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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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untersetzt. Wer einmal sein Gesicht mit den hervorquellenden Froschaugen gesehen hatte, vergaß es so schnell nicht mehr. Shrewsbury war stets vorzüglich gekleidet, er trug schwarze Kniehosen, schwarze Seidenstrümpfe und ein stets makellos weißes Halstuch. Ursprünglich hatte er wie John Laws Vater Goldschmied gelernt, dann hatte er begonnen, mit Devisen zu handeln. Heute war er ein reisender Bankier. Kredite vergab er aufgrund von Wahrscheinlichkeitsschätzungen. Er hatte dafür im Laufe der Jahre einen eigenen Algorithmus zur Berechnung von Risiken entwickelt.
    Shrewsbury und John Law trafen sich regelmäßig im »Chapter«, dem Kaffeehaus der Buchhändler und Schriftsteller. Hier konnten auch Kontakte zu Druckereien geknüpft werden, die verlegerisch tätig waren. Im »Chapter« konnte man nicht nur geniale Mathematiker mit unveröffentlichten Manuskripten antreffen, sondern auch Leute wie den umtriebigen Daniel Defoe, der die Idee propagierte, in Zukunft als Auftragsschreiber vermögend zu werden. Die Idee stammte, wie alles, was Daniel Defoe propagierte, nicht von ihm, sondern von den Armenpfarrern, die das »Chapter« aufsuchten und für zwei Shilling Auftragspredigten schrieben. Das »Chapter« war der Marktplatz des geschriebenen Wortes, und Shrewsbury liebte das »Chapter«. Vor allem die hintere Ecke mit dem Fenster zum Hof. Hier traf sich täglich der »Wet Paper Club«, der Verein der »beschwipsten Blätter«, und die Schriftsteller, die ihm angehörten, machten diesem Namen alle Ehre.
    »Ihre Mutter ist sehr besorgt«, begann Shrewsbury an John Law gewandt, »sie glaubt, dass Sie aus Ihren Fehlern in Edinburgh nichts gelernt haben.« Shrewsbury nuckelte an seiner Tonpfeife und steckte dann den Zeigefinger in seine Kaffeeschale, um zu prüfen, ob das heiße Gebräu nun trinkbar war. Dann schaute er John Law eindringlich in die Augen.
    John Law zuckte mit den Schultern: »Ich sagte Ihnen bereits, dass meine Aktivitäten Teil eines Plans sind. Ich verkaufe keine Holz- oder Glaswaren, ich verkaufe eine Idee. Ich baue keine Fabrik, um Holz- oder Glaswaren herzustellen, sondern ich knüpfe ein Netz von Beziehungen, um Kontakt zu potenziellen Käufern meiner Idee zu bekommen.«
    »Kontakt zum König?«, fragte der Bankier.
    John Law nickte. »Und das kostet Geld«, antwortete er trocken.
    »John«, fing Shrewsbury erneut an. Er schien nicht überzeugt. »Wir haben bisher immer gute Geschäfte miteinander gemacht. Ich bin gern bereit, weitere Geschäfte mit Ihnen zu machen. Aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie sich dringend nach neuen Einnahmequellen umsehen sollten.«
    Shrewsbury kramte umständlich einen Brief aus seiner ledernen Schultertasche und übergab ihn John Law. Das Schreiben trug das Siegel von Lauriston Castle. Es war von Johns Mutter an Shrewsbury. Sie wies den Bankier an, ihrem Sohn, John Law, wohnhaft in London, vierhundert Pfund zu übergeben. Shrewsbury setzte darauf ein Dokument auf, das bescheinigte, dass er, Shrewsbury, gegen Vorweisung und Abgabe dieses Dokumentes Metallmünzen im Wert von vierhundert Pfund ausbezahlen würde.
    »Aber rennen Sie mir damit nicht gleich zum nächsten Schneider, John. Mit Ihren Ausgaben könnte man ein ganzes Dorf einkleiden.«
    »Ich habe dem, was ich soeben erläutert habe, nichts mehr beizufügen, Mr Shrewsbury.«
    Shrewsbury schaute John Law skeptisch an. »Mir gefällt Ihre Idee, John, aber Sie wissen, dass noch in diesem Sommer eine englische Bank gegründet werden soll.«
    »Meine Ideen gehen wesentlich weiter, Mr Shrewsbury. Ich werde die Zukunft verkaufen.«
    »Sie scherzen, John?«
    »Nein, Mr Shrewsbury, ich feile noch daran. Aber eines Tages werden die Leute Metallgeld bezahlen für Dinge, die noch gar nicht existieren.«
    »Das wäre eine neue Form der Hochstapelei.« Shrewsbury schien amüsiert.
    »Nein«, entfuhr es John Law, »das ganze Land würde über Nacht mit einer noch nie da gewesenen Liquidität versorgt...«
    »Und Sie meinen, das wird der König verstehen?«, unterbrach ihn Shrewsbury und schmauchte genüsslich an seiner Pfeife. Ein Mann klopfte ihm von hinten auf die Schulter. John erkannt ihn sofort wieder. Es war Daniel Defoe. Er setzte sich mit einem Manuskript neben den Bankier. Seine goldfarbene Allongeperücke hatte jeglichen Glanz verloren.
    »Nicht Sie schon wieder, Defoe. Sie sind schuld, dass so viele Bankiers und Goldschmiede sterben«, lachte Shrewsbury. »Sie sollten Ihre Ideen ausschließlich in Ihren

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