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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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vor diesem Parlament gesprochen habe. Von mir aus können sie mir den Strick um den Hals legen, aber ich werde noch vor diesem Parlament sprechen!«
    »Mr Law, Sie machen mir Angst. So was Unvernünftiges würde ich nicht mal meinen Romanfiguren zumuten. Sie werden nur in diesem Parlament sprechen können, wenn die Union angenommen worden ist. Aber falls dies eintritt und Sie hier sprechen, wird man dem Polizeipräfekten von Edinburgh die Vollstreckung des in London ausgesprochenen Todesurteils abverlangen!Vollstreckt er nicht, ist die Union nichts wert!«
    »Ich weiß, Sir, die Berechnung von Risiken ist mein Geschäft. Täte ich nichts, wäre das Risiko wahrscheinlich größer.«
    »O«, stöhnte Defoe, »Sie schaffen es auch immer wieder, mir drastisch vor Augen zu führen, dass meine Schulbildung ungenügend war. Sie meinen, wer nichts tut, geht ein größeres Risiko ein als derjenige, der überhaupt irgendetwas tut?«
    John Law lächelte und fasste freundschaftlich Defoes Arm.
    »In jeder Risikoberechnung spielt die Zeit eine nicht zu unterschätzende Rolle, mein Freund.«
    »Wie in meinem neuen Roman, Sir«, versuchte Daniel Defoe beflissen das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, »mein Held verbringt die Jahre einsam auf einer Insel, ohne Geld, ohne Freunde ...«
    »O, das ist aber sehr traurig ...«
    »Allerdings, ich muss oft weinen, denn meinem Helden geht es genauso wie seinem Schöpfer ...«
    John Law reichte Daniel Defoe einige Goldmünzen: »Damit Sie weiterschreiben können. Damit der arme Kerl von seiner einsamen Insel gerettet wird.«
    »Ich werde Ihnen persönlich ein signiertes Exemplar überbringen, Sir. Und wenn Sie noch etwas drauflegen, können Sie in einer Stunde sprechen.«
    Daniel Defoe hatte nicht zu viel versprochen. Eine knappe Stunde später, um vier Uhr, am Nachmittag des 28. Juni 1705, erhielt John Law of Lauriston die Gelegenheit, vor dem schottischen Parlament zu sprechen. Und eine knappe Viertelstunde später hatte er die Parlamentarier sogar so weit, dass sie seinen Ausführungen folgten. »Dass Schottland bankrott ist, meine Herren«, rief John Law, während er die aufwändig geschnitzten Holzbänke der Parlamentarier auf und ab schritt, »dass Schottland bankrott ist, ist noch keine bemerkenswerte Einsicht. Dass Schottland kaum noch über Münzgeld verfügt, ist ebenfalls nicht neu. Ohne Münzgeld können wir keine Waren erwerben. Wenn keine Waren mehr erworben werden, müssen wir auch keine mehr produzieren. Produzieren wir keine Waren mehr, brauchen wir keine Arbeiter mehr. Finden die Menschen im eigenen Land keine Arbeit mehr, wandern sie aus. Das ist die Situation, die wir heute in Schottland haben. Schottland ist in tiefste Armut gefallen, während Holland, das kaum über nennenswerte Bodenschätze und Arbeitskräfte verfügt, zum reichsten Land der Erde wurde. Warum? Ich frage Sie, meine Herren, warum?«
    John Law schaute in die ratlosen Gesichter, die sich unter ihren roten, goldenen, schwarzen und weiß gepuderten Perücken verbargen wie prähistorische Jäger unter ihrem Fell.
    »Ich sage Ihnen, warum. Weil in Amsterdam Geld im Überfluss vorhanden ist. Verfügbares Geld, liquides Geld. Und wieso verfügt Holland über derart viel Münzgeld? Hat Holland Gold-und Silberminen? Nein, meine Herren, Holland hat sich von der Vorstellung gelöst, dass Geld aus Metallmünzen bestehen muss.« John Law nahm eine Hand voll Münzen in die Hand und warf sie durch den Saal. »Das ist kein Geld, Gentlemen, das ist lediglich Metall. Metall, dem wir eine Funktion zugeordnet haben. Eine Tauschfunktion. In Holland basiert Geld nicht auf Metall. Das holländische Geld ist nicht mit Metall abgesichert. Das holländische Geld ist auch nicht mit Grund und Boden abgesichert. Deshalb fließt das Geld in Holland in Strömen und ergießt sich wie eine Sintflut über die übrige Welt, während unser spärliches Geld hier nur tröpfelt und rasch versickert.«
    Einige Parlamentarier drückten ihren Unmut aus, andere klopften anerkennend auf die hölzernen Armlehnen. Die vorgetragenen Argumente kannten sie bereits aus Doktor Chamberlens Werk, der hier großes Ansehen genoss.
    »Wie also, meine Herren, können wir Schottland mit neuem Geld versorgen, um den Kreislauf des Geldes und des Handels von neuem zu beleben? Was fehlt dem Handwerker, um mit seinem Geschäft überhaupt starten zu können? Kapital, ein Vorschuss, ein Kredit. Es fehlt ihm das Geld, um Rohstoffe, Materialien und

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