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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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gewaschen. Sie treten aus dem Zelt, der Capitán bietet dem Gobernador eine Zigarette an, und der lehnt ab: er würde sich um sie kümmern, Capitán, brauchte sich nicht zu sorgen, sollte ruhig schlafen gehen. Der Capitán tritt ins Nachbarzelt, und Julio Reáteguigeht tappend an das Feldbett zurück, setzt sich auf den Rand, seine Hand berührt sacht einen kleinen, angespannten Körper, gleitet über eine bloße Schulter, strohtrockenes Haar: schon gut, schon gut, brauchte keine Angst mehr vor dem Rohling zu haben, der Rohling war schon weg, gut, daß sie geschrien hatte, in Santa María de Nieva würde sie sehr glücklich sein, würde schon sehen, die Nönnchen würden sehr lieb sein, würden schön auf sie aufpassen, auch die Señora Reátegui würde schön auf sie aufpassen. Seine Hand streichelt die Haare, die Schulter, bis der Körper der Kleinen sich lockert und ihr Atem ruhiger wird. Draußen auf der Lichtung sind immer noch die Schreie, die carajos zu hören, erhitzter jetzt und komisch, und man hört Gerenne und dann wieder urplötzliche Stille; schon gut, schon gut, armes Geschöpf, sie sollte jetzt schlafen, er würde wachen.
    Die Musik hatte aufgehört, die Leóns applaudierten, Lituma und die Selvática kehrten zurück an die Theke, die Chunga schenkte ein, Josefino trank weiterhin allein. Unter dem harmlosen Schimmern der blauen, grünen und violetten Lichter drehten sich zum Takt des Gemurmels und der Gespräche um sie herum noch vereinzelte Paare mechanisch und lethargisch auf der Tanzfläche. An den Tischen in den Ecken waren nun auch weniger Leute; die Mehrzahl der Männer und die Insassinnen und die Euphorie der Nacht hatten sich um die Bar konzentriert. Dicht gedrängtund lärmend standen sie davor und tranken Bier, die Lachsalven der Mulattin Sandra klangen wie Geheul, und ein Dicker mit Schnurrbart und Brille hißte sein gelbes Glas wie eine Fahne, er war als gemeiner Soldat bei dem Feldzug in Ecuador dabeigewesen, jawoll, mein Herr, und den Hunger, die Läuse, den Heldenmut der Cholos, das vergaß er nicht, auch die Sandflöhe nicht, die unter die Nägel drangen und nicht einmal mit Kanonen darunter hervorzuholen waren, jawoll, mein Herr, und der Affe, urplötzlich und lauthals: Viva el Ecuador! Die Männer und die Insassinnen verstummten, die lustigen und großen Augen des Affen zwinkerten spitzbübisch nach links und rechts, und nach einigen Sekunden der Unschlüssigkeit und der Verblüffung schob der Dicke José beiseite und packte den Affen bei den Rockaufschlägen, schüttelte ihn wie einen Putzlumpen, was wollte er denn von ihm? er sollte das wiederholen, wenn er Hosen anhatte, zeigen, daß er ein Kerl war, und der Affe, mit einem Riesenlächeln: Viva el Perú! Da lachten alle, Sandra wie ein Panther, der Dicke knabberte an seinem Schnurrbart, Josefino und José hatten sich unter die Gruppe gemischt, und der Affe zog seine Jacke zurecht.
    »Scherze über den Patriotismus dulde ich nicht, Freund«, der Dicke klopfte dem Affen auf die Schulter, nicht mehr grollend. »Sie haben mich zum Narren gehalten, gestatten Sie, daß ich Sie zu einem Bier einlade.«
    »Ach, wie schön das Leben ist!« sagte José. »Jetzt wollen wir die Hymne singen.«
    Alle stellten sich in einer Reihe dicht gedrängt an der Theke auf und schrien nach mehr Bier. So, jubelnd und eng aneinander, mit schwimmenden Augen, kreischender Stimme, schweißgebadet, tranken, rauchten, stritten sie, und ein schielender junger Mann, dessen steifes Haar wie eine Bürste abstand, umarmte die Mulattin Sandra, ich stell Ihnen meine Zukünftige vor, Genosse, und sie riß den Mund auf, zeigte ihr rotes und gefräßiges Zahnfleisch, ihre Goldzähne und bog sich vor Lachen. Auf einmal fiel sie wie eine große Katze über den Jungen her, küßte ihn gierig auf den Mund und er zappelte in ihren schwarzen Armen, wie eine Fliege in einem Spinnennetz, protestierte. Die Unbezwingbaren tauschten verschwörerische, spöttische Blicke, packten den Schielenden, er konnte sich nicht rühren, da hast du ihn, Sandra, wir schenken ihn dir, verschluck ihn roh, sie küßte ihn, biß ihn, und eine Art hektischer Übermut bemächtigte sich der Gruppe, neue Paare drängten sich hinzu, und sogar die Musikanten kamen aus ihrem Winkel hervor. Von fern lächelte müde der Jüngling Alejandro, und Don Anselmo, gefolgt vom Bullen, ging hin und her, aufgeregt, dem Krach nachschnuppernd, was ist denn, was ist los, sagen Sie doch. Sandra ließ ihr Opfer los; als er

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