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Das gruene Gewissen

Das gruene Gewissen

Titel: Das gruene Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Moeller
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1984 folgte Block Zwei, ein Druckwasserreaktor, den Siemens baute.
    Block Eins ist jetzt in der sogenannten Nachbetriebsphase, das heißt: Er produziert keinen Strom mehr, und es laufen die Vorbereitungen für die Stilllegung und den Abbau. Im Jahr 2019 soll dann auch Block Zwei vom Netz und in die Nachbetriebsphase gehen. Anschließend wird mit dem Stilllegungsprozess wie in Rheinsberg begonnen. So zumindest sieht es der Plan für die gegenwärtig 800 Angestellten vor.
Im Reaktorraum
    Minuten vorher war ich an einem großen Reifenwerk der Firma Goodyear vorbeigefahren, in dem heute niemand arbeitete. Und an Frauen, die auf dem Feld linkerhand den ersten Spargel dieses Frühjahrs stachen. Nun sah ich Wasservögel und ein altes Fachwerkhaus an einer Schleuse. Rheinschanzinsel lautet der historisch geprägte Name dieses Ortes, an dem man ein Kraftwerk errichtet hatte. Er gehörte einst zur Reichsfestung Philippsburg, bis Napoleon I. im Jahr 1801 den Befehl zur Zerstörung der Festungsanlagen gab.
    Anders als beim KKW Rheinsberg, das durch einen Wald versteckt wird, kann man die zwei gewaltigen Kühltürme schon von weitem erkennen. Nur einer von beiden stößt heute Wasserdampf aus, der andere, so werde ich später erfahren, ist seit März 2011 parallel mit Block Eins zum Architekturdenkmal geworden, das von innen beim Blick in den Himmel wie das Pantheon aussieht. Nur größer. Die Natur, genauer gesagt die Physik, hat den Baufirmen seinerzeit die Hand geführt, um einen möglichst guten Kamineffekt zu haben.
    Vor dem Tor sieht man die Hochspannungsleitungen, die den Strom vom Transformator über viele Kilometer zum nächsten Verteiler bringen. Und die typische Kuppel, in deren Innerem sich der Reaktorblock Zwei verbirgt. Ich gebe Christian Milker die Hand, es ist noch früh am Morgen. Die Vorlaufzeit für Besucher liegt bei einem Dreivierteljahr. In Rheinsberg war alles viel schneller gegangen.
    Milker, der Mitte vierzig ist und sich mit seinen Kollegen um die Öffentlichkeit vor Ort kümmert, beginnt wie Jörg Möller mit Informationen zur Sicherheit und der Geschichte des Werkes. Ich merke meine Ungeduld und schütte den Automatenkaffee stoßweise in mich hinein. Die Entscheidung über die Abschaltung habe wie ein Schock gewirkt, sagt er und klickt durch seine Präsentation. Mittlerweile habe man sich damit arrangiert und sehe esals neue und anspruchsvolle Herausforderung. Es sind dieselben Worte, die ich aus Rheinsberg kenne. Stärker als dort wundert mich hier, dass es keine psychologische Barriere gibt und dass Fachleute, die ein Kraftwerk aufgebaut und betrieben haben, es von einem Tag auf den anderen gedanklich zurückbauen können. Vielleicht kommt hierin zum Tragen, dass man jede Aufgabe aus dem großen Ganzen isolieren kann und möglichst gut zu Ende führt. Ein sehr deutscher Zug, zumindest wurde er im Zusammenhang mit historischem Unheil als ein solcher thematisiert.
    Dann gehen wir endlich nach draußen, und ich höre ein Geräusch wie beim Überbrücken einer Autobatterie. Es ist der Ladungsüberschlag an den Leitungen, der je nach Wetter lauter oder leiser ausfällt. Heute ist er besonders laut, weil es geregnet hat. Die Sicherheitskontrollen führen direkt zur Schaltwarte, wo die Stimmung entspannt ist an diesem Sonntagmorgen.
    Es gibt wenige andere Orte in Deutschland, die so streng gesichert sind wie das Reaktorgebäude eines Kernkraftwerks. Mehr Schleusen und dickere Türen können es selbst im Hauptquartier der CIA oder im Keller einer Schweizer Bank nicht sein. Und dann, nachdem man sich einen Anzug angezogen hat, der an das Video Sabotage der Beastie Boys erinnert, nachdem man Treppen gestiegen ist und die Wärme des Raums gespürt hat, steht man am Becken mit den Brennelementen, das die von Fotografien her bekannte kristallblaue Farbe hat. Es ist gewissermaßen der Höhepunkt des Besuchs, denn hieran, an jenen wenigen Quadratmetern Technologie und Natur, hängt sich eine gesellschaftliche Debatte auf; weitaus mehr als an der Endlagerung, die trotz aller Ausstiegsbeschlüsse weder geklärt noch jemals zum Anlass genommen wurde, von heute auf morgen auszusteigen.
    Also sprechen wir über die Risiken und über die Entdeckung der Kernspaltung. Vielleicht ist es das letzte Mal in meinem Leben, dass ich mich dieser Technologie so unmittelbar nähern werde. Ich merke, wie meine Arme am Geländer schwer werden und ich gedanklich in das blaue Wasser eintauche.
Die Unsichtbarkeit der Atome
    Die

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