Das grosse Muminbuch
angeschaut. Dann konnte sie es nicht lassen, sie kam so nahe wie möglich heran und alles verlöschte. Es war immer dasselbe. Alles, was sie anrührte, erlosch.
Mumintroll stellte sich vor, dass er die Morra war. Er schlurfte langsam und geduckt durch Haufen von totem Laub, er stand still und wartete, während er um sich herum Nebel verbreitete. Er seufzte und starrte sehnsüchtig zum Fenster hin. Er war der Einsamste in der ganzen Welt.
Aber ohne Lampe schien ihm das nicht überzeugend. Stattdessen durchflogen ihn plötzlich kleine fröhliche Gedanken, Gedanken an Inseln im Meer und an große Veränderungen. Er vergaß die Morra und begann, zwischen den morgendlichen Schatten zu balancieren. Man durfte nur auf dem Sonnenschein entlangklettern, alles andere war das abgrundtiefe Meer. Wenn man nicht schwimmen konnte.
Im Holzschuppen pfiff es. Mumintroll schaute hinein. Die Morgensonne glänzte in den Hobelspänen am Fenster, es roch nach Leinöl und Harz. Der Vater war dabei, in die Leuchtturmwand eine kleine eichene Tür einzupassen.
Sieh mal diese Eisenkrampen, sagte er. Sie sind in die Klippen eingeschlagen, da klettert man zum Leuchtturm hinauf. Bei schlechtem Wetter muss man ordentlich aufpassen. Sieh mal, das Boot gleitet auf einem Wellenkamm auf die Klippen zu - man springt hinüber, klammert sich fest, läuft hinauf- währenddessen stößt das Boot wieder ab - wenn die nächste Welle kommt, ist man in Sicherheit. Man kämpft sich durch den Wind, hier, siehst du, am Geländer entlang - man stößt die Tür auf, sie ist schwer. So, jetzt fällt sie wieder zu. Man ist im Leuchtturm drinnen. Man hört durch die dicken Mauern das Meer nur aus der Entfernung. Dort unten braust es, rundherum, und das Boot ist schon weit weg.
Sind wir auch mit drinnen, fragte Mumintroll.
Natürlich, sagte der Vater. Ihr seid hier oben im Turm.
Sieh mal, jedes einzelne Fenster ist aus richtigem Glas. Ganz oben ist das eigentliche Leuchtfenster, es ist rot und grün und weiß und blitzt in gleichmäßigen Abständen die ganze Nacht durch auf, damit die Boote die Richtung wissen.
Machst du auch ein richtiges Leuchtfeuer, fragte Mumintroll. Man könnte unten Batterien anbringen und vielleicht irgend etwas erfinden, damit es aufblitzt.
Das lässt sich sicher machen, sagte der Vater und schnitzte eine kleine Treppe vor die Tür des Leuchtturms. Aber jetzt habe ich keine Zeit dazu. Das hier ist ja auch nur ein Spielzeug, eine Art Übung, weißt du. Der Vater lachte verlegen und fing an, im Werkzeugkasten herumzukramen.
Fein, sagte Mumintroll. Hej, bis dann!
Hej, hej, sagte der Vater.
Jetzt waren die Schatten kürzer. Ein neuer Tag war angebrochen, ebenso warm und genauso schön. Die Mutter saß auf der Treppe und tat nichts. Das sah merkwürdig aus.
Wie früh heute alle auf sind, sagte Mumintroll. Er setzte sich neben sie. Weißt du, dass es auf Vaters Insel einen Leuchtturm gibt, sagte er. Natürlich weiß ich das, antwortete die Mutter. Er hat den ganzen Sommer darüber geredet. Und in dem Leuchtturm werden wir wohnen.
Es gab so viel zu besprechen, dass kein Wort fiel. Die Treppe war warm. Alles stimmte. Das fühlte man. Eben jetzt pfiff Vater den Seeadlerwalzer, den konnte er gut.
Ich glaube, ich gehe Kaffee kochen, sagte die Mutter, ich wollte hier nur ein bisschen sitzen und ein bisschen überdenken ...
Der Leuchtturm
An jenem großen, wichtigen Abend drehte sich der Wind allmählich nach Osten. Er war gleich nach 12 Uhr aufgekommen, doch die Abfahrt war auf Sonnenuntergang festgelegt worden. Das Meer war warm und tiefblau, genauso blau wie die Glaskugel. Die ganze Landungsbrücke war mit Sachen bepackt, bis ans Badehäuschen hinaus, wo das Boot hin- und herschaukelte. Das Segel war gehisst, und an der Mastspitze brannte eine Sturmlaterne. Mumintroll war damit beschäftigt, den Fischkasten und die Rennlatten über das Hochwasserzeichen zu ziehen. Am Strand war es bereits ein wenig dämmerig.
Natürlich riskieren wir, dass es zur Nacht abflaut, sagte der Vater. Aber in diesem Falle müssen wir auf den Sonnenuntergang warten. Eine große Abfahrt ist genauso wichtig wie die ersten Zeilen eines Buches, sie bestimmen alles.
Er setzte sich neben die Mutter in den Sand. Schau das Boot an, DAS ABENTEUER, sagte er. Ein Boot in der Nacht ist etwas Wunderbares. So soll man ein neues Leben anfangen, mit einem brennenden Sturmlicht an der Mastspitze, im Dunkeln hinter einem verschwindet der Küstenstrich,
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