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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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Büchern verwirklichen, nicht in der Realität, nicht mit richtigem Geld.«
    Daniel Defoe lächelte. »Spotten Sie nur. Ein Genie muss Spott erdulden können.«
    »Aber nicht jeder, der Spott erduldet, ist ein Genie«, lächelte John Law zurück.
    »Mr Law, helfen Sie mir doch bitte, Mr Shrewsbury von meinem Projekt zu überzeugen, und ich besorge Ihnen einen Termin beim Minister für schottische Angelegenheiten.«
    Law zog skeptisch die Augenbrauen in die Höhe.
    »Er sucht Schotten, um in Edinburgh einen Ring von geheimen Agenten aufzubauen«, entfuhr es Daniel Defoe. Einige Gäste an den anderen Tischen drehten sich um.
    »Wollen Sie es nicht gleich in der Zeitung publizieren?«, scherzte Shrewsbury und winkte den Zeitungsjungen herbei, der soeben das Kaffeehaus betreten hatte.
    Daniel Defoe wandte sich an John Law. Doch der ließ ihn nicht zu Wort kommen: »Mr Defoe, Sie sollten ein Buch über Ihre unternehmerischen Bankrotte schreiben. Das wäre erstens unterhaltsam und würde zweitens Menschen davon abhalten, Ähnliches zu tun.«
    »Und die Bankiers würden sich nicht reihenweise in die Themse stürzen müssen«, lachte Shrewsbury, während er die Meldungen auf der ersten Seite der »London Gazette« überflog.
    »Einverstanden, meine Herren.Aber dann gewähren Sie mir einen Kredit, um ein solches Werk zu schreiben«, konterte Defoe. Nichts, aber auch gar nichts schien ihn aus dem Konzept bringen zu können. Solange er nüchtern war. Lauthals bestellte er eine Schale Kaffee, bedankte sich bei Shrewsbury für die vermeintliche Einladung und dankte dem Bankier, dass er sein neuestes Werk finanziere. »Ich werde Sie dafür selbstverständlich an den Einnahmen beteiligen.«
    »Das heißt, ich gehe leer aus«, spottete Shrewsbury.
    »Investieren Sie in die Zukunft!«, schrie Defoe enthusiastisch und genoss, dass sich die Leute im »Chapter« erneut nach ihm umdrehten.
    »Jetzt will mir schon wieder jemand die Zukunft verkaufen«, grummelte Shrewsbury.
    »Aber wenn ich es recht bedenke, Mr Defoe, wer will schon die Geschichte eines Menschen lesen, der gescheitert ist?«, fragte John Law.
    »Dann schreibe ich eben nicht meine Geschichte«, erwiderte Defoe, »sondern die abenteuerliche Geschichte eines Matrosen, der sich als einziger Überlebender auf eine einsame Insel retten kann. Und überlebt!«
    Shrewsbury winkte ab: »Die Zeitungen sind voll von solchen Geschichten.«
    »Genau!«, schrie Defoe. »Und warum sind die Zeitungen voll von diesen Geschichten? Weil die Menschen diese Geschichten mögen! Was würde ich tun, wenn ich plötzlich einsam auf einer Insel wäre? Unheimliche Riesenechsen, schwarze Wilde mit grausamen Sitten, Menschenfresser ...?«
    »Und liebestolle Weiber«, grölte jemand am Nachbartisch. Gelächter machte sich breit.
    Doch Mr Defoe stimmte nicht in das Gelächter ein. Er dämpfte seine Stimme: »Ich würde das einsame Leben dieses Menschen so beschreiben, als sei ich selbst dabei gewesen. Als sei ich dabei gewesen, um für eine Zeitung darüber zu berichten. So hat noch niemand geschrieben.«
    Shrewsbury empfahl Defoe, sich doch zu den beschwipsten Dichtern zu setzen, und verschwand hinter seiner Zeitung. Defoe warf Law einen kurzen Blick zu. John Law war verärgert. Jetzt war nicht mehr daran zu denken, Shrewsbury einen Kredit zu entlocken. Daniel Defoe bemerkte Laws Schweigen.
    »Wir sind unserer Zeit voraus. Nicht wahr, Mr Law?«
    John Law schwieg.
    »Ihnen ergeht es wie mir, wenn Sie den Leuten Ihre berühmten Geldtheorien unterbreiten«, murmelte Defoe deprimiert. Er schien allen Enthusiasmus verloren zu haben.
    John Law sah den Schriftsteller versöhnlich an: »Es ist keine Auszeichnung, seiner Zeit voraus zu sein, Mr Defoe. Es ist eher komisch. Und meistens tragisch.«
     

Kapitel VI
    Es war Edward Beau Wilson, der John Law behilflich war, das Geld, das Jean Law ihrem Sohn überwiesen hatte, zur Gänze in Mode zu investieren. Man konnte mit dem Beau kaum ein vernünftiges Gespräch führen, aber über Mode wusste er Bescheid wie kein Zweiter. Er kannte jeden Hutmacher, jeden Knopfmacher, jeden Schneider und jeden Seidenfabrikanten. Edward Wilson nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, dass John Law sich nicht nur ein Paar Schnallenschuhe zulegte, sondern gleich deren zwei, und er belohnte seinen neuen Gefährten für diesen solidarischen Leichtsinn damit, dass er ihn in immer exklusivere Kreise einführte. John revanchierte sich seinerseits, indem er den Beau ab und zu beim Spiel gegen die

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