Das hätt' ich vorher wissen müssen
nötige Kleingeld.«
»Dann nehmen wir Jeannette auch noch mit, die wird schon ein paar Prozente rausschinden.«
Vielleicht sollte ich bei dieser Gelegenheit erwähnen, daß Jeannette die (ohne Gewähr!) elfte Freundin meines Sohnes Sascha war. Eine Zeitlang hatten wir ihm ein Bräute-Mitbringverbot erteilt, weil die Damen zu häufig wechselten und ich den Überblick verlor. Äußerlich ähnelten sie sich alle, aber wenn sich die vermeintliche Kirsten vom letzten Mal als eine neue Sandra herausstellte, die sich freute, mich endlich kennenzulernen, dann wurden solche Begegnungen von Mal zu Mal peinlicher.
Angefangen hatte der Reigen langmähniger Weiblichkeit mit Karin, einem Mädchen aus der Nachbarschaft, das sich weder durch bemerkenswerte Schönheit noch durch bemerkenswerte Intelligenz auszeichnete. Ihr Vorzug bestand wohl im wesentlichen darin, daß sie Sascha anhimmelte und alles für gut befand, was er sagte oder tat.
»Verständnis brauche ich nicht, mir genügt Verehrung«, hatte er erwidert, als ich ihn einmal auf das doch reichlich naive Gemüt seiner Freundin aufmerksam machte.
Zu Weihnachten tauschten sie silberne Freundschaftsringe, von Rolf irrtümlich als Verlobungsringe angesehen, was einen wenig harmonischen Verlauf des Abends zur Folge hatte, und im Sommer planten sie einen gemeinsamen Urlaub im Allgäu. Sascha war noch nicht einmal ganz 18, seine Gespielin gerade 16 geworden. Schwiegermütterliche Ambitionen lagen mir fern, und zur Oma fühlte ich mich erst recht nicht berufen. Hilfe von Rolf war nicht zu erwarten; wenn’s brenzlig wird, sind unser Nachwuchs grundsätzlich meine Kinder. So faßte ich mir ein Herz und rückte Karins Mutter auf die Pelle. Die wußte gar nicht recht, was ich eigentlich von ihr wollte. »Ha, die Kinner sin doch alt g’nug. Wie ich mein Bub kriagt hab, war ich noch koi neunzehn, un mei Mädel heb ich scho vor Woche zum Dokder g’schickt, die nimmt jetzt die Pill.«
Das beruhigte mich ein wenig, aber trotzdem: »Wenn Karin meine Tochter wäre, bekäme sie statt der Pille ein paar hinter die Ohren. Irgendwo hört die Toleranz auf, und mit knapp sechzehn sollte ein Mädchen noch etwas zurückhaltender sein.«
»Awer wenn se sich doch lieb hewe?«
Bei Sascha war ich mir da keineswegs so sicher, aber ich konnte meinem fast volljährigen Sohn ja nicht vorschreiben, wann und mit wem er in die Ferien fahren sollte.
»Na, hat deine Intervention Erfolg gehabt?« erkundigte sich Rolf, als ich schnurstracks zur Hausbar lief.
»Denkste!« Ich goß mir einen doppelten Whisky ein. »Die sieht in Sascha schon einen potentiellen Schwiegersohn. Aber nun ist mir das Wurscht. Bis jetzt habe ich mir Sorgen gemacht, jetzt ist sie dran!«
Das junge Paar fuhr also ins Allgäu, besser gesagt, es wurde gefahren, denn Karins Eltern kümmerten sich eigenhändig um ein gemütliches Doppelzimmer mit Blick auf den Alpensee, zahlten für eine Woche im voraus, »weil die junge Leit doch e bißle knapp sin mit dem Geld«, und bereiteten heimlich die Verlobungsfeier vor.
Dazu kam es dann aber doch nicht. Der Beinahe-Bräutigam begann mit seiner Berufsausbildung und wurde in Stuttgart seßhaft, worauf die Liebe an der Geographie zugrunde ging.
Seine nächste Freundin hieß Christin ohne e, war zwei Jahre älter als er und Studentin. Sie wurde abgelöst von einer Silvie, der eine Vera folgte und eine Dagmar, ein ätherisch-bleiches Wesen mit einer Vorliebe für große Hüte aus durchbrochener Spitze, und dann verlor, ich langsam die Übersicht. Am längsten hatte er es mit Maren ausgehalten, die Hotelsekretärin lernte und ihm dauernd vorwarf, daß er zwei Jahre vor dem Abitur die Schule geschmissen und sich dadurch den Weg zu einem Studium verbaut hatte. Eines Tages lernte sie einen Doktoranden der Jurisprudenz kennen und gab Sascha den Laufpaß.
Und nun war also Jeannette dran, zweifellos das hübscheste Mädchen, mit dem er sich bisher geschmückt hatte: Groß, lange dunkle Haare, ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen, grünen Augen und traumhaft langen Wimpern. Rein optisch bildeten die beiden ein sehr dekoratives Paar.
Jeannette stammte aus begütertem Haus, hatte ihre Jugend überwiegend in Internaten verbracht, darunter auch in Salem, war aus den meisten Instituten wegen Renitenz wieder rausgeflogen und genoß schon aus diesem Grund Saschas uneingeschränkte Sympathie. Er hatte endlich jemanden gefunden, der nicht zimperlich war und jeden Unsinn mitmachte. Jeannette lernte
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