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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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oder ihn zumindest vortäuschten. Lektoren priesen desinteressierten Verlegern ihre literarischen Neuentdeckungen an, Übersetzer verteilten Visitenkarten, Autoren ließen sich vollaufen.
    »Wer ist denn der junge Mann da hinten? Den habe ich noch gar nicht gesehen. War der den ganzen Abend über hier?«
    »Nein, das ist mein Chauffeur, er will mich abholen.« Ich winkte Sascha zu, der sich etwas verlegen unserer Ecke näherte.
    »Ihr Chauffeur?« Belustigung klang aus Frau Konsaliks Stimme.
    »Nur heute. Sonst ist er mein Sohn Sascha.«
    »Ist das der mit dem losen Mundwerk?« Offenbar hatte sie schon den Rohabzug meines neuen Buchs gelesen.
    »Ja, das ist er. Sieht man ihm das etwa von weitem an?«
    Sie nickte. »Er wirkt nicht gerade unbedarft.« Dann beugte sie sich zu mir herüber und fragte leise: »Seien Sie ehrlich, wenn Sie noch mal von vorne anfangen könnten, würden Sie sich wieder fünf Kinder wünschen?«
    Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. »Ich glaube schon«, antwortete ich zögernd, »aber bestimmt nicht dieselben.«
    »Sind Ihre Jüngsten wirklich Zwillinge«, forschte sie weiter, »oder haben Sie das bloß erfunden?«
    Ich bestätigte, daß es sich hierbei um Realität und nicht um die vielzitierte dichterische Freiheit handle.
    »Dann kommen in Ihrer Familie wohl häufiger Mehrlingsgeburten vor?«
    »Bisher noch nie«, sagte Sascha, »aber meine Mutter war jahrelang Sekretärin, da hat sie anscheinend aus alter Gewohnheit wieder mal die doppelte Ausfertigung geliefert. – Schönen guten Abend allerseits.« Artig gab er Pfötchen, ließ sich zum Platznehmen auffordern, lehnte den angebotenen Wein ab, trank statt dessen einen Fruchtcocktail, stand brav Rede und Antwort – kurz, er benahm sich ungewohnt gesittet.
    »Stört es Sie eigentlich nicht, daß Sie in den Büchern Ihrer Mutter immer zu den Hauptpersonen gehören?« wollte Frau Konsalik wissen. »Ich habe mich über Ihre Streiche zwar köstlich amüsiert, aber haben Sie selber auch darüber gelacht?«
    »Und wie!« grinste Sascha. »Hauptsächlich deshalb, weil meine Mutter von den meisten gar nichts mitgekriegt hat. Sonst wäre das Buch vermutlich wegen Verbreitung jugendgefährdender Schriften auf den Index gekommen.«
    »Jetzt übertreib nicht so schamlos«, versuchte ich sein Mitteilungsbedürfnis zu bremsen, »so ein herausragendes Exemplar antiautoritärer Erziehung bist du nun auch nicht gewesen.«
    Ihm lag eine Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter. War wohl auch besser.
    Zwanzig Minuten lang hielt er den Schein des wohlerzogenen, höflichen jungen Mannes aufrecht, dann wurde er langsam unruhig. »Wir sollten sehen, daß wir Land gewinnen, Määm. immerhin haben wir noch anderthalb Stunden Autobahn vor uns.«
    Er angelte im hinteren Bereich seiner Jeans herum und förderte einen total zerfledderten Geldbeutel zutage, den er erst geradebog, bevor er darin herumwühlte. »Määm, hast du…«
    »Kannst du dein Portemonnaie eigentlich nicht woanders deponieren als in der engen Hosentasche?« Ich schämte mich entsetzlich für ihn.
    »Das hat schon seinen Grund. Wenn ich es woanders hinstecke, finde ich es manchmal nicht gleich, aber wo ich die Hose habe, weiß ich immer. Hast du ein bißchen Kleingeld? Ich muß deinen Straßenkreuzer aus dem Parkhaus holen.«
    Man wünschte uns gute Fahrt, bedauerte, daß wir uns am nächsten Tag nicht mehr am Stand sehen würden, und nahm mir die Zusicherung ab, im kommenden Jahr mehr Zeit mitzubringen. Ich versprach alles, was man von mir erwartete, die nächste Buchmesse war erst in zwölf Monaten, und so weit plane ich selten voraus.
    »Wie war’s denn?« erkundigte sich Sascha, als er sich endlich zur Ausfallstraße durchgewurstelt hatte.
    »Stinklangweilig. Jedenfalls am Anfang.«
    »Na weißte, den Eindruck hatte ich nun wirklich nicht. Ich fand die Truppe ganz lustig, mit der du da zusammengehockt bist. Jetzt bedaure ich sogar, daß ich mich vorher abgeseilt habe.«
    »Und ich dachte, wenigstens du hättest dich amüsiert.«
    »Bei einem Glas Bier für sechsfuffzich?« Er kurbelte die Scheibe herunter, damit der Zigarettenrauch abziehen konnte. »Findet im nächsten Jahr wieder so eine Party statt?«
    »Mach das Fenster zu! Für Temperaturen unter Null bin ich nicht angezogen!« Fröstelnd zog ich meine schon etwas räudige Calajosjacke zusammen. Da war dringend mal was Neues fällig. Mußte ja nicht wieder Pelz sein, schon wegen Grzimek nicht. Ein schicker Stoffmantel

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