Das große Zeitabenteuer
hinüber. Die Kapuze wird allgemein als wirksame Verkleidung akzeptiert. Eine Dame ihrer Stellung kann es sich nicht leisten, Augenzeugin eines Zweikampfes zu sein.«
Graf Alain stemmte die linke Faust in die Hüfte und beschrieb mit seiner Klinge alle möglichen Figuren, während er sich aufwärmte. O'Leary beobachtete ihn mit offenem Mund. »Hören Sie, Nicodaeus«, murmelte er dann, »der Kerl ist wirklich gut!«
»Das habe ich Ihnen von Anfang an gesagt, Lafayette. Aber wenn Sie natürlich besser sind …«
»Ah, wissen Sie Nicodaeus, ich habe mir inzwischen überlegt, daß es eigentlich unfair ist, ihn vor all seinen Freunden bloßzustellen.«
»Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Schließlich hat er auf diesem Treffen bestanden.«
Die Sekundanten des Grafen nickten ihm zu, drehten sich um und näherten sich O'Leary.
»Nicodaeus!« Lafayette griff nach dem Arm seines Sekundanten. »So habe ich mir die Sache nicht vorgestellt. Ich meine, ich habe angenommen, daß Alain nicht…«
»Später.« Nicodaeus riß sich los, ging auf die beiden Sekundanten zu und sprach ernsthaft mit ihnen. Lafayette hatte das Gefühl, die schwere Waffe müsse seinen vor Kälte wie gelähmten Fingern im nächsten Augenblick entgleiten. Der Graf trat einen Schritt vor und hielt die blitzende Klinge wie einen leichten Stock in der Faust.
»Kommen Sie, Lafayette.« Nicodaeus stand wieder neben ihm. »Ich halte jetzt ein weißes Taschentuch zwischen eure gekreuzten Klingen und …«
Lafayette hörte kaum zu, während Nicodaeus ihn vor sich herschob. Wenn er jetzt hinfiel und sich dabei am Knie verletzte … nein, zwecklos. Oder wenn er zu niesen begann – ein plötzlicher Asthmaanfall… Auch das genügte nicht. Es gab nur noch einen Ausweg. Und gerade jetzt, wo es lustig geworden war! Aber das ließ sich nicht ändern. Diesmal mußte es klappen! O'Leary schloß die Augen und konzentrierte sich auf sein schäbiges Zimmer bei Mrs. MacGlint…
Er öffnete die Augen. Nicodaeus starrte ihn an.
»Was ist los, mein Junge? Sie sind doch nicht etwa krank?«
Lafayette machte einen zweiten Versuch und öffnete diesmal die Augen nur einen schmalen Schlitz weit. Aber auch das half nichts. Er spürte Steinplatten unter seinen Füßen. Der Wind blies eiskalt durch sein dünnes Hemd. Graf Alain wartete drei Meter vor ihm mit dem Degen in der Faust. Nicodaeus warf ihm einen besorgten Blick zu.
»… Instruktionen«, sagte er noch. »Schön, tun Sie, was Sie können, mein Junge.« Er nahm ein weißes Taschentuch heraus und ließ es im Wind flattern.
»Augenblick!« O'Leary ließ seine Waffe sinken und trat zurück. Graf Alain starrte ihn überrascht an. Lafayette wandte sich an Nicodaeus. »Hören Sie, da es sich um ein regelrechtes Duell handelt, obwohl von einer Fechtstunde die Rede war…«
»Ha!« warf Alain ein.
»… habe ich als Herausgeforderter das Recht, die Waffen zu bestimmen, nicht wahr?«
Nicodaeus nickte langsam. »Richtig, aber das Treffen hat bereits begonnen.«
»Es ist nie zu spät, einen Formfehler zu korrigieren«, versicherte Lafayette ihm. »Diese Schwerter sind eigentlich zu primitive Waffen. Wir brauchen etwas Moderneres – zum Beispiel Pistolen oder …«
»Sie verlangen Pistolen?« fragte Nicodaeus erstaunt.
»Warum nicht Pistolen?« O'Leary dachte an die Prinzessin, die das Duell beobachtete, und überlegte sich, daß er dabei wenigstens nicht riskierte, von Graf Alain kreuz und quer über den Hof gejagt zu werden.
»Gut, dann eben mit Pistolen«, sagte Nicodaeus. »Ich nehme an, daß passende Waffen zur Verfügung stehen?«
»In meinem Zimmer«, warf O'Leary ein.
»Wie Sir Lafayette wünscht«, meinte einer der beiden Sekundanten des Grafen. »Graf Alains Zustimmung vorausgesetzt.«
»Ich bin davon überzeugt, daß der Graf jetzt keinen Rückzieher mehr machen wird«, sagte Lafayette. »Pistolen sind natürlich gefährliche Waffen…« Er sprach nicht weiter, als ihm auffiel, was er gesagt hatte. Pistolen? »Wenn ich es mir recht überlege, Freunde…«, begann er nochmals.
»Ich habe schon davon gehört«, sagte Alain nickend. »Wie kleine Musketen, die in einer Hand gehalten werden.« Er warf O'Leary einen scharfen Blick zu. »Vorhin war nur von kaltem Stahl die Rede, als Sie mich zu diesem Treffen verleitet haben; jetzt erhöhen Sie plötzlich den Einsatz.«
»Schon gut«, meinte O'Leary hastig, »wenn Sie lieber nicht…«
»Aber ich nehme die Herausforderung an«, sagte der Graf stolz. »Sie
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