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Das große Zeitabenteuer

Das große Zeitabenteuer

Titel: Das große Zeitabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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er an einem Seil hinauf bis zum Oberlicht, schleicht übers Dach, läßt sich durchs nächste Oberlicht hinunter und wartet im Duschraum, bis Mrs. Prudlocks Ballettkurs dort auftaucht…»
    »Wirklich?« fragte eine gelangweilte Stimme. »Und was hat er mit dem Seil getan? Aufgegessen?«
    »Ha? Wie kann jemand zehn Meter Seil essen, Chef?«
    »Genauso wie er alles andere kann!«
    »Ha?«
    »Hören Sie, ich weiß etwas Besseres, Chef«, warf eine andere Stimme ein. »Er verkleidet sich als Hausmeister und…«
    »Im CVJM gibt es nur einen Hausmeister. Neunzig Jahre alt. Tadelloses Alibi. Hat sich letztes Jahr darüber beschwert, daß die Mädchen mit ihren engen Trikots im Korridor herumlaufen.«
    »Meiner Theorie nach«, sagte eine weitere Stimme, »hat der Kerl sich als Mädchen verkleidet eingeschlichen. Und so bald er drin war …«
    »… hat er Kniehosen und Schnallenschuhe angezogen, um die alte Prudlock zu erschrecken. Pah!«
    Die Diskussion wurde fortgesetzt. O'Leary setzte sich mühsam auf und stöhnte leise vor sich hin; er hatte am ganzen Körper Striemen und blaue Flecken, die ihm Graf Alain, die beiden Posten, der Kerkermeister und Mrs. Prudlock beigebracht hatten. Er sah sich um und stellte verblüfft fest, daß er sich offenbar in einer Gefängniszelle befand – im Gerichtsgefängnis von Colby Corners, wie ein Blick aus dem vergitterten Fenster bewies. Die Stimmen drangen aus dem Wachraum in seine Zelle; O'Leary sah dort einige Polizisten in ausgebeulten blauen Uniformen an einem Tisch sitzen.
    Aber wie war er nur ins Gerichtsgefängnis gekommen? Ah, richtig – die Houris und der Dampf und die Hexe mit dem Regenschirm …
    »Hören Sie, Chef«, sagte die heisere Stimme, »was ist dem Kerl eigentlich vorzuwerfen?«
    »Was soll das heißen? Unzucht, Hausfriedensbruch, Diebstahl, Einbruch…«
    »Wir haben keine aufgebrochenen Schlösser gefunden, Chef. Vielleicht Hausfriedensbruch, aber das CVJM-Heim steht der Öffentlichkeit offen.«
    »Nicht das CVJF-Heim! Jedenfalls nicht dem männlichen Publikum! Außerdem hat er wahrscheinlich etwas geklaut.«
    »Nein, er ist nur wegen der Aussicht gekommen.« Gelächter belohnte diese Pointe.
    O'Leary hörte nicht weiter zu. An der ganzen Sache war irgend etwas faul. Offenbar war er tatsächlich im CVJF gewesen. Das hatte er nicht geträumt, denn die Beule am Hinterkopf war deutlich genug zu spüren. Die alte Hexe hatte die Polizei geholt, und deshalb saß er jetzt hier in der Zelle. Aber warum war er überhaupt im Duschraum gelandet? Das Heim war gute fünf Blocks von Mrs. MacGlints Haus entfernt – etwa die gleiche Entfernung, die zwischen dem Axt und Drache und dem Palast lag. Sollte das heißen, daß er im Schlaf durch die Straßen gewandert war? Aber er trug nie einen Schlafanzug – und jetzt trug er doch …
    Dunkelblaue Kniehosen, weiße Seidenstrümpfe und schwarze Schuhe mit silbernen Schnallen.
    Hatte er also doch nicht geträumt? War Artesia vielleicht wirklich wie der Stoff zwischen seinen Fingern? O'Leary setzte sich schwer auf das Klappbett an der Wand. Wie sollte er das alles Mr. Biteworse erklären? Wenn sein Chef erfuhr, daß er im CVJF-Heim im Duschraum erwischt worden war, mit komischen Hosen und einem Hemd mit Rüschen…
    Nun, er würde sich nach einem anderen Job umsehen müssen, selbst wenn die Polizei ihn laufen ließ, was höchst unwahrscheinlich war. Er mußte etwas tun – aber was? In Artesia hätte er einfach einen passenden Schlüssel herbeigewünscht und wäre stillschweigend verschwunden. Aber hier in Colby Corners war die Sache etwas komplizierter. Wollte man zum Beispiel ein Telefon, mußte man eines suchen, das die Bell Telephone Company vorher installiert hatte. Man konnte es sich nicht einfach vorstellen …
    O'Leary richtete sich plötzlich auf. Schließlich hatte er ganz Artesia geträumt – warum also nicht ein einziges Telefon? Es konnte beispielsweise draußen im Gang an der Wand hängen; und wenn er durch die Gitterstäbe griff…
    Die Sache war einen Versuch wert. Lafayette stand auf, ging an die Gittertür und sah hinaus. Die Luft war rein. Er schloß die Augen und stellte sich ein Telefon vor, das in Reichweite an der Wand hing. Als er die Hand danach ausstreckte, umklammerten seine Finger einen altmodischen Telefonhörer. Er holte ihn durchs Gitter herein, hielt ihn ans Ohr und wartete gespannt…
    »Zentrale«, sagte eine helle Frauenstimme. »Nummer, bitte.«
    »Ah, neun-fünf-drei-vier … neun-null-null…

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