Das Grosse Spiel
auf welche Art?«
»Gemein. Einfach nur gemein, das ist alles.«
»Valentine, um Enders willen, verrate mir, was er macht, wenn er gemein ist.«
»Er droht oft damit, Leute zu töten. Er meint es nicht so. Aber als wir klein waren, hatten Ender und ich beide Angst vor ihm. Er sagte uns, er würde uns umbringen. Eigentlich sagte er uns, er würde Ender umbringen.«
»Einiges davon haben wir über den Monitor mitbekommen.«
»Es war wegen des Monitors.«
»Ist das alles? Erzähl mir mehr über Peter.«
Also erzählte sie ihm von den Kindern in den Schulen, die Peter besuchte. Er schlug sie nie, aber er quälte sie trotzdem. Er fand heraus, wessen sie sich am meisten schämten, und sagte es der Person, nach deren Achtung sie sich am meisten sehnten; er fand heraus, was sie am meisten fürchteten, und sorgte dafür, daß sie ihm oft ausgesetzt waren.
»Hat er das auch mit Ender gemacht?«
Valentine schüttelte den Kopf.
»Bist du dir sicher? Hatte Ender keine schwache Stelle? Eine Sache, die er am meisten fürchtete oder derer er sich schämte?«
»Ender tat nie etwas, dessen er sich hätte schämen müssen.«
Und plötzlich, tief in ihrer eigenen Scham, Ender vergessen und verraten zu haben, begann sie zu weinen.
»Warum weinst du jetzt?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht erklären, wie es war, an ihren kleinen Bruder zu denken, der so gut war, den sie so lange beschützt hatte, und sich dann zu erinnern, daß sie nun Peters Verbündete war, Peters Helferin, Peters Sklavin, in einem Plan, der total ihrer Kontrolle entglitten war.
Ender hat sich niemals Peter ergeben, aber ich habe mich geändert, ich bin zu einem Teil von ihm geworden, wie Ender es nie war.
»Ender hat nie nachgegeben«, sagte sie.
»Wem gegenüber.«
»Peter. So zu sein wie Peter.«
Schweigend gingen sie die Ziellinie entlang.
»Wie könnte Ender jemals so wie Peter sein?«
Valentine erschauerte. »Ich habe es Ihnen schon gesagt.«
»Aber Ender hat nie etwas Derartiges getan. Er war einfach bloß ein kleiner Junge.«
»Wir wollten es aber beide. Wir wollten beide - Peter töten.«
»Ah.«
»Nein, das ist nicht wahr. Wir haben es nie gesagt. Ender hat nie gesagt, daß er das tun wolle. Ich habe es bloß - gedacht. Ich war es, nicht Ender. Wir haben nie gesagt, daß wir ihn töten wollten.«
»Was wollte er denn?«
»Er wollte einfach nicht so sein ...«
»Wie sein?«
»Peter quält Eichhörnchen. Er spießt sie ausgespreizt auf dem Boden fest und enthäutet sie bei lebendigem Leibe und sitzt dabei und schaut ihnen zu, wie sie sterben. Das hat er früher getan, jetzt macht er es nicht mehr. Aber er hat's mal gemacht. Wenn Ender das gewußt hätte, wenn Ender ihn gesehen hätte, dann, glaube ich, hätte er ...«
»Hätte er was? Die Eichhörnchen gerettet? Versucht, sie gesundzupflegen?«
»Nein, damals machte man nicht einfach das ... rückgängig, was Peter tat. Man kam ihm nicht in die Quere. Aber Ender wäre nett zu Eichhörnchen. Verstehen Sie? Er würde sie füttern.«
»Aber wenn er sie fütterte, würden sie zahm werden, und vielleicht leichter für Peter zu fangen.«
Valentine begann zu weinen. »Egal, was man tut, es hilft immer Peter. Alles hilft Peter, alles, man kann einfach nicht entkommen, ganz gleich wie.«
»Hilfst du Peter im Augenblick auch?« fragte Graff.
Sie antwortete nicht.
»Ist Peter so ein böser Mensch, Valentine?«
Sie nickte.
»Ist Peter der böseste Mensch auf der Welt?«
»Wie kann er das? Ich weiß nicht. Er ist der böseste Mensch, den ich kenne.«
»Und trotzdem seid ihr, du und Ender, sein Bruder und seine Schwester. Ihr habt die gleichen Gene, dieselben Eltern, wie kann er so böse sein, wenn ...«
Valentine fuhr herum und schrie ihn an, schrie, als wäre er dabei, sie umzubringen: »Ender ist nicht wie Peter! Er ist in keiner Hinsicht wie Peter! Außer, daß er intelligent ist, das ist alles - in jeder anderen Hinsicht, in der ein Mensch vielleicht wie Peter sein könnte, ist er nicht im geringsten, nicht im geringsten so wie Peter! Nicht im geringsten!«
»Verstehe«, sagte Graff.
»Ich weiß, was Sie jetzt denken, Sie Bastard, Sie denken, daß ich mich täusche, daß Ender wie Peter ist. Nun, vielleicht bin ich wie Peter, aber Ender nicht, er ist keineswegs so, das habe ich ihm immer gesagt, wenn er weinte, ich habe ihm das viele Male gesagt: du bist nicht wie Peter, dir macht es nie Freude, Menschen weh zu tun, du bist freundlich und gut und nicht im geringsten
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