Das Gutachten
ihrem angeblichen Hotelzimmer.
Im Nachhinein vermutete
der Mann, dass sie ihn schon auf der Messe beobachtet und ausspioniert hatte,
denn manche ihrer Worte passten einfach zu gut für eine Zufallsbegegnung. Sie
kannte sich richtig aus, aber das ließ ihn nicht misstrauisch werden.
Später lief es dann
genauso ab wie bei deinem Bekannten: Es gab eine DVD mit einem unverschämten
Brief und einer hohen Geldforderung. In dem Fall allerdings wohl nur als
Einmalzahlung, er sprach nicht von weiteren Forderungen.«
»Und hat dein Anrufer
bezahlt?«
»Wohl ja. Er war auf eine
gewisse Art auch nicht sehr hilfreich, weil er auf Teufel komm raus weder
seinen Namen noch andere Details nennen wollte. Ihm ging es zwar darum, andere
irgendwie zu ‚warnen‘ wie er es nannte, hatte aber offensichtlich eine panische
Angst davor, seine eigene Identität preiszugeben.
Der war regelrecht
paranoid und fragte mehrfach, ob ich versuchen würde, seinen Anruf
zurückzuverfolgen.
Aus dem Grund hat er mir
damals noch nicht einmal das Hotel verraten. Er wollte noch nicht einmal sagen,
bei welcher Messe das passiert ist. Das einzige, was er sehr deutlich
beschreiben konnte war das Mädchen. Auch er sprach von einem winzigen Tattoo
auf der Schulter und Größe, Haarfarbe und Statur passen ebenfalls.
Daher konnte ich zunächst
nichts weiter machen als eine Aktennotiz zu schreiben, die ich an Michael
Friedrich vom Dezernat ‚Raub und Erpressung‘ geschickt habe. Er hatte vorher
aber auch noch keinen vergleichbaren Fall und konnte so nicht wirklich helfen
oder weitere Schlüsse ziehen.«
Kalthoff nickte: »Ja,
gewissermaßen passt das. Die suchen sich Leute, von denen sie wissen, dass
ihnen ihr gesellschaftliches Ansehen sehr wichtig ist. Daher wäre eine
Veröffentlichung des Videos für sie eine Katastrophe, mitunter der Super-GAU.
Als Beweismittel in einem Verfahren möchten diese Herren solche Videos nicht und
verzichten daher auf eine Anzeige.
Anschließend erpressen die
Täter genau so viel Geld, wie die Opfer in ihrer Firma oder privat abzwacken
können. Die zahlen in dem Moment lieber als ihre Ehe und ihren guten Ruf zu
ruinieren. Wenn mein Freund nicht gerade mich als seinen besten Kumpel gehabt
hätte, wäre er mit Sicherheit auch nicht zur Polizei gegangen. Davon bin ich
überzeugt.«
»Je nachdem wie lange die
schon ihre Spielchen treiben, möchte ich mir das Ausmaß an Geschädigten gar
nicht vorstellen.« Becker griff nach seinem Glas und überlegte.
»Du hast gesagt, dein
Freund hätte Aufnahmen, in denen nur das Mädchen zu sehen ist?«
»Ja,« entgegnete Kalthoff,
»sehr scharfe Bilder. Ähhm, ich meine jetzt also ... von der Technik, ... also
Auflösung und so her.« Er geriet durch seine Wortwahl selber ins Stottern und
diesmal mussten beide lachen.
»Bring sie mir doch bitte
morgen runter und dann überlege ich zusammen mit Friedrich, wie wir nun
vorgehen sollen.
Im Moment sehe ich nur
zwei Möglichkeiten: Wir könnten einen Medienaufruf machen und nach weiteren
Opfern suchen.«
Kalthoff schüttelte den
Kopf: »Daran hatte ich auch schon gedacht. Allerdings ist die Gefahr zu groß,
dass sich niemand mit brauchbaren Hinweisen meldet und wir die Täter auf der
anderen Seite nur aufschrecken. Womöglich veröffentlichen die dann sogar doch
noch Material, weil sie wissen, dass einer ihrer Klienten zur Polizei gegangen
ist. Die Medien können wir allenfalls einschalten, wenn wir die Gruppe haben
und weitere Zeugen suchen. Im Moment ist es dafür noch zu heiß.«
Berg nickte. »Du hast
recht, wir halten uns zunächst bedeckt. Dann bleibt nur noch Möglichkeit zwei.«
Er zog seine linke Augenbraue hoch und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem
schmalen Lächeln.
Roland Kalthoff hatte
verstanden und erwiderte den Gesichtsausdruck seines Kollegen:
»Wir ... stellen ... ihnen
... eine ... Falle!«
Er sprach jedes Wort
einzeln aus und hob dabei sein Glas.
»Auf uns! Es wäre doch
gelacht, wenn uns eine Clique frecher Halbwüchsiger auf der Nase herum tanzen
könnte!«
Kapitel 8
Sandra wachte zumeist vor
dem Weckerklingeln auf, eine Eigenschaft, die sie sehr genoss. Sie hasste es,
wenn sie sich beeilen musste und liebte hingegen diese stillen Momente, bevor
der Alltag sie in den Bann zog.
Gerade am frühen Morgen
konnte sie am ehesten zu sich selber finden, über sich, Christoph und ihre
komplizierte Beziehung nachdenken. Warum um alles in der Welt war ihr geliebter
Freund nur hin und wieder so ein
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