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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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Nebenraum zurück. Es war eine wunderbare Bibliothek mit faszinierenden Stichen an den Wänden, die Szenen aus der Neuen Welt zeigten - Schiffe, Eingeborene, exotische Pflanzen, geheimnisvolle Tiere, fremdartige Landschaften.
    »Haben Sie es sich nun doch anders überlegt, mein lieber Herzog?«, fragte John Law und legte Saint Simon freundschaftlich die Hand auf die Schulter.
    »Niemals«, flüsterte der Herzog, »hat die Menschheit eine derartige Besessenheit erlebt, niemals habe ich von einem derartigen Irrsinn gehört, Monsieur. Daneben nimmt sich die holländische Tulpenmanie wie ein kleines Scharmützel aus.«
    »Alles braucht seine Zeit, mein lieber Herzog. Im Augenblick hat sich die Situation etwas überhitzt. Aber sie wird wieder abkühlen.«
    »Ja«, sagte Saint Simon mit düsterer Miene, »wer weiß, wo das alles enden wird.«
    »Es wird gelingen, Monsieur«, sagte John Law mit fester Stimme und bat den Herzog, Platz zu nehmen, »weil wir die Geldmenge unter Kontrolle haben und weil wir bald den Beweis erbringen werden, dass die Mississippi-Aktien werthaltig sind.«
    »Werthaltig?«, fragte der Herzog verdutzt. »Schon wieder so ein neues Wort. Brauchen wir täglich neue Worte, um diesen Irrsinn zu erklären? Das macht mir Angst, Monsieur Law, mir scheint, als würde man dem einen das Geld aus der Tasche ziehen, um es dem anderen weiterzureichen. Und wenn das große Spiel zu Ende ist...«
    »Das ist kein Spiel, Monsieur«, versuchte John Law die Bedenken des Herzogs zu zerstreuen, »das ist der Beginn einer neuen Zeit.«
    Angelini betrat leise das Arbeitszimmer und wandte sich an John Law: »Die Charite, Monsieur.«
    John Law nickte: »Hunderttausend.«
    »Und die Kirche St. Roche?«, fragte Angelini.
    »Hunderttausend«, sagte John Law erneut. Angelini zog sich so leise, wie er gekommen war, wieder zurück.
    »Ihre Großzügigkeit macht Sie bereits beliebter als unseren König«, schmunzelte Saint Simon, »man sagt, Sie seien mildtätiger als der liebe Gott.«
    »Ich bin inzwischen der vermögendste Untertan Europas, Monsieur, das verpflichtet.«
    Plötzlich klopfte jemand an die Fensterscheibe. Für einen kurzen Augenblick tauchte ein Kopf auf. Jemand versuchte, sich am Fenstersims hochzuziehen. John stand sofort von seinem Sessel auf und ging zum Fenster. Im Garten hatten sich mehrere Dutzend Leute eingefunden. Jetzt, wo sie den großen John Law hinter dem Fenster sahen, skandierten sie lautstark seinen Namen, verlangten nach Aktien. Als Saint Simon hinzutrat, waren bereits Soldaten in den Garten geeilt und drängten die Menschen wieder hinaus in die voll gestopfte Rue Quincampoix.
    »So geht es jeden Tag«, seufzte John Law, »von morgens bis abends. Alle wollen Aktien.« Er blickte auf: »Außer Ihnen, Monsieur le Duc.«
    »Ich weiß«, sagte Saint Simon, »ich habe mir deswegen schon viele Feinde gemacht. Ich war gestern mit dem Regenten in St. Cloud. In der Orangerie. Er begann wieder mit dieser ewigen Diskussion über Aktien und nannte mich einen selbstgefälligen Menschen, weil ich Aktien ablehnte, die er mir kostenlos anbot. Er sagte, dass viele Menschen mit Rang und Namen sich darum reißen würden, vom König oder vom Regenten ein Geschenk zu erhalten. Und dazu noch ein Geschenk in Form von Mississippi-Aktien. Er nannte mich einen unverschämten Menschen. Unverschämt oder einfältig. Er ließ mir die Wahl. Ich erklärte ihm lang und breit, dass ich nicht teilhaben wollte an diesen Narrheiten, ich sei ein Mann des Intellekts. Geld bedeute mir nicht viel. Der Regent wurde darauf sehr böse und sagte, dass all meine Erklärungen nichts an meiner Unverschämtheit ändern würden, ein Geschenk des Königs abzulehnen.« Saint Simon atmete tief durch.
    John Law versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. Er kannte mittlerweile die gesamte Palette von potenziellen Bittstellern.
    »Nun«, versuchte Saint Simon den wohl schwierigsten Teil seiner Rede einzufädeln, »ich erinnerte den Regenten daran, dass mein verstorbener Vater während der Bürgerkriege achtzehn Monate die Festung gegen die Partei von Monsieur le Prince verteidigt hatte. Ich sagte ihm, dass mein Vater in diesen achtzehn Monaten Kanonen gegossen, Plätze befestigt, fünfhundert Edelleute verpflegt und den Sold der gesamten Truppen bezahlt habe. Nach Beendigung der Bürgerkriege wollte der König meinem Vater die Kosten von fünfhunderttausend Livre zurückerstatten. Aber die Krone hat es nie getan. Also sagte ich dem Regenten, wenn er mir

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