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Das Grosse Spiel

Das Grosse Spiel

Titel: Das Grosse Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Sie lenkten alles. Sie trafen alle Entscheidungen. Nur das Spiel blieb ihm noch, das war alles, alles andere waren sie und ihre Regeln und Pläne und Lektionen und Programme, und alles, was er tun konnte, war, in der Schlacht diesen oder jenen Weg einzuschlagen. Das einzig Echte, das einzig Kostbare war seine Erinnerung an Valentine, den Menschen, der ihn liebte, bevor er je ein Spiel gespielt hatte, der ihn liebte, ganz gleich, ob es einen Krabbler-Krieg gab oder nicht, und sie hatten sie genommen und sie auf ihre Seite geholt. Sie war jetzt eine von ihnen.
    Er haßte sie und all ihre Spiele. Haßte sie so sehr, daß er weinte, während er Vals hohlen, in Auftrag gegebenen Brief erneut las. Die anderen Jungen im Phönixtrupp bemerkten es und schauten weg. Ender Wiggin weinte? Das war beunruhigend. Irgend etwas Schreckliches ging vor sich. Der beste Soldat in der Armee lag auf seiner Koje und weinte? Die Stille im Raum war tief.
    Ender löschte den Brief, wischte ihn aus dem Gedächtnis und tippte dann das Fantasy-Spiel ein. Er war sich nicht sicher, warum er so erpicht war, das Spiel zu spielen, zum Ende der Welt zu gelangen, aber er vergeudete keine Zeit, hinzukommen. Erst als er auf der Wolke ritt, die über die herbstlichen Farben der idyllischen Welt dahinglitt, erst da begriff er, was er am meisten an Vals Brief haßte. Alles, was er sagte, drehte sich um Peter. Darum, wie er keineswegs so war wie Peter. Die Worte, die sie so oft gesagt hatte, wenn sie ihn im Arm hielt, ihn tröstete, wenn er vor Angst und Wut und Abscheu zitterte, nachdem Peter ihn gequält hatte, das war alles, was der Brief gesagt hatte.
    Und das war es, was sie hatten haben wollen. Die Bastarde wußten auch davon, und sie wußten von Peter in dem Spiegel im Burgzimmer, sie wußten von allem, und für sie war Val nur ein weiteres Werkzeug, womit sie ihn kontrollierten, nur ein Streich mehr, den sie ihm spielen konnten. Dink hatte recht, sie waren der Feind, sie liebten nichts und scherten sich um nichts: er würde nicht tun, was sie wollten, er würde verdammt nochmal nicht das Geringste für sie tun. Er hatte nur eine Erinnerung gehabt, die sicher war, eine gute Sache, und diese Bastarde hatten sie mit dem Rest des Dungs in ihn hineingepflügt - und damit war er am Ende, er würde nicht mehr mitspielen.
    Wie immer wartete die Schlange im Turmzimmer, entwirrte sich aus dem Teppich auf dem Boden. Aber diesmal zermalmte Ender sie nicht unter seinem Fuß. Diesmal fing er sie mit den Händen, kniete vor ihr nieder und rührte sanft, ganz sanft das klaffende Maul der Schlange an seine Lippen.
    Er küßte sie.
    Er hatte nicht vorgehabt, das zu tun. Er hatte vorgehabt, die Schlange ihn in den Mund beißen zu lassen. Oder vielleicht hatte er vorgehabt, die Schlange lebend zu essen, wie Peter im Spiegel es getan hatte, mit blutigem Kinn und dem zwischen seinen Lippen baumelnden Schlangenschwanz. Aber statt dessen küßte er sie.
    Und die Schlange in seinen Händen wurde dicker und bog sich in eine andere Form. Eine menschliche Form. Es war Valentine, und sie küßte ihn wieder.
    Die Schlange konnte nicht Valentine sein. Er hatte sie zu oft getötet, als daß sie seine Schwester sein konnte. Peter hatte sie zu oft verschlungen, um zu ertragen, daß sie vielleicht die ganze Zeit über Valentine gewesen war.
    War es dies, was sie geplant hatten, als sie ihn ihren Brief hatten lesen lassen? Es war ihm egal.
    Sie erhob sich vom Boden des Turmzimmers und schritt zu dem Spiegel. Ender ließ seine Figur ebenfalls aufstehen und mit ihr gehen. Sie standen vor dem Spiegel, wo an Stelle von Peters grausamen Spiegelbild ein Drache und ein Eichhorn standen. Ender streckte die Hand aus und berührte den Spiegel; die Wand öffnete sich und enthüllte eine große Treppe abwärts, mit Teppichen belegt und von rufenden, jubelnden Menschenmassen gesäumt. Gemeinsam, Arm in Arm, schritten er und Valentine die Stufen hinunter. Tränen füllten seine Augen, Tränen der Erleichterung, daß er sich endlich aus dem Raum am Ende der Welt befreit hatte. Und wegen der Tränen merkte er nicht, daß jeder Angehörige der Menge Peters Gesicht trug. Er wußte nur, daß Valentine bei ihm sein würde, ganz gleich, wohin er auf dieser Welt auch ginge.
    Valentine las den Brief, den Frau Dr. Lineberry ihr gegeben hatte. »Liebe Valentine«, lautete er. »Wir danken Dir und belobigen Dich hiermit für Deine Bemühungen zugunsten der Kriegsanstrengungen. Hiermit wirst Du davon in Kenntnis

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