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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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beobachte Sie gern beim Spielen.«
    »Und ich beobachte Sie«, flüsterte Law, als er ihre Hand berührte, »sogar in meinen Träumen...«
    Catherine Knollys lächelte: »Dann sind Sie es tatsächlich, in meinen Träumen. Ich habe zuweilen das Gefühl, dass ...«
    Sie hielt abrupt inne und grüßte ein Paar, das über den Platz zum Blumenmarkt hinüberschlenderte.
    »Was haben Sie zuweilen für ein Gefühl, Mrs Knollys?«
    »Es ist nicht wichtig, Mr Law. Sagten Sie nicht kürzlich am Spieltisch, dass gewisse Dinge einfach geschehen?«
    »Ja«, entgegnete John leise, »es ist auch etwas geschehen, und ich möchte, dass es weiter geschieht.«
    Catherine Knollys nickte kaum merklich mit dem Kopf: »Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Blumen aus der Neuen Welt.«
    Der Fremde scharrte mit seinen Reitstiefeln über den Fußboden des »Rainbow«. Die Holzbohlen des Kaffeehauses in der Fleet Street waren mit Sand bestreut, und unter den verschmutzten Tischen türmte er sich gar zu kleinen Dünen. Überall am Boden standen Spucknäpfe herum. An den Wänden blakten die Lampen entsetzlich. Der Fremde saß vor einer Schale Kaffee und dachte nach. Jetzt, wo der Zeitungsjunge die neuen Flugschriften und Nachrichtenblätter verteilt hatte, war es im »Rainbow« still geworden. Andächtig schmauchten die Londoner an ihren Tonpfeifen und nahmen das Lebenselixier in sich auf, das aus Gerüchten, Skandalen, Spekulationen und haarsträubenden Geschichten bestand. Der Fremde wandte sich an den Mann mit der Lederschürze, der ihm gegenübersaß. Wahrscheinlich ein Weinhändler.
    »Ich suche einen Mann«, begann der Fremde.
    »Aha«, erwiderte der andere, ohne von seiner Zeitung aufzublicken, »in London gibt's viele Männer.«
    »Er ist Anfang zwanzig, groß gewachsen, manche mögen ihn für gut aussehend halten ...«
    Der Weinhändler blickte kurz von seiner Zeitung auf. »Und womit vertreibt er sich seine Zeit? Falls Sie das wissen, kann ich Ihnen vielleicht sagen, wo er seinen Kaffee trinkt.«
    »Er spielt Karten.«
    »Hmm ... ein Kartenspieler. Kartenspiele gibt's überall, unten am Hafen, aber auch in den feinen Salons ...«
    »Er wird wohl in den vornehmen Salons verkehren.«
    Der Weinhändler vertiefte sich wieder in seine Zeitung und murmelte, dass er die feinen Salons nur vom Hörensagen kenne.
    »Er ist noch nicht lange in der Stadt. Vielleicht hat er von sich reden gemacht. Mit Frauengeschichten, Duellen, Kartentricks.«
    »Fragen Sie im >Lincoln's Inn Fields<, da treffen sich die ausländischen Spieler ...«
    »Ich sagte doch: Er spielt wahrscheinlich in den feinen Salons.«
    Der Weinhändler stieß die Zeitung auf den Tisch, spuckte auf den Boden, wobei er den Spucknapf deutlich verfehlte. »Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Fragen Sie jemand anderen!«
    Der Fremde stand auf. Er war groß gewachsen und kräftig. Erst jetzt sah der Weinhändler ihn sich genauer an.
    »Mein Gott, was haben Sie denn mit Ihrem Ohr gemacht?«, rief er ihm hinterher. Aber der Fremde war schon zur Tür hinaus.
     
    Am selben Tag erschien zur Teezeit Edward Beau Wilson in St. Giles. John Law trat dem Gast auf der Außentreppe entgegen. Wilson hatte seine Schwester mitgebracht. Sie war nach der neuesten französischen Mode herausgeputzt. Wie ein stolzer Schwan schwebte sie über den Parkettboden der Etagenwohnung, die John Law zu vermieten gedachte. John mochte die junge Frau nicht. Auf Anhieb nicht. Sie war hochnäsig und arrogant. Mehr nicht. Sie hatte keinen Esprit, keinen Charme. Ja, sie war einfach hübsch wie fast alle jungen Frauen in diesem Alter.
    Zu John Laws Bedauern gefiel ihr die Wohnung. Oder war alles nur eine abgekartete Sache? Wollte Edward Beau Wilson ihn möglicherweise mit seiner Schwester verkuppeln? John Law stieß innerlich einen Seufzer aus. Was sollte er tun? Er brauchte dringend zusätzliche Einnahmen. Zwar galt er mittlerweile als Attraktion in der Stadt und genoss in vielen Salons das Privileg, die lukrative Rolle der Bank zu übernehmen. Doch verdiente er damit nicht genug, um seinen zunehmend aufwändigeren Lebensstil zu finanzieren.
    Ein gutes Paar Schnallenschuhe kostete mittlerweile mehr als ein halbes Jahr Miete. Und wenn er tatsächlich eines Tages beim König seine Thesen vortragen wollte, brauchte er mehr als ein Paar neue Schnallenschuhe.
    Also bekam Wilsons Schwester die Wohnung. Aber sie bekam nicht das Herz von John Law. Das war seit diesem Morgen bereits vergeben.
    Shrewsbury war um die fünfzig Jahre alt und

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