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Das grosse Muminbuch

Das grosse Muminbuch

Titel: Das grosse Muminbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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eine neue malen. Die Biene konnte schlimm­stenfalls übermalt und ein Vogel werden.
    Ähnlich, sagte der Vater. Alle Blumen sind wiederzuerkennen. Das dort ist eine Rose.
    Nein, sagte die Mutter beleidigt. Das ist eine Päonie. Die roten, die vor der Tür wuchsen.
    Darf ich einen Igel malen, fragte die Kleine My.
    Doch die Mutter schüttelte den Kopf, nein, das ist meine Wand. Aber ich kann dir einen Igel malen, wenn du artig bist.
    Beim Mittagessen ging es sehr fröhlich zu.
    Leih mir bitte ein bisschen von dem roten Mennige, sagte der Vater. Ich werde das Niedrigwasserzeichen auf dem Leuchtturmberg ein­zeichnen, bevor das Wasser wieder steigt, und den Wasserstand ernst­lich kontrollieren. Wisst ihr, ich möchte herausfinden, ob das Meer ein System hat oder ob es sich benimmt, wie es will ... das ist wichtig.
    Hast du viel Material zusammenbekommen, fragte die Mutter.
    Massenweise. Aber ich brauche mindestens noch einmal soviel, be­vor ich mit meiner Abhandlung anfangen kann. Der Vater beugte sich plötzlich vertrauensvoll über den Tisch: Ich möchte wissen, ob das Meer tatsächlich bösartig ist, oder ob es nur zu gehorchen hat.
    Wem denn? fragte Mumintroll und sperrte die Augen auf.
    Doch der Vater vertiefte sich in seine Suppe.
    Irgendwem, irgendwas, irgendwelchen Gesetzen, sagte er.
    Er bekam ein bisschen rotes Mennige in eine Tasse und zog los, um nach Mittag den Niedrigwasserstand einzuzeichnen.
    Nun war das Espenwäldchen ganz rot, und in der Lichtung lagen die Birkenblätter wie ein gelber Teppich auf dem Boden. Rot und Gelb flogen sie mit dem Südwestwind auf das Meer hinaus.
    Mumintroll hatte sein Lampenglas auf drei Seiten mit Kienruß an­gestrichen, genau wie ein Spitzbube, der etwas im Schilde führt. Er machte einen Umweg um den Leuchtturm, der ihm lange mit seinen leeren Augen nachschaute. Es war wieder Abend, die Insel war aufge­wacht. Er spürte, wie sie sich bewegte, auf den Landzungen kreischten die Seevögel.
    Da ist nichts zu machen, dachte Mumintroll. Vater würde verstehen, wenn er wüsste Aber heute Nacht will ich nicht sehen, wie der Sand davonkriecht. Ich gehe lieber zur östlichen Landzunge.
    Mumintroll setzte sich auf den Berg und wartete mit dem brennen­den Fenster der Sturmlaterne. Die Dunkelheit sank über die Insel, doch keine Morra kam.
    Nur die Kleine My sah ihn. Sie sah auch die Morra. Doch die Morra saß am Sandstrand und wartete.
    My zuckte die Schultern und kroch ins Moos zurück. Sie hatte schon oft jemanden gesehen, der auf den anderen am falschen Ort wartete, einfältig und verzweifelt. Da ist nichts zu machen, es gehört vielleicht dazu.
    Die Nacht war bewölkt. Mumintroll hörte unsichtbare Vögel vor­beiflattern. Im Kolk hinter ihm plätscherte es, und er kehrte sich hastig um. Das Auge der Laterne erleuchtete einen Streifen schwarzes Wasser. Es waren die Seepferde. Sie schwammen dort unten den Bergwänden entlang, vielleicht waren sie jede Nacht hier gewesen, und er hatte es nicht gewusst
    Die Pferdchen kicherten und bespritzten sich mit Wasser, sie warfen ihm unter ihren Stirnfransen Blicke zu. Mumintroll schaute von einem zum anderen, beide hatten die gleichen Augen, die gleichen Blumen am Halse, ihre kleinen unverschämten Köpfe waren ganz gleich. Er wusste nicht, welches von den beiden sein Pferdchen war.
    Bist du es? fragte Mumintroll.
    Die Seepferde schwammen heran und erhoben sich am Ufer des Sees, das Wasser reichte ihnen bis zu den Knien.

    Ich bin es, ich bin es, antworteten beide und kicherten sich halbtot.
    Willst du mich nicht retten? fragte das eine. Liebe, kleine dicke See­gurke, schaust du dir jeden Tag mein Portrait an? Tust du das wirklich?
    Er ist keine Seegurke, sagte das andere vorwurfsvoll. Er ist ein ganz kleiner Eierpilz, der versprochen hat, mich zu retten, wenn es stürmt. Er ist ein kleiner Eierpilz, der für seine Mutter Muscheln sammelt. Ist das nicht reizend? Reizend?
    Mumintrolls Augen wurden heiß.
    Die Mutter hatte das Hufeisen mit Scheuerpulver geputzt. Er wusste, dass eines der Hufeisen viel blanker war als die anderen. Und er wusste, dass sie ihre Hufe nicht aus dem Wasser heben würden, er würde nie zu wissen bekommen, welches sein Pferdchen war.
    Jetzt wateten die Seepferdchen hinaus ins Meer. Er hörte ihr Ge­lächter weiter und weiter entfernt, zum Schluss war es nur noch der Wind, der über das Ufer strich.
    Mumintroll legte sich auf den Fels und schaute in die Luft. Er konnte nicht mehr an das Seepferdchen denken.

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