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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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keuchte er.
    »Da werden sich die Herrschaften freuen«, gab Daniel Defoe in gebrochenem Französisch zurück.
    »Ich werde zum Kurs von vier-sieben abliefern. Mit dem zehnfachen Gewinn sind die Herrschaften zufrieden. Sehr zufrieden. Aber die Spanne von vier-sieben zu fünf-eins gehört mir. Achtundvierzigtausend Livre, das sind fünf Jahreslöhne, Monsieur. Fünf Jahreslöhne in wenigen Minuten.«
    »Und was werden Sie mit Ihrem Gewinn machen?«, fragte Daniel Defoe und beobachtete wieder die Besorgnis erregenden Szenen in der Gasse.
    »Geld fünf-zwei«, brüllte der schmächtige Diener plötzlich so laut, dass sich seine Stimme überschlug. Dann rannte er zurück in die Menge, furchtlos und zu allem entschlossen. Er wollte Millionär werden. Daniel Defoe wandte sich ab und kämpfte sich weiter in Richtung des Gebäudes. Das Eingangsportal war unschwer zu identifizieren. Zwei Dutzend Soldaten waren auf den Stufen postiert und drängten die Menge mit Lanzen zurück, die sie waagrecht auf Brusthöhe hielten. Hinter ihnen standen weitere Soldaten, die jederzeit bereit waren, mit Bajonetten zuzustechen.
    Daniel Defoe versuchte, sich in die vorderste Reihe zu zwängen, doch es war zwecklos. Die Wartenden waren bereits so entnervt, dass sie sehr unwirsch auf jeden reagierten, der sich vorbeidrängen wollte.
    »Daniel Defoe, ich muss zu John Law«, brüllte er zur allgemeinen Erheiterung der Wartenden.
    »Wir wollen alle zu Monsieur Law«, lachte eine junge Frau. Die Bräune ihrer nackten Arme und Beine und die Lumpen, die unter ihrem adretten Rock hervorlugten, verrieten, dass die Dame vor nicht allzu langer Zeit noch auf dem Feld geschuftet hatte.
    »Die englische Krone schickt mich«, brüllte Daniel Defoe. Erneut erntete er großes Gelächter.
    »Selbst wenn Sie der Papst wären«, spottete ein Aristokrat, der sich als Anwalt zu erkennen gab, »hätten Sie hier anzustehen wie jeder andere auch. Vor der Mississippi-Kompanie sind alle Menschen gleich.«
    »Gott segne den König und Monsieur Law!«, schrie jemand. Die wartende Menge applaudierte lautstark. Dann erschien plötzlich Angelini auf den Stufen. Alle schrien durcheinander und gestikulierten wild. Angelini hielt sich bedeckt hinter den Soldaten. Dann flüsterte er dem Gardehauptmann, der das Kommando innehatte, etwas ins Ohr. Der Hauptmanr beugte sich zwischen den Lanzenträgern nach vorne und zeigte auf einen Mann in der Menge. Er wurde durchgelassen. Es war Saint Simon.
    Daniel Defoe brüllte: »Ich bin der Onkel von John Law!« Angelini schien es gehört zu haben. Er schaute suchend in die Menge. Daniel Defoe brüllte erneut: »Ich bin der Onkel von John Law.« Er riss ein Buch aus seiner Mantelinnentasche und warf es in hohem Bogen Angelini zu. Die Soldaten fingen das fliegende Buch geschickt mit ihren Speeren ab. Angelini gab Befehl, ihm das Buch auszuhändigen. Er nahm es in Empfang und ging dann mit Saint Simon ins Gebäude zurück.
    Im Inneren standen mehrere Schweizer Gardisten, vor jeder Tür waren Lakaien und Kammerdiener postiert, Dienstboten huschten in alle Richtungen. Es herrschte ein regelrechter Belagerungszustand. Angelini führte Saint Simon durch das große Wartezimmer ins Vorzimmer und von dort in John Laws Arbeitszimmer. Hier warteten bereits zwei Dutzend Menschen darauf, dass ihnen die Sekretäre die zugesagten Aktienpapiere aushändigten. Sechs Tische waren hintereinander aufgereiht. An jedem saß ein emsig schreibender Sekretär und signierte handschriftlich die vorgedruckten Aktienpapiere und versah sie mit Datum und Dokumentennummer.
    John Law kam Saint Simon mit ausgestreckten Armen entgegen: »Monsieur le Duc de Saint Simon, was kann ich für Sie tun?«
    Saint Simon musterte die Besucher, die angespannt auf die Aushändigung ihrer Aktien warteten.
    John Law verstand sofort und lächelte: »Lassen Sie uns nach nebenan gehen.«
    »Ihr Onkel wartet draußen, Monsieur Law«, sagte Angelini. Er zuckte etwas hilflos mit den Schultern und reichte John Law das Buch, das ihm Daniel Defoe zugeworfen hatte. John Law schlug es auf. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht: »Robinson Crusoe. Von ihm selbst verfasst.«
    »Aber das hat doch ein englischer Journalist geschrieben«, sagte Saint Simon, der sich interessiert vorgebeugt hatte, »es ist im April erschienen und war bereits nach wenigen Wochen ausverkauft.«
    »Er möge hereinkommen, Angelini. Führen Sie ihn in den Gesandtensaal.«
    Dann zog sich John Law mit Saint Simon in einen

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