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Das Gurren der Tauben (German Edition)

Das Gurren der Tauben (German Edition)

Titel: Das Gurren der Tauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Schneider
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angestrengt nach. Dann ö ffnete er die T ü r, bat den
Posten nach mir zu sehen und verschwand. Ich strich gnadenlos weiter alles
durch, w ä hrend der Posten
mich beobachtete.
    Als der
Vernehmer zur ü ckkam, hatte er
ein L ä cheln im
Gesicht. Er lie ß sich entspannt in seinen Stuhl fallen: “ Ich muss Ihnen eine Kompliment machen, Herr Baganz. Sie
haben die Kurve gekriegt. ” Er machte eine Pause um seine Worte wirken zu lassen. Dann fuhr er mit
triumphierender Stimme fort: “ Das wird Ihnen aber nichts nutzen. Ihre Kumpels haben sich reinlegen lassen
und alles unterschrieben. ” Er z ü ndete sich eine
Zigarette an: “ Tja, das hat man
davon, wenn man sich mit Idioten einl ä sst. ”
    Ich sagte nichts
und setzte meine Arbeit fort. Als ich fertig war mit Durchstreichen,
formulierten wir die verdrehten S ä tze um.
    “ Morgen sehen wir
uns nicht ” , sagte der
Vernehmer. Nach einem Blick auf seine Uhr, korrigierte er sich: “ Ich meine nat ü rlich heute
Nachmittag. Da werden Sie n ä mlich Ihren Lebenslauf schreiben. Wir sehen uns dann Morgen wieder. ”
    Zur ü ck in meiner
Zelle, legte ich mich sofort aufs Bett. Obwohl ich kurze Zeit zuvor noch so m ü de gewesen war,
konnte ich nicht schlafen. Ich hatte Kopfschmerzen von dem ganzen
Zigarettenqualm und meine Stimmung war apokalyptisch. Millionen Gedanken rasten
durch meinen Kopf. Irgendwann schlief ich ein. Doch von durchgehendem Schlaf
konnte keine Rede sein. Einerseits weil ich schlecht tr ä umte,
andererseits wegen der st ä ndigen Kontrollen: Das Licht ging im Minutentakt an, damit verbunden das
kratzende Ger ä usch vom Deckel
des Gucklochs.
    Am fr ü hen Nachmittag
wurde ich geweckt, bekam etwas zu essen und wurde in eine andere Zelle verlegt.
Der W ä rter zeigte auf
meinen neuen Zellenkameraden: “ Das ist Nummer Eins. Sie sind Nummer Zwei. Namen fallen hier nicht. ”
    Mein
Mitgefangener war Ende drei ß ig. Er sagte, er sei LKW-Fahrer bei Deutrans. Bei einer Fahrt durch
Westdeutschland hatte er einen Anhalter mitgenommen und diesen bei seinem n ä chsten Trip in K ö ln besucht. Als
die Stasi herausfand, dass er von der vorgeschriebenen Fahrtroute abgewichen
war, wurde er verhaftet. Man warf ihm Spionage und illegale Kontaktaufnahme
vor, da der Anhalter angeblich ein BND-Agent gewesen sei.
    Am Abend wurde
ich in eine Schreibzelle gebracht. “ Schreiben Sie Ihren Lebenslauf und suchen Sie sich einen
Anwalt heraus ” , sagte der W ä rter. Er schloss
die T ü r, ö ffnete sie aber
wieder: “ Die Bl ä tter sind abgez ä hlt. Also
versuchen Sie erst gar nicht, welche einzustecken. ”
    Auf einem Tisch
lagen mehrere Blatt Papier, ein Kugelschreiber und ein Anwaltsverzeichnis. Ich
schrieb meinen Lebenslauf, dann nahm ich mir das Verzeichnis vor. Ein Name kam
mir bekannt vor: Dr. Vogel/Berlin. Von ihm hatte ich geh ö rt in Verbindung
mit der Verteidigung von Republikfl ü chtigen. Ich schrieb ihm einen Brief mit der Bitte,
meinen Fall zu ü bernehmen, dann dr ü ckte ich den Rufknopf. Sie kamen, filzten mich und brachten mich zur ü ck zu meiner
Zelle.
    Am n ä chsten Morgen
ging ich zum ersten Mal zur Freistunde. Der Freihof bestand aus einer Reihe von
nach oben hin offenen Betonboxen. Sie waren mit Maschendraht bedeckt und nicht
viel gr öß er als unsere
Zelle.
    Die W ä rter
patrouillierten auf einem Steg direkt ü ber uns. Wir standen unter st ä ndiger
Beobachtung. Jeder Versuch Kontakt zur Nachbarbox aufzunehmen w ä re schon im Keim
erstickt worden. Sicherheit wurde an diesem Ort ganz gro ß geschrieben.
Das war ü berall und zu
jeder Zeit sp ü rbar.
    Meine Vernehmung
wurde an den folgenden Nachmittagen, au ß er am Wochenende, fortgesetzt. Der Vernehmer stellte
Fragen und ich antwortete. Dabei kamen auch meine fr ü heren
Fluchtversuche zur Sprache. Ich sah keinen Grund mehr, den nicht dokumentierten
an der Berliner Mauer zu verschweigen:
    Ich lag
stundenlang in der Dunkelheit im Dreck und beobachtete die Wacht ü rme. Das gesamte
Areal wurde von Scheinwerfern, die in unregelm äß igen Abst ä nden schwenkten, ausgeleuchtet. Da war etwa hundert
Meter freies Feld, ein Zaun, eine Mauer, dann schien dahinter noch eine Mauer
zu sein. Alles war un ü bersichtlich und viel zu weit. Ich wollte es dennoch wissen und robbte
immer n ä her heran. Pl ö tzlich war ich f ü r einen
Augenblick voll im Licht des Scheinwerfers. Ich rechnete damit, eine
Lautsprecherstimme zu h ö ren, die mich aufforderte, aufzustehen. Doch nichts passierte.

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