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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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machte seine kleinen Spaziergänge bei der Cabaña des Lotsen, und am Morgen hatte er sie gesehen: Bonifacia, so hieß sie. Hatte sich der Fette da nicht geirrt? Weswegen sollte die bei den Nieves wohnen, war doch eine halbe Nonne? Nein, seit man sie hinausgeworfen hatte, nicht mehr, trug die Tracht nicht mehr, und der Fette hatte sie auf der Stelle erkannt. Ein bißchen klein und breit, mi sargento , aber gute Formen. Und mußte noch sehr jung sein, aber, vor allem, daß er ja den andern nichts davon sagte.
    »Meinst du, ich kann mein Maul nicht halten?« sagte der Sargento. »Hör auf mit so dummen Ratschlägen.«
    Paredes brachte zwei Gläser Anisschnaps und blieb am Tisch stehen, während der Sargento und der Fette tranken. Dann rieb er die Platte mit einem Tuch ab und kehrte zurück zur Theke. Der Dunkle, der Blonde und der Knirps verließen die Cantina, und in der Tür ließ ein rosiger Widerschein des Sonnenlichtsihre Gesichter, ihre Hälse aufleuchten. Die Nebelschwaden waren gestiegen, und von ferne sahen die Guardias jetzt aus, als wären sie Versehrte oder wie Christenmenschen, die durch einen Strom von Schaum wateten.
    »Mach bloß den Nieves keinen Ärger, das sind meine Freunde«, sagte der Sargento.
    Und wer wollte was von denen? Aber er wär doch verrückt, die Gelegenheit nicht auszunutzen, mi sargento. Sie waren die einzigen, die’s wußten, so daß sie also wie gute Kameraden, nicht? der Fette nahm ihm die Arbeit ab, halbe-halbe, hm? und gab sie dann an ihn weiter, einverstanden? Aber der Sargento fing zu husten an, solche Gemeinschaftssachen gefielen ihm nicht, er stieß Rauch aus Nase und Mund, so eine Unverschämtheit, warum sollte er kriegen, was übrigblieb.
    »Hab ich sie vielleicht nicht zuerst gesehen, mi sargento ?« sagte der Fette. »Und ausgekundschaftet, wer sie ist und alles. Aber schauen Sie nur, was tut denn der Teniente hier?«
    Er deutete hinaus auf die Plaza, und da kam der Teniente an, die obere Hälfte des Körpers ragte aus dem brodelnden Dampf, er blinzelte in der Sonne, hatte ein sauberes Hemd an.
    Als er aus den Schwaden auftauchte, waren die untere Hälfte seiner Hose und die Stiefel feucht vom Nebel.
    »Kommen Sie mit, Sargento«, befahl er vom Treppchen aus. »Don Fabio will uns sehen.«
    »Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt hab, mi sargento «, murmelte der Fette.
    Der Teniente und der Sargento tauchten bis zum Gürtel in die Nebelschwaden ein. Der Anlegeplatz und die tiefliegenden Cabañas der Umgebung waren bereits von den dampfenden Schwaden verschlungen worden, die sich jetzt über die Dächer und Geländer wälzten. Ein durchsichtiges Licht umfing dagegen die Hügel, die Gebäude der Mission standen in strahlendem Glanz, und die Bäume, deren Stämme im Nebel verschwammen, zeigten ihre blanken Wipfel, und ihr Laub, die Zweige und die versilberten Spinnweben glitzerten.
    »Ist er zu den Nönnchen hinauf, mi teniente ?« sagte der Sargento. »Die werden den Kleinen wohl eine Tracht Prügel verabreicht haben, nicht?«
    »Haben ihnen schon verziehen«, sagte der Teniente. »Heute morgen haben sie sie an den Fluß geführt. Die Oberin hat mir erzählt, daß es der Kranken schon besser geht.«
    Auf dem Treppchen zur Cabaña des Gobernadors schlugen sie die Tropfen von den Hosen und streiften die mit Lehm verklebten Stiefelsohlen an den Stufen ab. Das Drahtgeflecht, das die Tür schützte, war so engmaschig, daß es das Innere verdunkelte. Eine alte barfüßige Aguaruna machte ihnen auf, sie traten ein, und drinnen war es kühl und roch nach Grünzeug. Die Fenster waren geschlossen, der Raum lag im Halbdunkel, und man konnte undeutlich Truhen, Fotografien,an den Wänden aufgehängte Blasrohre und Bündel von Pfeilen ausmachen. Mit geblümtem Stoff bezogene Schaukelstühle standen um den Chambirateppich, und Don Fabio war auf der Schwelle des nächsten Raumes erschienen, Teniente, Sargento, heiter und mager unter der leuchtenden Glatze, die Hand ausgestreckt, endlich war der Befehl gekommen, stellen Sie sich vor! Er klopfte dem Offizier auf die Schulter, wie ging’s ihnen denn? machte leutselige Gesten, was sagten sie zu der Nachricht? aber vorher, eine Erfrischung, Bierchen? war doch kaum glaubhaft, nicht? Er gab der Aguaruna einen Befehl, und die Alte brachte zwei Flaschen Bier. Der Sargento goß sein Glas in einem Zug hinunter, der Teniente ließ seines von einer Hand in die andere wandern, seine Augen schweiften besorgt umher, Don Fabio trank wie ein

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