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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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die Kleider sauber, alles vorbei? neuer Anfang? Bruderherz, Vetter, Lituma. Er stotterte, halb getröstet, mitunter wurde er wieder wütend und trat den am Boden Liegenden, dann lächelte er, wurde traurig.
    »Komm, Lituma, wir wollen gehen«, sagte José. »Vielleicht hat man uns gesehen. Wenn sie die Polente rufen, gibt’s Ärger.«
    »Gehen wir in die Mangachería, Vetterchen«, sagte der Affe.
    »Da trinken wir den Pisco aus, den du mitgebracht hast, das hebt deine Stimmung.«
    »Nein«, sagte Lituma. »Wir gehen zur Chunga zurück.«
    Mit langen, entschlossenen Schritten wanderte er durch den Sand davon. Als die Selvática und die Leóns ihn zwischen den Hütten einholten, pfiff Lituma wütend vor sich hin, und in der Ferne war Josefino zu sehen, hinkend, jammernd und zeternd.
    »Geht ja toll zu!« Der Affe hielt den andern die Tür auf. »Nur wir fehlen noch.«
    Der Dicke mit Schnurrbart und Brille kam ihnen entgegen: »Prost, Pröstchen, Genossen. Warum seid ihr denn so mir nichts, dir nichts verschwunden? Kommt, jetzt wird’s erst lustig.«
    »Musik, Don Anselmo«, schrie Lituma. »Walzer, Tonderos, Marineras.«
    Mit den Ellbogen kämpfte er sich durch zur Kapelle, warf sich dem Bullen und dem Jüngling Alejandro in die Arme, während der Dicke und der schielende Junge die Leóns zur Bar schleppten und ihnen Bier einschenkten. Sandra brachte die Frisur der Selvática in Ordnung, Rita und Maribel überschütteten sie mit Fragen, und alle vier tuschelten wie Wespen. Die Kapelle begann zu spielen, die Theke vereinsamte, ein halbes Dutzend Paare tanzte auf der Tanzfläche inmitten der schimmernden blauen, grünen und violetten Lichter. Lituma kam halbtot vor Lachen an die Theke: »Chunga, Chunguita, Rache ist süß. Hörst du, wie er brüllt? Er traut sich nicht rein. Wir haben ihn halb totgeschlagen.«
    »Mich gehen die Angelegenheiten anderer Leute nichts an«, sagte die Chunga. »Aber ihr bringt mir Unglück. Deinetwegen hab ich das letzte Mal eine Geldstrafe zahlen müssen. Gott sei Dank, daß es diesmal nicht hier passiert ist. Was soll’s sein? Wer hier nicht konsumiert, der verduftet.«
    »Was für grobe Antworten du gibst, Chunguita«, sagte Lituma. »Aber ich bin glücklich, gib mir, was du willst. Schenk dir selber auch ein, ich lad dich ein.«
    Und jetzt wollte der Dicke die Selvática auf den Tanzboden zerren, und sie wehrte ab, fletschte die Zähne.
    »Was ist denn mit der los, Chunga?« sagte der Dicke prustend.
    »Was ist denn mit dir los?« sagte die Chunga. »Man fordert dich zum Tanzen auf, sei nicht unhöflich, warum gehst du nicht mit dem Herrn?«
    Aber die Selvática wehrte sich immer noch: »Lituma, sag ihm, er soll mich loslassen.«
    »Lassen Sie sie nicht los, Genosse«, sagte Lituma. »Und Sie, tun Sie Ihre Arbeit, Nutte.«

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I
    »Ein Geheimnis, auf das Sie nie gekommen wären, mi sargento «, sagte der Fette und senkte die Stimme. »Aber daß die andern nichts davon hören.«
    Der Dunkle, der Knirps und der Blonde unterhielten sich an der Theke mit Paredes, der ihnen ein paar Gläser Anisschnaps hinstellte. Ein kleiner Junge kam mit drei Lehmtöpfen aus der Cantina, überquerte die verlassene Plaza von Santa María de Nieva und verlor sich in Richtung Comisaría. Eine grelle Sonne vergoldete die Capironas, die Dächer und Wände der Cabañas, drang aber nicht zum Erdboden durch, denn weißliche Nebelschwaden, die vom Nieva zu kommen schienen, hielten sie über dem Boden fest und verschluckten sie.
    »Sie hören nichts«, sagte der Sargento. »Was ist das Geheimnis?«
    »Ich weiß jetzt, wer die ist, die bei den Nieves wohnt«, der Fette spuckte einige schwarze Papayakerne aus und wischte sich mit dem Taschentuch über das verschwitzte Gesicht, »die, die uns neulich abends so neugierig gemacht hat.«
    »Ach, ja?« sagte der Sargento. »Und wer ist’s?«
    »Die bei den Madres immer die Abfälle rausgetragen hat«, flüsterte der Fette und blickte verstohlenzur Theke, »die hinausgeworfen worden ist, weil sie den Mündeln bei der Flucht geholfen hat.«
    Der Sargento durchsuchte seine Taschen, aber die Zigaretten lagen auf dem Tisch. Er steckte sich eine an und inhalierte tief, stieß einen Mundvoll Qualm aus: eine Fliege irrte verängstigt in der Wolke umher und schoß brummend daraus hervor.
    »Und wie hast du das rausgefunden?« sagte der Sargento. »Haben die Nieves sie dir vorgestellt?«
    Indem er sich dumm stellte, mi sargento , der Fette

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