut geht. Aber wenn es eben so ist, dann ist es eben so. Und dann ist es wohl am besten woanders neu anzufangen.
Glaubst du nicht, dass es jetzt dunkel genug ist, sagte sie. Deine Lampe sieht richtig schön aus gegen den Himmel. Vielleicht könnten wir jetzt losfahren.
Wart ein wenig. Ich will mich nur darauf einstellen, sagte der Vater. Er rollte die Karte im Sand aus und betrachtete die einsame Insel, die mitten im Meer draußen eingezeichnet war; er war sehr ernst. Schnupperte lange in den Wind und versuchte, seinen Ortssinn einzustellen, den er seit langem nicht benutzt hatte. Seine Ahnen waren nie besorgt gewesen, dass sie sich nicht zurechtfinden könnten, es ging von ganz allein. Aber mit der Zeit wird Instinkt stumpf. Leider.
Nach einer Weile spürte der Vater, dass er genau eingestellt war. Die Richtung war klar, sie konnten segeln. Er rückte den Hut zurecht und sagte, jetzt fahren wir. Aber du darfst nichts tragen. Alles, was schwer ist, nehmen wir. Du kletterst nur an Bord, hörst du.
Die Mutter nickte und stand auf. Jetzt war das Meer violett und der Waldsaum nur noch ein weiches Dunkel. Sie war sehr müde und fand plötzlich, alles sei ein wenig unwirklich, wie mit der fantastischen Beleuchtung des Traumes, mit seiner Langsamkeit, man watete in schwerem Sand und kam nicht vorwärts.
Jetzt verstauten sie draußen am Bootssteg das Gepäck an Bord. Das Sturmlicht schwankte hin und her, die Silhouette der Brücke und des Badehäuschens sah am Abendhimmel wie ein langer gezackter Drache aus.
Sie hörte die Kleine My lachen und hinter sich das Rufen der Nachtvögel, die im Wald aufgewacht waren.
Schön ist es, sagte die Mutter zu sich. Schön und merkwürdig. Jetzt, da ich ein wenig Zeit habe, nachzufühlen und zu begreifen, ist es eigentlich wunderbar. Ich möchte wissen, ob er verletzt wäre, wenn ich im Boot ein bisschen schlafe.
Die Morra schlich nach Sonnenuntergang in den Garten hinab, doch heute brannte in der Veranda keine Lampe. Die Gardinen waren abgenommen, und die Wassertonne umgestülpt. Der Schlüssel hing an seinem Haken neben der Tür.
Die Morra war an verlassene Häuser gewöhnt, sie erkannte sofort, dass man hier lange kein Licht anzünden würde. Langsam schlich sie zurück über den Hang und den Berg hinauf Die Glaskugel spiegelte die Morra eine Weile, dann füllte sie sich wieder mit ihrer blauen Unwirklichkeit.
Dort wo die Morra auftauchte, zitterten die Blätter, zwischen den Ästen flatterte Erschrecken, kleine glänzende Augen verlöschten überall. Auch daran war die Morra gewöhnt. Ohne weiteren Aufenthalt stieg sie den südlichen Bergkamm hinan und schaute über das Meer, das nächtlich zu dunkeln begann.
Die Sturmlaterne an der Mastspitze des Abenteuers war deutlich zu sehen, ein einsamer Stern, der an den letzten Inseln vorbeiglitt und unaufhaltsam weiterfuhr.
Die Morra guckte dem Schiff lange nach, sie hatte nie Eile. Ihre Zeit war unendlich, langsam und unbestimmt, und sie wurde aufgeteilt durch die brennenden Lichter, die man anzündete, wenn der Herbst nahe war, seltene und zufällige Lichter.
Nun glitt sie in die Schlucht, hinab an den Strand. Ihre Spuren im Sande waren breit und verwischt, als habe sich ein großer Seehund ins Wasser geschleppt. Die Wellen sanken ins Meer zurück, blieben unschlüssig dort. An den dunklen Rocksäumen der Morra war das Wasser blank und unbewegt, und dann gefror es.
Sie wartete lange, während der Schneenebel um sie zunahm. Zuweilen hob sie vorsichtig die Füße, das Eis knirschte, es wurde dicker, immer dicker. Die Morra baute sich eine kleine Insel aus Eis, damit sie das brennende
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