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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Teniente. »Hätte dir wohl gefallen, hierzubleiben, oder?«
    »Aber der Fette ist schon seit vielen Jahren in der Montaña«, sagte der Sargento. »Da sammelt man Erfahrungen, mi teniente. Warum nicht den Knirps, der ist doch so klapprig?«
    »Den Fetten, hab ich gesagt«, sagte der Teniente.»Und mach nicht so ein Gesicht. Mir behagt dieser Quatsch auch nicht, aber du hast ja den Gobernador gehört, wer weiß, ob sich nach diesem kleinen Ausflug unser Glück nicht wendet und wir von hier wegkommen. Geh und hol Nieves und schick die andern zu mir, damit wir den Reiseplan ausarbeiten können.«
    Der Sargento blieb einen Augenblick reglos im Nebel stehen, die Hände in den Taschen. Dann überquerte er mit hängendem Kopf die Plaza, ging am Anlegeplatz vorbei, der in einer dichten Nebelschicht versunken lag, betrat den Hohlpfad und wanderte durch das dunstige und glitschige, von Elektrizität und Krächzen gesättigte Gelände. Als er vor der Cabaña des Lotsen anlangte, redete er vor sich hin, seine Hände streiften die Nässe vom Képi und den Schäften, seine Hose und das Hemd waren mit Schlamm bespritzt.
    »Ja, so was! Um diese Zeit, Sargento«, Lalita strich sich die Tropfen aus dem Haar, stand über das Geländer gelehnt; ihr Gesicht und ihr Kleid troffen. »Aber kommen Sie doch herauf, Sargento.«
    Unschlüssig, nachdenklich, immer noch lautlos die Lippen bewegend, erklomm der Sargento das Treppchen, auf der Terrasse gab er Lalita die Hand, und als er sich umdrehte, stand Bonifacia neben ihm, ebenfalls durchnäßt. Das farblose Kleid klebte an ihrem Leib, das feuchte Haar schmiegte sich an ihr Gesicht wie eine Haube, und ihre grünen Augen blickten den Sargento glücklich, ohne Verlegenheit an. Lalitawrang den Saum ihres Rockes aus, war er gekommen, um ihre Kostgängerin zu besuchen, Sargento? und durchsichtige Tröpfchen rannen über ihre Füße: da war sie. Sie waren beim Fischen gewesen und waren auf den Fluß hinaus, bei diesem Nebel, denken Sie nur, gesehen hatten sie nichts, aber das Wasser war lauwarm, angenehm, und Bonifacia trat vor: sollte sie was zum Essen bringen? Anisschnaps? Statt zu antworten, stieß Lalita ein Lachen aus und trat in die Hütte.
    »Du hast dich heute morgen vom Fetten sehen lassen«, sagte der Sargento. »Warum hast du dich sehen lassen? hab ich dir nicht gesagt, daß ich das nicht will?«
    »Sie überwachen sie ja, Sargento«, sagte Lalita vom Fenster her und lachte. »Was kümmert’s Sie, ob man sie sieht. Sie werden doch nicht wollen, daß die Ärmste sich den ganzen Tag versteckt hält, oder?«
    Bonifacia forschte, sehr ernst, im Gesicht des Sargento, und in ihrer Haltung war etwas Besorgtes und Ratloses. Er machte einen Schritt auf sie zu, und Bonifacias Augen wurden unruhig, aber sie wich nicht zurück, und der Sargento hob den Arm, packte sie bei der Schulter, Schatz, er wünschte nicht, daß sie mit dem Fetten sprach, auch mit sonst niemand, Señora Lalita.
    »Verbieten kann ich’s ihr nicht«, sagte Lalita und Aquilino, der am Fenster aufgetaucht war, lachte. »Sie auch nicht, Sargento. Sind Sie vielleicht ihr Bruder? Nur, wenn Sie ihr Ehemann wären, könnten Sie’s.«
    »Ich hab ihn nicht gesehen«, stammelte Bonifacia. »Lüge wird’s sein, wird mich nicht gesehen haben, wird’s nur so sagen.«
    »Demütige dich doch nicht, sei nicht dumm«, sagte Lalita. »Mach ihn lieber eifersüchtig, Bonifacia.«
    Der Sargento riß Bonifacia an sich, daß er sie besser nie mit dem Fetten sähe, und mit zwei Fingern hob er ihr Kinn hoch, daß er sie mit überhaupt keinem Mann sähe, Señora, und Lalita lachte wieder hell auf, und neben dem Gesicht Aquilinos waren zwei weitere aufgetaucht. Die drei Jungens starrten den Sargento mit höchster Neugierde an, und mit keinem wollte er sie sehen, Bonifacia packte das Hemd des Sargento, und ihre Lippen zitterten: das versprach sie ihm.
    »Du bist dumm«, sagte Lalita. »Man merkt eben doch, daß du die Christenmenschen nicht kennst, ganz besonders nicht die in Uniform.«
    »Ich muß verreisen«, sagte der Sargento und umarmte Bonifacia. »Wir kommen erst in drei, vier Wochen zurück.«
    »Ich auch?« Adrián Nieves, in der Unterhose, stand auf dem Treppchen und streifte mit der Hand die Feuchtigkeit von seinem gebräunten und knochigen Körper. »Sagen Sie bloß nicht, daß die Mündel wieder ausgerissen sind.«
    Und sobald er zurückkam, würden sie heiraten, Schatz, und die Stimme brach ihm, und er fing wie ein Idiot zu lachen an,

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