Das große Zeitabenteuer
weiter. »Ich verschaffe Ihnen bei Gelegenheit einen schönen Titel. Nun…« Er nickte den Gästen zu, die sich herandrängten. »Meine Damen und Herren, dies ist mein guter Freund, Sir Lafayette.«
»Wollen Sie wirklich mit dem schrecklichen Ungeheuer kämpfen?« fragte eine mollige Blondine in blaßblauer Robe.
Ein hagerer Mann hob einen knochigen Zeigefinger. »Rasch angreifen, den weichen Unterleib treffen und wieder verschwinden. Das ist mein Rat, Sir Lafayette! Kühnheit macht sich stets bezahlt.«
»Schneiden Sie seinen Kopf ab?« wollte eine dunkelhaarige Dame wissen. »Oooh, wie schrecklich! Glauben Sie, daß es viel Blut gibt?«
»Ich würde gern mit Ihnen reiten, mein Junge«, keuchte ein dicklicher Kavalier mit roter Nase und Walroßschnurrbart. »Meine Gicht ist jedoch…«
Lafayette nickte, machte Komplimente und nahm ein Glas vom nächsten Tablett, das vorbeigetragen wurde – nachdem er es verwandelt hatte. Es hatte keinen Zweck, schlechten Schnaps zu trinken. Er kostete das Zeug: Remy-Martin. Der Cognac war ausgezeichnet, und Lafayette kippte drei Gläser nacheinander. Als er beim dritten war, ertönten Fanfaren, und die Gäste wichen nach beiden Seiten zurück, so daß eine Gasse entstand. »Die Prinzessin …«, murmelte jemand hinter O'Leary.
Lafayette sah einige Damen am Eingang und stieß Nicodaeus an. »Welche ist Adoranne?«
»Sie kommt gleich.«
Eine junge Frau betrat den Saal und führte einen Tiger an der Leine. Bei ihrem Anblick wollte Lafayette tief Luft holen; da seine Lippen aber unwillkürlich zu einem anerkennenden Pfeifen gespitzt waren, wurde nur ein Keuchen daraus.
»Was ist los?« flüsterte Nicodaeus.
»Jetzt weiß ich, was atemberaubend heißt«, murmelte Lafayette und starrte die schlanke Gestalt, das hübsche Gesicht und die blonden Haare bewundernd an. »Los, wir gehen.« Er setzte sich in Bewegung.
»Wohin?« Nicodaeus wollte ihn zurückhalten. »Sie müssen warten, bis die Prinzessin Sie zu sich ruft!«
»Das Protokoll ist mir egal. Ich will nur wissen, ob sie aus der Nähe ebensogut aussieht.« Lafayette drängte sich an zwei Herzoginnen vorbei, die eben ihren Hofknicks machten und lächelte der jungen Frau zu, die ihn fragend ansah. »Hallo«, sagte er. »Ich habe gehört, daß Sie hübsch sein sollen, aber das war die Untertreibung des Jahres.«
Ein junger Herkules mit schwarzen Locken und griechischer Nase drängte sich vor, verbeugte sich vor der Prinzessin und warf O'Leary einen warnenden Blick zu. »Verschwinde, Lümmel«, forderte er ihn auf.
O'Leary grinste nur. »Spiel mit deinen Bauklötzen, Kleiner.«
Der andere vertrat ihm den Weg. »Bist du taub, Ochse?« knurrte er.
»Nein, ich bin Lafayette O'Leary, und wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich…«
Der junge Riese stieß ihn mit dem Zeigefinger an. »Verschwinden Sie!« zischte er.
»Halt, keinen Unsinn vor der Prinzessin«, tadelte Lafayette ihn und schob seine Hand fort.
«Graf Alain», sagte eine kühle Frauenstimme. Als die beiden Männer sich umdrehten, lächelte Prinzessin Adoranne dem Grafen zu und wandte sich an O'Leary.
»Das muß der tapfere Mann sein, der uns von dem Drachen befreien will.« Sie zog ihren Tiger an der Leine zurück. »Willkommen in Artesia.«
»Danke.« Lafayette drängte den Grafen beiseite. »Ich bin eigentlich nicht wegen des Drachens gekommen, helfe aber natürlich gern aus.«
»Haben Sie schon viele Drachen erlegt, Sir Lafayette?« Die Prinzessin lächelte unnahbar.
«Nein, sogar nie einen gesehen.» Er kniff ein Auge zu. »Haben Sie schon einen zu Gesicht bekommen?«
Adoranne schien leicht überrascht. »Nein«, gab sie zu. »Aber es gibt natürlich nur einen – der Rebell Lod besitzt ihn.«
»Ich bringe Ihnen das linke Ohr mit – wenn Drachen Ohren haben.«
Die Prinzessin errötete auf reizende Weise.
»Sie sind zu kühn, Fremder«, knurrte Alain.
»Keine schlechte Eigenschaft, wenn man auf die Drachenjagd geht.« Lafayette trat näher an die Prinzessin heran. »Wissen Sie, Adoranne, ich hätte wirklich das halbe Königreich und Ihre Hand verlangen sollen.«
Graf Alain hielt ihm die geballte Faust unter die Nase. »Ich warne Sie zum letztenmal…«
Lafayette nickte nur. »Hoffentlich! Hatten Sie übrigens nicht noch etwas anderes zu erledigen?« Er konzentrierte sich auf ein dringendes physiologisches Bedürfnis.
Der Graf schien sich plötzlich unbehaglich zu fühlen. »Euer Gnaden entschuldigen mich«, sagte er mit mühsam beherrschter
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