Das hätt' ich vorher wissen müssen
Kaffeestunde, dessen fachmännischer Blick sofort die Werbewirksamkeit dieses Buchumschlags erkannte, und danach hatte ich sowieso nichts mehr zu melden.
Als sich Herr Brühl verabschiedete, hörte ich ihn vor der Haustür leise zu Rolf sagen: »Doch, wir können sie ohne weiteres der Öffentlichkeit präsentieren. Ich glaube, das wird sie ganz gut hinkriegen.«
Damit hatte ich die zweite Lektion gelernt: Einen Autor muß man – wo und wem auch immer – vorführen können.
3
Endlich kam der Tag, an dem mein Buch ausgeliefert und in den Buchhandlungen vorgestellt werden sollte. Ich platzte vor Neugierde, denn ein fertiges Exemplar hatte ich selbst noch gar nicht gesehen. Jedem Autor stehen zwar Belegexemplare zu, aber er ist meistens der letzte, der sie bekommt, weil sie dem Verlag nichts bringen, sondern ihn im Gegenteil etwas kosten. Genau wie die Honorare, die ohnehin nur den geringsten Teil der Kalkulationen ausmachen.
Meine Einkaufsrunde verschob ich auf den späten Vormittag, denn Frau Eckert mußte erst einmal Zeit haben, meine Bücher auszupacken und entsprechend zu dekorieren. Als ich betont uninteressiert an den beiden Schaufenstern vorbeidefilierte, sah ich Schmuckkartons mit Briefpapier – »Das ideale Geschenk zur Konfirmation« –, drei Meter DUDEN, der sich bei solchen Gelegenheiten auch immer ganz gut an den Mann bringen läßt, Kinderbücher mit Osterhasen drauf und zwischendrin Watteküken und viele buntbemalte Eier. Keine Blümchenwiese, keine grinsenden Kindlein – gar nichts! Aber vielleicht drinnen im Laden? Mir fiel ein, daß der Sohn unseres Nachbarn ebenfalls konfirmiert werden sollte, da mußte man sowieso etwas hinüberschicken, also warum auf die lange Bank schieben, Briefpapier kann man immer gebrauchen. Obwohl ich sehr lange und sehr gründlich wählte und dabei immer wieder die Bücherregale musterte, konnte ich mein Werk nicht entdecken. Fragen wollte ich natürlich nicht, mich fragte aber auch niemand, und so zog ich schließlich mit dem Briefpapier ab und tröstete mich mit der Gewißheit, daß man mit meinen Büchern natürlich erst die bedeutenderen Buchhandlungen in den großen Städten beliefern würde. Hatte Stefanie nicht erst gestern gesagt, daß sie einen neuen Anorak brauche, weil der alte zu klein geworden war?
Am nächsten Tag fuhren wir nach Heilbronn. Und dann endlich sah ich es! Ganz vorne bei den Neuerscheinungen stand es, unübersehbar und gleich in zehnfacher Ausfertigung. Jetzt gefielen mir plötzlich auch die fünf Kindsköpfe auf dem Titel. Lustig sahen sie aus, direkt zum Verlieben. Erwartungsvoll schlug ich eins auf und las ein paar Zeilen. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, zum erstenmal ein Buch in der Hand zu halten, das man selbst geschrieben hat, in dem man nun blättern und bei jedem einzelnen Absatz nachvollziehen kann, wie oft man ihn in den Papierkorb geschmissen und immer wieder neu formuliert hat.
Stefanie hatte nur einen flüchtigen Blick auf das Buch geworfen, »Hm, sieht niedlich aus« gesagt und war zu dem Ständer mit den Comics gegangen. Ich blätterte immer noch.
»Kann ich Ihnen helfen?« Eine Verkäuferin hatte sich herangeschlängelt. »Suchen Sie etwas Bestimmtes? Soll es ein Geschenk sein? Zur Konfirmation? Da würde ich Ihnen empfehlen…«
»Nein, ich möchte es selbst lesen«, sagte ich, mit dem Buch unter ihrer Nase herumwedelnd, »kennen Sie die Autorin?«
Nur flüchtig streifte sie den Titel, dann bedauerte sie. »Nein, wir haben die Bücher erst vor ein paar Tagen hereinbekommen. Bekannt ist sie aber nicht.«
»Ist das denn ein Werturteil?«
»Natürlich nicht, aber ich kann Ihnen über den Inhalt des Buches nichts sagen, weil ich es nicht gelesen habe. Wahrscheinlich ist es etwas Lustiges, es steht ja ›Heiterer Roman‹ drauf. Wollen Sie es haben?«
Das hatte ich eigentlich nicht gewollt, doch es konnte noch lange dauern, bis ich die mir zustehenden Belegexemplare zu sehen bekäme, und überhaupt sollten es ja auch die anderen sehen, auf den Nachttisch wollte ich es legen, mich noch ein bißchen länger darüber freuen… »Packen Sie es bitte ein!«
An der Kasse tauchte auch Steffi wieder auf. »Willst du etwa dein eigenes Buch kaufen???«
Schnell hielt ich ihr den Mund zu. »Kannst du nicht noch lauter herumbrüllen?« zischte ich leise, griff Dach dem Wechselgeld und machte, daß ich schnellstens aus der Tür kam.
»Sie haben Ihr Buch vergessen!«
Also noch mal zurück in den Laden, wo ich bereits
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