Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
Nach meinen bisherigen Erfahrungen wurden auf offiziellen Empfängen meistens Lachsschnittchen angeboten, Schinkenröllchen und ähnliche Appetithäppchen, die man so lange in sich hineinstopft, bis einem der Appetit vergangen ist. Sie haben aber den Vorteil, daß man sie bequem mit einer Hand essen kann, weil man ja in der anderen das Glas halten muß. Wenn es wirklich stimmte, was Blondchen erzählte, dann würden sich hier bald gewisse Schwierigkeiten ergeben. Spanferkel nach altgermanischer Sitte ist nicht jedermanns Sache.
    Die ersten Hungrigen jonglierten auch schon ihre Teller durch die Menge, sahen sich suchend um, gruppierten sich zunehmend um den Blüthner-Flügel und kamen sich gegenseitig mit dem Besteck ins Gehege. Andere setzten sich kurzerhand auf den Boden; Rücken an die Wand, Teller auf den Knien, säbelten sie munter drauflos. Jetzt erst merkte ich, daß ich seit dem Mittagessen nichts mehr im Magen hatte, aber die Schlacht am Büfett war noch in vollem Gange. Ich dachte an das Chanson von Reinhard Mey und verzichtete fürs erste.
    »Waren Sie schon mal in Berlin?« wollte Blondchen wissen.
    »Ja.« Daß ich dort aufgewachsen war, brauchte ich ihr nicht auf die Nase zu binden.
    »Eine himmlische Stadt, nicht wahr? Manchmal bin ich auch nachts da, dann machen wir jedesmal einen drauf, aber meistens muß ich mit der letzten Maschine wieder zurück.«
    »Ach ja?«
    »Ich bin nämlich Stewardeß, wissen Sie.«
    »Ach ja?« Die scheinen heutzutage auch nicht mehr das zu sein, was sie mal waren.
    »Man lernt ja wahnsinnig interessante Leute kennen, und immer werde ich eingeladen, neulich sogar von einem Filmproduzenten, der unbedingt Probeaufnahmen von mir machen wollte, weil ich so fotogen bin. Dummerweise habe ich seine Telefonnummer verloren. Malenke hieß er, Reinhard R. Malenke. Kennen Sie den zufällig?«
    Nein, den kannte ich nicht. »Warum schlagen Sie nicht im Telefonbuch nach?«
    »Da steht er nicht drin, hat er gesagt, weil er eine Geheimnummer hat, sonst könnte er sich vor Anrufen gar nicht retten, wo doch so viele junge Dinger zum Fernsehen wollen. – Hach, da ist ja mein Freund!« Sie sprang auf und wedelte mit beiden Armen in der Luft herum. »Huhu, Basti, hier bin ich!«
    Basti war klein, dürr und trug eine dunkle Hornbrille, die ihm einen intellektuellen Touch verlieh. Er produzierte eine tadellose Verbeugung, murmelte »Gestatten, Schneeberger mein Name«, und wandte sich dem Blondchen zu. »Komm, Susilein, wir gehen. Hier ist ja doch nichts mehr los.«
    Susilein wollte nicht. »Jetzt schon? Ich hab doch niemand Wichtiges kennengelernt. Sonst stellst du mich immer allen wichtigen Leuten vor.«
    »Das kann ich heute nicht, Liebling, ich kenne ja auch keinen persönlich.«
    Pech für Susi. Trotzdem wollte sie noch nicht weg. »Dann sag mir wenigstens, wer die Frau da hinten mit dem roten Kleid ist. Die habe ich schon mal gesehen.«
    »Das ist Utta Danella.«
    »Na, so was! Und wer ist der Mann da drüben mit dem Vollbart?«
    O nein! Warum nur gibt es immer zwei Arten von Partygästen? Die einen, die nach Hause gehen wollen, und die anderen, die bis zum Schluß bleiben möchten. Und warum gehören sie meistens zusammen?
    Schließlich siegte Bastis Beharrlichkeit über Susileins Schmollmund. Sie brachen auf. »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen«, versicherte Blondchen. Diese Freude war absolut einseitig, trotzdem brachte ich ein höfliches Grinsen zustande.
    Der freie Stuhl wurde sofort von einem Jüngling mit Dreitagebart belegt. Er schaufelte Unmengen von Kartoffelsalat in sich hinein, spülte ihn mit Bier hinunter und verschwand unter Hinterlassung zweier Kaßlerknochen und einer zerknüllten Zigarettenpackung.
    Die Riesenschlange am Büfett war inzwischen auf Blindschleichenlänge geschrumpft, so daß ich endlich auch einen Vorstoß wagen konnte. Spanferkel war alle, daß es sogar Gans gegeben hatte, sah ich an dem übriggebliebenen Gerippe, aber Sauerkraut und Rostbratwürstchen sättigen notfalls auch. Der vermeintliche Salat entpuppte sich hinterher als Kräuterkäse, den ich nicht ausstehen kann, und die Heringe reizten mich schon überhaupt nicht. Auf altfränkische Spezialitäten war ich nicht programmiert, ich hatte mich auf Kaviarbrötchen eingestellt.
    Gerade wollte ich mich wieder auf meinen Stuhl setzen, als Frau Schöninger auf mich zukam. »Hier haben Sie sich versteckt! Ich hab Sie schon die ganze Zeit gesucht! Wollen Sie nicht zu uns rüberkommen? Wir haben uns da

Weitere Kostenlose Bücher